Ein Spiel um Macht und Liebe
grellweißen Helligkeit.
Er war unerträglich schön. Und ob er nun Teufelsgraf oder Gefallener Engel, ob Fürst des Lichts oder der Dunkelheit war – es kümmerte sie nicht. Alles, was zählte, war, daß sie ihn liebte, und diese Vereinigung von Körper und Seele war das ehrlichste, aufrichtigste, was sie je getan hatte.
Kapitel 26
ZUFRIEDEN UND GESÄTTIGT lagen sie, sich schweigend in den Armen haltend, auf dem Teppich. Das Gewitter war weitergezogen, und das Donnern war nur noch als fernes Rumpeln weit hinten im Tal zu hören. Clare streichelte Nicholas’ Kopf, der auf ihrer Brust lag. Sie war niemals zuvor so glücklich gewesen, hatte sich noch nie so in sich ruhend gefühlt.
Es war seltsam, daß ausgerechnet die profane Liebe ihr religiöses Dilemma gelöst hatte. Oder vielleicht war es auch ganz und gar nicht seltsam.
Da sie sich von ihrem Vater niemals geliebt gefühlt hatte, war es ihr unmöglich gewesen, eine göttliche Liebe zu akzeptieren; sie war innerlich leer gewesen.
Sich die Liebe zu Nicholas einzugestehen, hatte die Tore zu ihrem Herzen geöffnet. Sie hatte immer gewußt, daß ihr Vater sie auf seine Art –
die einzige, zu der er fähig gewesen war – innig geliebt hatte. Der größte Kummer in ihrem bisherigen Leben war es gewesen, daß sie stets etwas anderes gebraucht hatte, als ihr Vater ihr zu geben vermochte. Nun, endlich war sie in der Lage, ihren Vater ohne Groll so zu lieben, wie er gewesen war.
Sie fühlte sich, als wäre sie wiedergeboren worden – lebendig wie nie zuvor. Der Versuch, Nicholas Qualen zu lindern, hatte auch ihr geholfen. Am liebsten hätte sie aus purer Freude laut gelacht.
Jetzt konnte sie sich auch ohne Furcht fragen, was wohl als nächstes geschehen würde. Die Tatsache, daß sie ihn liebte, bedeutete ja nicht, daß er ihr die gleichen Gefühle entgegenbrachte.
Er würde ihr schrecklich fehlen, wenn ihre einzigartige Beziehung vorbei war. Aber sie würde es überleben, denn ihr Herz war endlich ein Ganzes.
Das Feuer war niedergebrannt, und ein kalter Luftzug drang durch das offene Fenster herein.
Selbst Nicholas reichte nicht, um sie warmzuhalten, und sie begann zu zittern. Mit einem leichten Seufzen setzte er sich auf und blickte auf sie herab. Die entsetzliche Pein war aus seiner Miene verschwunden.
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er legte ihr einen Finger auf die Lippen. Nachdem er ihre Kleider notdürftig zurechtgezupft hatte, stand er auf und tat dasselbe bei sich.
Mit raschen effektiven Bewegungen schloß er Fenster und Vorhänge, löschte die einzige flackernde Lampe und hob sein zerknautschtes Hemd auf. Dann kniete er vor ihr nieder, hob sie auf seine Arme und trug sie aus der Bibliothek, ohne eine Spur zu hinterlassen, die verraten konnte, was eben dort geschehen war.
Sie bettete ihren Kopf müde an seine Schulter und ließ sich zufrieden in ihr Zimmer tragen. Dort legte er sie aufs Bett, zog ihr die Kleider aus und packte sie warm in ihre Decke ein. Obwohl es albern war, sich schamhaft zu geben, war sie dennoch froh, daß ihr Zimmer im Dunkeln lag.
Sie hatte erwartet, daß er nun gehen würde, doch zu ihrem Erstaunen hörte sie, wie der Schlüssel im Schloß umgedreht wurde, und das Rascheln von Kleidung, als er sich auszog. Dann schlüpfte er zu ihr zwischen die Laken. Und sie stellte fest, daß sie sich zwar ein wenig schämte, nackt betrachtet zu werden, sich aber ohne Reue und vollkommen schamlos an ihn schmiegen konnte.
Mit reinem Gewissen und friedvoller Seele schlief sie ein.
Clare wachte auf, weil irgend jemand am Türknauf drehte. Es war früher Morgen, die Zeit, in der Polly normalerweise den Tee brachte, und im ersten Moment begriff sie nicht, wieso abgeschlossen war. Dann kehrte die Erinnerung an die vergangene Nacht zurück.
Polly, die Kluge, gab auf und ging weg. Gott sei Dank, daß sie nicht aus dem Dorf war. Zudem war sie überaus diskret. Sollte sie vermuten, daß Clare die Nacht nicht allein verbracht hatte, dann würde sie den Mund halten.
Clare streckte den Arm aus und stellte fest, daß sie allein in ihrem Bett lag. Aber wenn Nicholas fort war, wieso war dann die Tür noch verschlossen? Sie setzte sich auf und schaute sich um.
Er stand mit verschränkten Armen am Fenster und blickte ins Tal hinaus. Er war herrlich nackt, und seine Haut schimmerte im blassen Morgenlicht wie Bronze.
Als er ihre Bewegungen hörte, drehte er sich zu ihr um. Ihre Blicke trafen sich. Er hatte einen Ausdruck in seinem
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