Ein Spiel um Macht und Liebe
Butler fort war, sägte Nicholas an dem Fleisch herum. »Wenn die Suppe etwas über Gladys’ Talente aussagt, dann würde ich sagen, sie ist in der Küche nicht in ihrem Element. Der Braten sieht nicht gerade vielversprechend aus.«
Als Clare das ledrige Fleisch kostete, mußte sie zustimmen. Nicholas verzog das Gesicht, als er seines probierte. »Also, was das Essen angeht, muß etwas unternommen werden.«
Als sie seinen abschätzenden Blick auffing, legte sie die Gabel nieder und bedachte ihn mit einem warnenden Stirnrunzeln. »Ja, ich bin eine gute Köchin, aber ich werde keine Zeit haben, um in der Küche zu stehen. Und versuchen Sie ja nicht, mich davon zu überzeugen, daß eine Mätresse auch für ihren Geliebten kochen sollte.«
»Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, daß Sie Ihre wertvolle Zeit in der Küche vergeuden sollten.« Er grinste schelmisch. »Obwohl gute Mätressen mit Nahrungsmitteln ganz interessante Dinge veranstalten können. Möchten Sie wissen, welche?«
»Nein!«
»Na, dann vielleicht ein andermal.« Er piekte in eine Kartoffel auf seinem Teller, die prompt in eine formlose weiße Masse zerfiel. »Kennen Sie einen anständigen Koch, der nach einer Stellung sucht?«
»Nicht hier im Tal. Sie könnten vielleicht jemanden in Swansea finden, aber wahrscheinlich fahren Sie besser, wenn Sie in London suchen. Da gibt es doch bestimmt Agenturen, die darauf spezialisiert sind, französische Chefköche für adelige Häuser zu finden.«
»Französische Maîtres sind normalerweise launisch, und ich fürchte, die meisten würden in Wales vor Langeweile eingehen. Gibt es hier in der Nähe denn überhaupt keine guten walisischen Landköche?«
Clare zog die Brauen zusammen. »Ich dachte, daß solche Mahlzeiten für einen Gentleman viel zu schlicht und phantasielos sind.«
»Ich mag die Landküche, wenn sie gut zubereitet ist.« Nach intensiver Musterung legte er einen schwärzlich wirkenden Klumpen Irgendwas an den Tellerrand. »Ich fürchte, das würden nicht einmal die Pinguine futtern. Sind Sie wirklich sicher, daß Sie keine fähige Person kennen, die bald anfangen könnte – vorzugsweise gleich morgen?«
Seine Ungeduld entlockte ihr ein Lächeln. »Ich kenne in Penreith eine Frau, die vor ihrer Hochzeit als Küchenhilfe auf Aberdare gearbeitet hat. Sie hat den Beruf der Köchin nicht wirklich gelernt, aber wann immer ich bei ihr zu Hause gegessen habe, schmeckte es köstlich. Und sie kann eine Stelle gebrauchen. Ihr Mann ist letztes Jahr in der Grube umgekommen.«
Nicholas spießte eine suspekt aussehende Substanz auf die Gabel. Sie war braun und dampfte. »Was ist denn das? Nein, sagen Sie’s mir lieber nicht, ich will es gar nicht wissen. Also, wenn Sie diese Witwe hier herauflocken können, dann wäre ich Ihnen ewig dankbar.«
»Ich werde sehen, was sich machen läßt.« Clare rümpfte die Nase, als sie den kalten, grauen und matschigen Rosenkohl anstarrte. »Ich denke, es liegt ganz und gar auch in meinem Interesse.«
Nach ein paar weiteren Minuten, in denen sie schweigend und ohne Begeisterung kauten, ergriff Nicholas wieder das Wort. »Sie hatten ja jetzt Zeit zum Überlegen. Ist Ihnen schon etwas eingefallen, wie Sie das Haus neu gestalten wollen?«
»Als ich mir die ebenerdigen Zimmer angesehen habe, hat sich mein erster Eindruck bestätigt: Eine gründliche Reinigung und ein paar Möbelstücke weniger werden schon Wunder bewirken.« Clare probierte ein Apfelküchlein, das zwar nach nichts schmeckte, aber zumindest eßbar war. »Ich würde nichts Grundlegendes verändern – wenn Sie einmal wieder heiraten, wird Ihre Frau sicher ihre eigenen Pläne haben.«
Nicholas stellte sein Weinglas so heftig ab, daß es zu zerspringen drohte. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken – ich werde nie wieder heiraten!«
Seine Stimme klang gepreßt, und seine Miene war finster wie eine Sturmwolke. Er sah aus wie ein Mann, der seine verstorbene Frau innig geliebt hatte und noch immer um sie trauerte.
Caroline, Viscountess Tregar, die Tochter eines Earls, hatte den Titel und ein Vermögen mit in die Ehe gebracht. Als sie auf Aberdare gewesen war, hatte sie sich nur selten ins Dorf verirrt, aber Clare hatte sie einmal ausreiten sehen. Nicholas’
Frau war groß, anmutig und herrlich blond gewesen. Sie hatte so reizend ausgesehen, daß man einfach stehenbleiben und ihr hinterhersehen mußte. Es war kein Wunder, daß der Verlust Nicholas noch schmerzte. Zudem mußte sein Kummer noch
Weitere Kostenlose Bücher