Ein Spiel um Macht und Liebe
freiwillig auf das Unterrichten verzichtet, damit die Kinder nicht einmal durch einen Hauch von Skandal in Mitleidenschaft gezogen werden würden. Clare Morgan hat sich niemals etwas zuschulden kommen lassen. Wenn sie sagt, sie sei unschuldig, dann sollten wir ihr doch glauben, nicht wahr?«
Ein zustimmendes Gemurmel ging durch die Menge, aber es war alles andere als einmütig.
»Sagen Sie doch, was Sie wollen«, fauchte Mrs.
Elias, »aber ich weigere mich, unter einem Dach mit einem Weib zu beten, das mit Lord Aberdare verkehrt.« Sie drehte sich um und stolzierte den Gang zur Tür entlang. Nach einem Augenblick standen andere, Männer wie Frauen, auf und folgten ihr. Einen Moment verharrte Clare wie gelähmt, als ihr bewußt wurde, daß die Gemeinde wegen ihr auseinanderzufallen drohte. Wenn sie nicht sofort etwas unternahm, dann würden sich die Mitglieder unweigerlich in Gruppen für oder gegen Clare aufteilen. Das Ergebnis wäre furchtbar, denn die Liebe und Freundschaft, die Zweck dieser Gemeinschaft war, würde darunter zu leiden haben, wenn nicht sogar in Haß umschlagen. »Wartet!« rief sie.
Die Leute blieben stehen und wandten sich zu ihr um. Mit bebender Stimme fuhr Clare fort: »Ich gebe zu, daß das, was ich tue, nicht über jeden Tadel erhaben ist. Und bevor die Gemeinde, die mein Vater so liebte, gespalten wird, ist es wohl besser, wenn ich gehe.« Zittrig sog sie die Luft ein. »Ich verspreche, nicht eher
wiederzukommen, bis es keinen Anlaß mehr für Anschuldigungen gibt.«
Owen setzte zum Protest an, verstummte aber, als sie den Kopf schüttelte. Mit hocherhobenem Kinn und mühsam aufrechterhaltener Würde ging sie auf die Tür zu. Eine Stimme begleitete ihren Abgang mit den bewundernden Worten: »Das nenn’ ich wahren christlichen Edelmut!«
»Klug von ihr, zu gehen, bevor man sie rauswirft«, zischte eine andere Stimme. »Bei all ihrer Bildung und ihrer Hochnäsigkeit ist sie doch nicht besser als jeder andere.«
Clare mußte an zwei Mitgliedern ihrer Gruppe vorbeigehen. Edith Wickes sah sie düster an –
nicht wirklich böse, aber sicherlich mißbilligend.
Jamie Harkin, der frühere Soldat, streckte die Hand nach ihr aus und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Sein Mitgefühl ließ fast die Tränen fließen, die sie bisher so mühsam unterdrückt hatte. Sie nickte ihm zu, dann öffnete sie die Tür und trat in den kühlen
Frühlingsmorgen hinaus.
Die Kinder spielten fröhlich draußen, während die meisten Mütter sich bei den Fenstern herumtrieben, um möglichst viel von den Geschehnissen in der Kirche mitzubekommen, während sie ihre neugierigen, unverheirateten Mädchen auf sichere Distanz hielten. Marged kam zu ihr und umarmte sie. »O Clare, Liebes«, flüsterte sie. »Bitte paß auf dich auf. Ich habe dich mit dem Earl aufgezogen aber dies ist kein Scherz mehr.«
»Das kann man wohl sagen«, stimmte Clare zu.
Sie versuchte zu lächeln. »Mach dir keine Sorgen, Marged. Ich verspreche dir, ich lasse mich nicht von ihm ruinieren.«
Unfähig, noch jemand anderem
gegenüberzutreten, kletterte sie auf ihren Wagen und fuhr davon. Es war entsetzlich, sich vorzustellen, daß innerhalb eines Tages ganz Penreith über sie tratschen würde und sehr viele Leute die Gerüchte nicht einmal nur anzweifeln würden.
Noch schlimmer aber war das Eingeständnis, daß die Zweifler recht hatten. Sie hatte in der Tat ein wollüstiges Verhalten an den Tag gelegt, sie war empfänglich für Nicholas’ diabolische Verführungsstrategien. Und trotz ihres tapferen Schwurs, daß sie ihre Tugend verteidigen würde, wußte sie, wie entsetzlich wahrscheinlich es war, daß sie an ihrem Verderben mitwirken würde, wenn sie nicht bald Aberdare verließ.
Nicholas, der wußte, daß Clare zur Kirche hatte gehen wollen, war früh am Morgen losgeritten, um den Schafhirten zu besuchen, der seine Tiere auf den höchsten Hügeln von Aberdare grasen ließ. Dieses Weideland hatte auch Tarn the Telyn einst für sich beansprucht.
Er war schon auf dem Rückweg, als er auf dem Pfad, der zu den Ruinen der mittelalterlichen Burg
– das ursprüngliche Aberdare – führte, eine Bewegung sah. Er schirmte seine Augen mit der Hand ab und blickte angestrengt über das Tal hinweg. Zu seiner Überraschung sah er Clares Ponywagen, der sich langsam den Hügel hinaufbewegte.
Er wartete, bis der Wagen die Stelle erreichte, an der der Pfad zu steil zum Fahren wurde. Clare stieg ab, band das Pferd fest und setzte den Weg zu
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