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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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ist also hier?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Phillippa. Ihre Stimme klang wieder geschmeidig und entspannt. »Vorhin zumindest war er hier und hat mit Nora getanzt. Seit Ihrer Ankunft habe ich ihn nicht mehr gesehen. Aber seine Tochter Penny ist hier.« Ihr Blick irrte durch den Saal, bis sie ihr Opfer gefunden hatte. »Da drüben.«
    Marcus, der den Saal vergeblich abgesucht hatte, ließ seinen Blick jetzt Phillippas folgen, bis er auf ein braunhaariges Mädchen von durchschnittlicher Schönheit traf, das sich offenbar gut amüsierte. Das Mädchen trug ein eher schlecht sitzendes Kleid und stand mit einer Freundin und deren Anstandsdame beisammen.
    »Sind Sie enger mit Miss Sterling befreundet?«, fragte Marcus.
    »Nein«, Phillippa lächelte katzenartig, »aber das kann ich ändern.«
    Genau in dieser Sekunde richtete die Gästeschar, Marcus ausgenommen, die Aufmerksamkeit auf die Pastete, die hereingetragen wurde.
    Die Pastete war eigentlich eine Sache der Unmöglichkeit. Geradezu monströs in der Größe, etwa ein Meter achtzig im Durchmesser mit einem hoch aufgewölbten, krustigen Berg in der Mitte, war sie zart und leicht; ein Gebäck, dessen luftige Struktur aussah, als könne sie von einer leichten Brise davongeweht werden. Sie fand ihren Platz auf dem Tisch, der auf der Estrade neben Lord Whitford und Marcel stand.
    Marcus hielt seinen Blick unverwandt auf Miss Sterling gerichtet. Oder genauer gesagt, hinter sie. Denn hinter ihr befand sich die einzige Tür, deren zwei Flügel nicht ganz geöffnet worden waren; sie standen sogar nur einen Spalt breit offen. Möglicherweise führte sie in einen geschlossenen Raum oder in den Dienstbotenflur oder in andere unverfängliche Bereiche. Woran Marcus allerdings nicht glaubte.
    Und dann sah er ihn.
    In dem schmalen Spalt zwischen den Türflügeln erblickte er einen davonhuschenden Schatten, ganz so, als entfernte sich jemand rasch. Jemand, der die Feier ausspioniert hatte. Dann schnappte die Tür ins Schloss.
    »Sie bleiben hier«, befahl er Phillippa. Ausnahmsweise schien sie glücklich damit zu sein, ihm zu gehorchen, mochte es auch nur das Menschengedränge sein, das sie an ihren Platz fesselte. Sein Gesicht war grimmig entschlossen, als er sich seinen Weg durch die Menge bahnte; er dachte an den Dolch und Philippas Pistole, die er bei sich trug, während er an Penny Sterling vorbeiging, um zu der Tür zu kommen. gelangte. Die er aufriss und …
    … nichts fand.
    Kein Treppenhaus, keinen Flur, niemanden, der dort herumlungerte. Es handelte sich um die Kammer, in der das Silber verwahrt wurde. Da das aber heute zum größten Teil benutzt wurde, war das Gelass so gut wie leer.
    In Windeseile tastete Marcus die Wände ab, drückte auf die Regale und suchte den Fußboden ab, weil er hoffte, irgendeinen Hinweis auf eine verborgene Tür oder eventuell ein Priesterloch zu finden. Auf irgendetwas, durch das jemand ungesehen hinein- und wieder hinausgelangen konnte.
    Er fand nichts.
    Vielleicht jagte er wirklich einem Gespenst nach.
    Aber genau in dem Moment, als er aufgeben wollte, fand er etwas anderes, etwas, womit er niemals gerechnet hatte. Versteckt in den Falten eines grauen Samttuches, in dem das nicht benutzte Silber aufbewahrt wurde, lag eine Feder. Seine Hand schloss sich um deren Kiel. Es war keine Schreibfeder. Sie war zu fein, zu zart. Und in der Mitte zerbrochen.
    Es war die seidig glänzende Feder vom Kopf eines Raben.
    »Lord Whitford«, wandte Marcel sich mit seinem schweren französischen Akzent an die Gäste, »mein Land und Ihres haben lange Zeit in Streit und Hader gelegen.«
    »Ja, in der Tat, Marcel, das haben sie«, erwiderte Lord Whitford auf die offensichtlich eingeübte Rede, »aber ich bin auch überzeugt, dass wir jetzt, wo der Frieden erklärt ist, in Eintracht miteinander leben werden. Sollen wir unseren Gästen zeigen, wie Frieden und Eintracht zwischen unseren Ländern aussehen können?«
    Die Gäste applaudierten, allerdings eher, weil sie Hunger hatten und nicht wegen ihres Interesses an zwischenstaatlichen Beziehungen.
    Lord Whitford strahlte. Marcel verbeugte sich zackig. Es reichte eine kurze Drehung des Handgelenks, und zwei Kammerdiener übergaben Marcel und Lord Whitford zwei wunderschön geschmiedete goldene Messer.
    Die goldenen Messer tauchten zu beiden Seiten in die zarte Struktur des Gebäcks ein, schnitten unter dem anwachsenden Applaus auf spektakuläre Weise einen breiten Streifen hinein, und …
    … nichts flog

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