Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
heraus.
Lord Whitford und Marcel wirkten gleichermaßen verwirrt, während die erwartungsvollen Gäste zu murmeln begannen.
Die gesamte Kruste wurde durchgesägt, bis ein großes Stück herausgenommen und in die Pastete hineingeschaut werden konnte.
»Was zum … «, rief Lord Whitford aus und warf Marcel einen wütenden Blick zu. »Sie Schwachkopf! Es sollten weiße Tauben drinnen sein … lebende Tauben … und nicht massakrierte Schwarzdrosseln!«
»Aber … aber … das ist unmöglisch!«, kreischte Marcel in unglaublich hoher Tonlage.
Das Stimmengemurmel schwoll zu lautem Getöse an. Die Luft schwirrte nur so vor Fragen; die Gäste scharrten mit den Füßen, die Frauen schüttelten den Kopf mit den federgeschmückten Frisuren, während sich die Kunde verbreitete, dass irgendetwas sehr, sehr falsch lief.
Lord Whitfords Gesicht hatte sich inzwischen purpurrot verfärbt.
»Das ist also die Art, wie Sie mich in der Öffentlichkeit bloßstellen wollen, Sie verdammter frecher Frosch!«, wütete Lord Whitford, während Marcus den Bankettsaal wieder betrat und sich den Weg zurück zu Phillippa bahnte. »Als ich Sie aufgelesen habe, waren Sie nichts anderes als eine Ratte in den Gossen von Paris!«
» Oui! Und genauso bezahlen Sie mich auch heute noch!«, schnappte Marcel zurück. Seine Miene brannte vor Zorn und Verwirrung. »Sie teigiger Anglais ! Sie machen mich krank. Bilden sich ein, dass die Welt nach Ihrer Pfeife tanzt!«
»Was soll das, Sie kleiner undankbarer … «
»Sie haben keinen Geschmack! Sie essen auch merde , wenn ich Ihnen nur erzähle, dass sie fran ç ais ist!«
Lord Whitford ging ihm an die Gurgel. Aber Marcel, obwohl hochgewachsen, war flinker. Er duckte sich unter Whitfords Händen weg und stürzte sich auf ihn. Durch den Aufprall fiel nicht nur das miteinander ringende Paar von der Estrade, sondern auch die aufgeschnittene Pastete.
Die Porzellanform, in der sie gebacken worden war, zerbrach, als sie auf dem harten Boden landete. Splitter und Teigstückchen und die toten Schwarzdrosseln schlitterten über den polierten Holzfußboden. Einer der Vögel blieb zu Lady Whitfords Füßen liegen, die prompt in Ohnmacht fiel, als sie den gebrochenen Hals des Tieres und dessen verkohlten Körper sah.
Jetzt brach das Chaos richtig aus. Frauenstimmen kreischten auf und verstummten, mehrere Frauen fielen in Ohnmacht, als würden sie mit der armen Lady Whitford Mitleid empfinden. Die Frauen, die nicht ohnmächtig wurden, schrien um Hilfe für ihre Freundinnen, winkten die Männer zu sich heran, um sich deren Unterstützung zu sichern, sofern diese nicht damit beschäftigt waren, den Kampf zwischen Whitford und seinem berühmten Küchenchef entweder zu beenden oder zu verlängern. Marcus warf einen Blick zur Seite, aber Phillippa sah aus, als wäre eine Ohnmacht das Einzige, zu dem sie jetzt nicht in der Lage war.
»Das ist Wahnsinn«, sagte sie so laut, dass er es im Chaos hören konnte. »Das werden die Whitfords niemals verkraften können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es noch schlimmer hätte kommen können.«
Das war der Augenblick, in dem sie die Schüsse hörten.
Die Menge verstummte. Der Lärm setzte sich fort, drang von draußen vor den Türen hinein und klang, als wäre es nichts als ein harmloses Feuerwerk in einer wolkenlosen Nacht. Die in Ohnmacht gefallenen Frauen setzten sich auf und schauten um sich, bevor sie sich ihrer Lage und Hinfälligkeit erinnerten. Dann erst fing die wahre Hysterie an.
Alle rannten zu den Ausgängen, wobei die Platten und Terrinen mit den so sorgfältig zubereiteten Speisen zu Boden gingen. Marcus wurde in alle nur möglichen Richtungen geschubst und gestoßen, als er die Arme um Phillippa schlang, um sie beide aus der Menge und in Sicherheit zu bringen.
Sie wurden in den vorderen Teil des Hauses und durch das Foyer getrieben, wo die erschrockenen Kutscher schnell auf die Kutschböcke kletterten, während die verängstigten Aristokraten sich ins Innere ihrer Kaleschen flüchteten.
»Phillippa! Phillippa!«, ertönte hinter ihnen eine Stimme. Es war Totty, die von Broughton aus dem Haus geführt wurde; Broughton schien zwar reichlich verwirrt, aber auch entschlossen, die ihm Anvertraute in Sicherheit zu bringen.
»Gehen Sie«, sagte Marcus leise an Phillippas Ohr, »gehen Sie mit Broughton und Mrs. Tottendale. Die beiden werden sie sicher von hier wegbringen.«
»Aber was ist mit Ihnen?« Phillippa warf ihm einen forschenden Blick zu, als eine
Weitere Kostenlose Bücher