Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Comport zur Brust. Ich habe uns für zehn Uhr angesagt. Alles klar?«
Niemand hatte weitere Fragen.
»Ahrens, du solltest dich mit Sörensen und den Verfassungsschützern kurzschließen«, fuhr Freiberg fort. »Deine Fotos dürften bestens geeignet sein, Geschäfte auf Gegenseitigkeit anzubahnen.«
»Können wir über das 7,65er Projektil weiterkommen?« fragte Lupus.
Freiberg verneinte. »Zunächst wohl kaum. Oder sieht jemand eine Möglichkeit?« Schweigen, Kopfschütteln. »Also, tummeln wir uns!« läutete Freiberg die nächste Runde ein.
Kapitel 10
Die Comport-Transport- und Lagergesellschaft mbH wirkte äußerlich wie ein kleines, aber gepflegtes, mittelständisches Unternehmen. Mehr als zwei oder drei Lastzüge ließen sich auf dem gepflasterten Platz vor der Halle nicht unterbringen. Die Lage an der alten B 56 konnte kaum besser sein: nur wenige hundert Meter bis zu den Autobahnauf- und -abfahrten.
Freiberg und Lupus hatten das Ramersdorfer Kreuz passiert, das mit der ganzen Wucht moderner Technik in den dicht bewaldeten Ennert hineingetrieben worden war. Mancher Baum, der nie die Leiden des sauren Regens kennengelernt hatte, war den Kettensägen zum Opfer gefallen. Gegen die Verlängerung des unvollendeten Straßenstücks quer durch das Naturschutzgebiet zur Autobahn nach Frankfurt hin standen die rechtsrheinischen Bürger auf den Barrikaden; aber sie würden buchstäblich »in die Röhre« schauen, denn durch solch einen Betonschlund sollte sich künftig der Lindwurm aus Blech bewegen.
Lupus parkte Uni 81/12 direkt vor dem Büroeingang der Firma und gab mit dem entsprechenden Kommentar durch Knopfdruck für CEBI den Status ein.
Beim Aussteigen legte Freiberg ihm die Hand auf den Arm. »Du denkst daran: Drinnen wird jedes Wort, das wir sagen, abgehört. Vielleicht müssen wir die Taktik ändern und anders vorgehen.«
»Ich dachte, die Spionage bleibt draußen vor.«
»Grundsätzlich ja, aber… na, mal sehen, wie der Bursche zu packen ist.«
Die kleine Eingangshalle vermittelte den Eindruck von Solidität. Rechts vom Eingang grenzte eine in Juramarmor gehaltene Brüstung den Arbeitsbereich der Empfangssekretärin ab. Auf dem Schreibtisch stand ein Monitor, dessen Bildschirm von den Besuchern nicht einzusehen war. Eine moderne Anlage für die Vermittlung von Telefongesprächen war in die anschließende Arbeitsplatte integriert.
Die Dame zeigte sich pastellfarben und oxydblond. Ihre zarte Stimme deutete Schutzbedürfnis an. Doch dieses Wesen würde zubeißen, wenn sein Revier in Gefahr geraten sollte.
Freiberg hatte nur seinen Namen genannt. Wie von einem leicht im Winde bewegten Glasperlenspiel tönte es lieblich: »Herr Kriminalhauptkommissar Freiberg, Sie werden von Herrn Baumann erwartet. Wen darf ich als Ihren Begleiter melden?«
»Kriminalhauptmeister Müller.«
Die Oxydblonde schaltete an Knöpfen und gab die Anmeldung über eine Sprechanlage weiter.
Nur zwei Minuten später erschien Herr Baumann, um seine Besucher zu begrüßen. »Ach bitte, gehen wir doch gleich in mein Büro, dort sind wir ungestört.«
Die Ausstattung hätte Lupus eine lautstarke Anerkennung entlockt, wenn er nicht an die Lauscher hinter der Wand gedacht hätte. Die Sitzgruppe in braunem Büffelleder ließ beste Handarbeit erkennen. Sie gab dem Raum Ruhe. Die textile Spanntapete zeigte eine feine Kordelstruktur. Hohe gerahmte Felder waren deckenhoch aneinandergesetzt, alles leicht demontierbar. Und dahinter der ideale Platz für die Abhöranlage mit empfindlichen Mikrofonen!
Der schwere Schreibtisch in Palisander wirkte eine Idee zu unruhig. Ein niedrig gehaltenes Bücherregal im gleichen Holz lief von Wand zu Wand. Zwei Schauvitrinen boten Besonderes: in der einen kostbare Trinkgefäße, wunderschöne Glasgravuren aus Böhmen, 18. und 19. Jahrhundert, dann geschnittene Pokale aus dem alten Rußland. Die andere Vitrine barg ein geradezu revolutionäres Kontrastprogramm: Miniaturkraftfahrzeuge nach Art der Matchboxserien, nur ausgesuchte Stücke wie Sattelschlepper, Tankwagen, Rettungsfahrzeuge, Holztransporter, Schleppzüge mit Pipelinerohren, kyrillisch beschriftet.
Baumann sah nicht zum erstenmal die verwunderten Blicke der Besucher hin und her wandern und meinte: »Jeder Mensch braucht ein Hobby – ich sammle Extremes.« Diese Einstimmung und Gesprächseröffnung dürfte schon manchen Geschäftsabschluß erleichtert haben. Schließlich war Comport auch ein seriös arbeitendes Unternehmen mit
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