Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
halten.
»Wie darf ich das verstehen?« fragte Freiberg.
»Wir sind auch als Makler, also im fremden Namen und für fremde Rechnung tätig, und wir erledigen gewisse Geldgeschäfte.«
Freiberg nickte. »Jetzt wird mir Ihr Hinweis auf Raubmord verständlich. Artanow könnte größere Mengen Bargeld bei sich gehabt haben, nicht wahr?«
»Ich weiß es nicht, aber es wäre denkbar.«
»Und wie sieht es mit Freundschaften und anderen Kontakten aus?«
»So gar keine Liebe im Büro?« setzte Lupus nach.
»Im Betrieb? Wo denken Sie hin? Das ist nicht der Stil des Hauses. Und Freundschaften? Davon weiß ich nichts.«
Lupus wunderte sich, daß sein Kommissar diesen Schleiertanz so geduldig hinnahm.
Freiberg wollte den nächsten Punkt abhaken. »Ich hätte gern noch die Anschrift der Firma in Rotterdam.«
»Kein Problem: Petrol-Production, Societé anonyme mit dem Hauptsitz in Marseille. Ich lasse Ihnen die genauen Daten, Anschrift, Telefon, Telex und so weiter aufschreiben.«
»Sieht alles sehr legal aus«, meinte Freiberg. Doch Lupus vernahm den Unterton. Baumann auch.
»Zweifeln Sie etwa daran?«
»Herr Baumann, ich bin verpflichtet, alle Umstände in Betracht zu ziehen.«
»Und was soll das besagen?«
»Zum Beispiel, daß Artanow in illegale Geschäfte verwickelt gewesen sein könnte.«
»Sie meinen Devisenvergehen oder vielleicht Goldtransaktionen?«
»Oh, nein«, dehnte Kommissar Freiberg die Antwort, und Lupus wußte, was kam.
»Ich denke an nachrichtendienstliche Tätigkeiten, Spionage.«
Wumm, das saß! Der Geschäftsführer zuckte zusammen. Der Mann an der Elektronik hinter der Wand dürfte auch einen Schlag mitbekommen haben.
»Sie wollen doch nicht die Firma Comport mit Landesverrat in Verbindung bringen. Dagegen müßte ich mich energisch verwahren.«
»Das sollte mir fernliegen«, antwortete Freiberg mehrdeutig.
»Aber können Sie Ihre Hand für Artanows Unschuld ins Feuer legen?«
»Dabei hat sich schon mancher verbrannt«, heizte Lupus nach und blickte Baumann aus listigen Augen an.
Der Herr Geschäftsführer schien endlich zu begreifen, daß er es nicht mit Einfaltspinseln zu tun hatte, sondern mit einer besonders sanften Sorte von harten Kripoprofis aus dem Bonner Stall. Er antwortete vorsichtig: »Ich kann mich nur zu Artanows geschäftlichem Verhalten äußern. Das war stets einwandfrei. Ein ganz vorzüglicher Akquisiteur; er dürfte kaum die Zeit gehabt haben, sich als Kim Philby zu betätigen.«
»So weit, so gut, Herr Baumann; man muß ja weder aus dieser Branche kommen, noch muß man sie lieben, um einiges zu wissen. Wir haben Möglichkeiten, schon bald klarer zu sehen. Unsere Dienste haben lange Ohren.«
Obwohl Baumann sich vorher jede Störung von außen verbeten hatte, war er jetzt offensichtlich froh, als das Telefon summte. »Für Sie, Herr Kommissar, es scheint dringend zu sein.«
Ahrens war am Apparat. »Chef, kann ich offen sprechen?«
Baumann konnte die leise gestellte Frage nicht verstehen, aber auch sie würde sich auf dem Comport-Tonband wiederfinden.
»Moment«, antwortete Freiberg, »wir führen hier ein interessantes Gespräch. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit. Lupus meldet sich gleich vom Wagen aus.«
Ahrens hatte den Hinweis verstanden.
»Sie können hier ungestört sprechen. Ich ziehe mich solange zurück«, diente sich Baumann eifrig an.
»Sehr liebenswürdig«, lächelte Freiberg und dachte, Polizeiinterna auf Comport-Tonbändern, das hätte noch gefehlt. »Mein Kollege übernimmt das schon. Wir haben ja unseren Wagen draußen.«
Lupus hatte sich erhoben und grinste breit. Er freute sich, daß dem scheinheiligen Rechtswahrer endlich klar wurde, wie die Kripo über ihn und den Comport-Laden dachte – und das alles ohne ein kränkendes Wort.
»Also«, nahm der Kommissar den Faden wieder auf, »Sie haben keinerlei Erkenntnisse, daß Artanow nachrichtendienstlich tätig gewesen sein könnte? Er hatte doch einen geradezu idealen Beruf, um Ausspähungsaufträge abzudecken. ›Offizielle Reisekader‹ nennt man das wohl im Geheimdienstjargon.«
»Wirklich, Herr Kommissar, wir Deutsche denken zu schnell an Spionage und Verrat, wenn geschäftliche Beziehungen zum Ostblock unterhalten werden. Dabei liegt Comport voll im Trend der Bundespolitik. Wir helfen, den wirtschaftlichen Freiraum unter dem Spannungsbogen der Großmächte zu erweitern.«
»Anerkannt«, stellte Freiberg fest. »Dieses Land braucht solche Unternehmer. Ich habe ja auch nur sehr
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