Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Beamten gingen auf den gestreiften Fliegenträger zu. Der erhob sich langsam. Das Mißverhältnis seiner Körpergröße zu der der Kripo wirkte bedrückend.
»Setzen Sie sich«, sagte Lupus denn auch sehr schnell.
Freiberg und Lupus nahmen an der gegenüberliegenden Tischseite Platz und schossen in schneller Folge die üblichen Fragen ab. Der Riese gab wenig nützliche Antworten. Er hatte angeblich vor Mitternacht seinen Dienst beendet und war zu seiner Schlafstelle im Souterrain gegangen. Vom Weggang der letzten Gäste wollte er nichts bemerkt haben.
Evelyn winkte herüber. »Angelina wird in wenigen Minuten frei sein.«
Freiberg und Lupus standen auf; der Riese wollte dasselbe tun.
»Sitzenbleiben!« fuhr Lupus ihn an. Das wirkte: Der Mann knickte sofort wieder ein.
An der Bar schnarrte das Telefon.
»Für den Hauptkommissar!« rief Evelyn und hielt den Hörer hoch.
Freiberg übernahm und erkundigte sich, indem er die Hand auf die Sprechmuschel legte: »Kann das Gespräch hier im Haus mitgehört werden?«
»Nein, wenn zur Bar durchgestellt ist, kann nicht mitgehört werden, nicht einmal vom Büro aus. Das hat Freddy Nelson immer schon bedauert.«
Freiberg nickte beruhigt und meldete sich. Lupus sah, wie sich das Gesicht seines Chefs verwandelte; ein Ausdruck des Staunens prägte dessen Züge.
»Ja, wir kommen ins Präsidium. Erst muß geklärt werden, ob das Dokument echt ist – dann können wir hier weitermachen.«
Freiberg schüttelte mehrfach den Kopf. Er gab Evelyn den Hörer zurück. »Angelina hören wir später an. Wir werden vielleicht auch an Sie und die anderen Mitarbeiter noch einige Fragen haben. Jetzt müssen wir gehen – Lupus komm!«
»Was ist denn jetzt schon wieder los, Chef? Immer wenn es spannend wird, funkt uns die Leitstelle dazwischen. Das nehme ich CEBI langsam übel. Der bekommt wohl das falsche Futter!«
»Komm, nicht hier. Laß uns erst draußen sein.«
Ihr Abgang wirkte wie eine Flucht. Von Freddy Nelson hatten sie sich nicht einmal verabschiedet.
Auf dem Wege zu Uni 81/12 gab Freiberg die Informationen an seinen Mitarbeiter weiter.
»Lupus, hör gut zu! Bei der Durchsuchung der Wohnung unseres ermordeten Artanow, alias Werner Schulze, hat der Kölner Erkennungsdienst eine Quittung über eine Million Deutsche Mark gefunden.«
»Wie bitte – was sagst du da, eine Million – soll das ein Witz sein? Von wem stammt die Quittung?«
»Ganz ruhig bleiben, Lupus. Wir dürfen uns jetzt nicht verwirren lassen. Unterzeichnet hat angeblich unser Künstlergatte Andreas Falkenhorst. Neben der Unterschrift prangt das Dienstsiegel des Ministeriums mit dem Bundesadler.«
»Ach du dicke Neune«, stöhnte Lupus auf. »In welchen Scheiß geraten wir da hinein. Der gesiegelte Pleitegeier hat uns Pastorenkindern gerade noch gefehlt.« Nach einer Pause setzte er resignierend hinzu: »Na ja, Herr Kommissar, und dann – na ja!«
Kapitel 12
Wieder einmal kamen die Beamten des 1. Kommissariats zu spät. Leitender Kriminaldirektor Dr. Wenders hatte zum »Großen Bahnhof« gerufen. Der Sitzungssaal schien vor Spannung zu bersten. Drei Kriminalgruppenleiter, die Chefs der wichtigsten Kommissariate, darunter eine Frau Hauptkommissarin, einige andere Mitarbeiter sowie Kriminalrat Sörensen vom 19. K. nickten anerkennend, als Hauptkommissar Freiberg und Hauptmeister Müller so unerwartet früh zu spät eintrafen.
»Meine Dame, meine Herren. Die Mordsache Artanow!« eröffnete Dr. Wenders die Sitzung. »Wir sind komplett – und bei dieser Zusammensetzung sollten wir auch bleiben. Sie dürfen weitere Mitarbeiter nur dann mit dem Sachverhalt vertraut machen, wenn Sie zuvor die Genehmigung des Gruppenleiters eingeholt haben. Die Hauptbetroffenen Sörensen vom 19. und Freiberg vom 1. K. entscheiden in eigener Zuständigkeit.«
»Au«, flüsterte Lupus, »es geht um Deutschland.«
Dr. Wenders hatte die Bemerkung gehört. »Vielleicht geht es in der Tat um eine hochpolitische Angelegenheit, und wir haben allen Grund, ganz schnell Licht in die Sache zu bringen – und den Mund zu halten. Wie ist der Stand der Ermittlungen im ersten Kommissariat?«
Freiberg gab eine geraffte Darstellung: »Der ermordete Artanow war Außendienstmitarbeiter der Firma Comport in Beuel. Die Firma betreibt Export-Import- und Maklergeschäfte mit dem Ostblock. Wie wir von Kollege Sörensen wissen, ist die Firma zugleich nachrichtendienstliche Legalresidentur und der Kopf von vierzig Handelsunternehmen mit
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