Ein Stern fiel vom Himmel
Bist du erkrankt?«
Müde lächelnd winkte der Professor ab. Doch es drängte ihn, mit seinem Sohn das Ergebnis seiner Untersuchungen zu besprechen. Er ließ ihn eintreten, knipste die Stehlampe im Arbeitszimmer an und wies mit der Hand auf einen der bequemen Sessel. »Setz dich erst mal, Hein.«
Er selbst ließ sich in den zweiten Sessel fallen, zog die Brieftasche und reichte seinem Sohn ein Blatt Papier.
»Sieh dir bitte diese Zahlen an!«
Hein überflog das Blatt und wiederholte dabei halblaut, was er las: »60% Eisen … 10% Platin … 12% Gold …«
Verwundert ließ er das Blatt sinken. »Was bedeutet das, Vater?«
»Die Analyse von ein paar Erzproben des Meteors. Ich habe sie in der vorletzten Nacht gemacht.«
»Vater! Es ist ja nicht denkbar! … 10% Platin … 12% Gold … unermeßliche, unerschöpfliche Reichtümer wären ja dann mit dem Meteor vom Himmel gefallen! Aber ist dir vielleicht nicht doch ein Irrtum unterlaufen?«
Professor Eggerth schüttelte den Kopf. »Ich bin meiner Sache ganz sicher, Hein.«
»Ja dann, Vater … dann stehen wir ja vor etwas noch nie Dagewesenem.«
Der Professor wartete, bis sein Sohn sich wieder gefaßt hatte. Dann sprach er weiter.
»Meine Analysen sind unbedingt zuverlässig, Hein, aber sie erstrecken sich nur auf wenige hundert Gramm zufällig aufgelesener kleiner Brocken. Es könnte sein, daß gerade diese paar Stückchen so wertvoll waren, während die große Masse des Meteoriten viel ärmer, vielleicht nicht einmal abbauwürdig ist.«
Hein Eggerth sah enttäuscht aus. Eine kurze Weile sann er vor sich hin. Dann begann er wieder zu sprechen.
»Es wäre möglich, Vater, aber ich kann es nicht glauben – will es auch nicht glauben. Und du, Vater, glaubst es wohl auch nicht?«
Professor Eggerth lehnte sich in seinen Sessel zurück.
»Ich will vorläufig gar nichts annehmen oder glauben, Hein. Ich wollte nur die Möglichkeit andeuten, daß dieses günstige erste Ergebnis vielleicht einer weiteren Prüfung nicht standhalten könnte.«
Hein sprang von seinem Sitz auf. »Aber wir haben doch genug Erz mitgebracht. Auf fünf Tonnen schätze ich die Masse. Wir können ja sofort weiter untersuchen.«
»Sehr richtig, mein Sohn, das können wir tun und werden es auch schnellstens machen. Aber die Bearbeitung dieser Massen ist eine Heidenarbeit. Sie erfordert Geduld, Hingabe, Gewissenhaftigkeit und Zeit. Dabei muß die Sache absolut diskret behandelt werden. Ich möchte sogar nicht, daß Hansen oder Berkoff etwas davon erfahren.«
Während der Professor sprach, glitt ein Schein des Verständnisses über die Züge Heins. Er unterbrach den Professor: »Ich verstehe dich, Vater. Ich soll das Erz weiterbearbeiten.«
Professor Eggerth nickte.
»Es ist so, Hein. Die Chemie ist nicht dein Gebiet. Trotzdem mußt du die Sache übernehmen, denn ich darf und will keinen andern in das Geheimnis einweihen. Ich werde dich morgen mit der Technik dieser chemischen Scheidungen vertraut machen und dann … ja dann, mein lieber Junge, wirst du dich für die nächsten sechs bis acht Wochen in mein Laboratorium zurückziehen und ganz gehörig schuften müssen, bis alles Erz aufgearbeitet ist.«
Noch ein Viertelstündchen sprachen die beiden miteinander, und der Professor gab seinem Sohn genaue Verhaltungsmaßregeln für die nächsten Wochen. Mitternacht schlug es, als sie sich trennten, um endlich zur Ruhe zu gehen.
Am nächsten Tag hörte Wolf Hansen zu seiner Verwunderung von Oberingenieur Vollmar, daß Hein Eggerth mit Spezialaufträgen seines Vaters nach Bay City verreist sei. Am Nachmittag traf er Professor Eggerth, der gerade aus seinem Laboratorium herauskam. Der Professor trug eine verdrossene Miene zur Schau.
»Mit unserm Erz scheint nicht viel los zu sein«, sagte er beiläufig zu Hansen. »In der Hauptsache ist es reines Nickeleisen. Wenn nicht doch noch Stücke mit etwas besserer Ausbeute dazwischen sind, wird es kaum lohnen, der Sache weiter nachzugehen. Trotzdem, Herr Hansen, wollen wir über die ganze Angelegenheit vorläufig noch Stillschweigen bewahren.«
»Selbstverständlich!, Herr Professor«, erwiderte Hansen und ging zu seiner Abteilung.
Man schrieb den 22. Dezember. In Europa rüstete man für das Weihnachtsfest, auf der südlichen Hälfte des Erdballes war Hochsommer. Zwar reichte die Kraft der Sonne nicht aus, um den schweren Eispanzer des sechsten, des antarktischen Kontinents merklich zum Schmelzen zu bringen, aber das Tagesgestirn blieb jetzt in jenen
Weitere Kostenlose Bücher