Ein Stern fliegt vorbei
achten, als der Direktor sich vorstellte! Nein, für solche diplomatischen Geschichten war sie sicherlich nicht die richtige.
Sie versuchte sich an den Namen zu erinnern. Wie war er doch… richtig: Loto Gemba!
„Sie haben mich ja ganz schön hereingelegt“, rief Lutz fröhlich. „Der Fall erfordert exemplarische Bestrafung. Ich verurteile Sie zu einer Mondspazierfahrt und ernenne mich zum Urteilsvollstrecker. Nehmen Sie an?“
„Was – ihr kennt euch schon?“ fragte Loto, der sich in seiner Überraschung nicht ganz klar war, ob er jetzt mehr den Vater oder den Direktor herauskehren müsse.
„Ja“, sagte Yvonne ernsthaft, „wir waren Platznachbarn in der Rakete und haben uns mit einem uralten Gesellschaftsspiel unterhalten – mit Beruferaten.“ Und während sie mit versteckter Ironie den Hergang schilderte, überlegte sie gleichzeitig angestrengt, wie sie es fertigbringen könnte, mit Loto, dem Vater und Direktor, noch ein paar Minuten allein zu sein, damit sie ihn von dem Geheimhaltungsbeschluß unterrichten konnte.
Da fiel ihr etwas ein. Sie wandte sich an Lutz. „Ich nehme das Urteil mit Vergnügen an. Aber wenn von Strafe die Rede ist, dann verdienen Sie zu allererst eine. Ich habe Ihnen doch gesagt, wer ich bin, und Sie haben mir nicht geglaubt. Ich verurteile Sie deshalb wegen Zweifel an meiner Glaubwürdigkeit zur sofortigen Herstellung einer Tasse Kaffee für mich! – Vorausgesetzt“, wandte sie sich an Loto, „daß der Direktor nichts dagegen hat?“
Loto Gemba, der dem Bericht mit Schmunzeln gefolgt war, schüttelte den Kopf. „Ganz im Gegenteil.“ Und zu Lutz gewandt: „Los, schwirr ab, koch Kaffee!“
„Ich nehme das Urteil an“, sagte Lutz mit gespielter Demut und ging fröhlich pfeifend hinaus.
„Ich muß Ihnen leider noch sagen“, erklärte Yvonne mit unverkennbarem Ernst, nachdem sich die Tür hinter Lutz geschlossen hatte, „daß der Tatbestand, über den wir gesprochen haben, streng geheimzuhalten ist.“
Loto Gemba nickte ein paarmal langsam. „Verstehe schon“, sagte er leise, „obwohl – ich bin überzeugt, daß er mindestens etwas ahnt. Und dann ist er wie eine Klette. Manchmal frage ich mich, was er mehr ist – Kosmonaut oder Journalist. Erst hab ich gedacht, es ist nur so eine Art Steckenpferd, diese Schreiberei, aber als er dann noch anfing Soziologie zu studieren…“
Yvonne hörte nicht ungern zu. Der Vater war stolz auf seinen Sohn, und seine sympathische Redseligkeit ließ ein behagliches Gefühl in ihr aufkommen. Sie erfuhr, daß Lutz zuerst Kosmonautik studiert und das kleine Kapitänspatent erworben, dann an einer Jupiterexpedition teilgenommen, danach extern mit dem Soziologie-Studium begonnen hatte und daß er jetzt über seiner Examensarbeit in diesem Fach saß. Es müsse schon etwas Besonderes sein, meinte Loto, das ihn gerade jetzt auf den Mond gelockt habe, und das könne ja wohl nur das sein, was auch sie, Yvonne, hierhergeführt habe…
Lutz brachte den Kaffee, servierte geschickt und goß ein. „Na, nun kennen Sie ja meinen Lebenslauf“, sagte er lachend zu Yvonne, mit einem Seitenblick auf seinen Vater. Er kannte offenbar dessen Gewohnheiten genau.
Er hob die Tasse, schnupperte genießerisch daran und sagte: „Es ist nichts auf der Erde, Papa. Jetzt fühle ich mich schon beinahe wieder wohl, ich müßte nur noch…“, er trank einen Schluck, „… wissen, was es mit diesen Signalen auf sich hat.“
„Verdammter Bengel“, schimpfte Loto mit komischem Grimm, „wo hast du das schon wieder aufgeschnappt?“
„Das ist eben das schöne an der Journalistik, daß man überall Bekannte hat, die einem was erzählen, und dann braucht man nur noch zu kombinieren“, erwiderte Lutz behaglich. „Aber was ist nun? Sind es Signale von denkenden Wesen?“
„Ich vermute“, antwortete Yvonne zurückhaltend, „aber wenn es soweit ist, werden die Nachrichtenagenturen darüber informiert werden.“
„Sehen Sie“, sagte Lutz, diesmal in betrübtem Ton, „und das ist nun wieder das unschöne an der Journalistik – an die wichtigen Dinge kommt man als kleiner Korrespondent gar nicht heran.“
Loto entschloß sich, in das Gespräch einzugreifen. „Erzähl mir mal lieber, wie es auf der alten Erde aussieht“, forderte er seinen Sohn auf. „Was machen unsere Freunde?“
Es stellte sich heraus, daß Duncan Holiday ein alter Freund und Bekannter der Gembas war. „Er hat mir geschrieben, daß er jetzt nach Herzenslust experimentieren kann.
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