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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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seinerzeit aufgefangenen kosmischen Signalen etwas nicht in Ordnung sei, verdichtete sich immer mehr.
    „Stellen Sie bitte eine Sprechverbindung mit Ihrem Vater her“, bat Yvonne. Lutz tat das und spitzte die Ohren, aber Yvonne war auf der Hut.
    „Ich habe etwas entdeckt“, sagte sie in die Sprechmuschel. „Ich muß Sie so schnell wie möglich sprechen.“
    „Ein paar Stunden auf dem Mond und schon etwas entdeckt“, wunderte sich Loto Gemba. „Allerhand! Was ist es denn?“
    „Die dritte Variante stimmt. Ihre dritte Variante!“
    „Meine dritte… ach so! Wann können Sie denn hier sein? Wie lange dauert es?“
    Yvonne blickte Lutz fragend an. „Eine Viertelstunde“, sagte er. Yvonne wiederholte und beendete das Gespräch.
    In diesem Moment ertönte etwas wie ein heller Glockenschlag, und ein unangenehm hohes Pfeifen schloß sich an. „Einschlag“, kommentierte Lutz sachlich. „Einen Augenblick!“ Er sah sich in der Kanzel des Wagens um und zeigte auf eine Stelle über ihnen. „Dort!“
    Yvonne blickte auf und sah, daß sich auf der dunklen Scheibe ein weißer Fleck bildete. „Dieses Plasteglas springt und splittert nicht, sondern verfärbt sich bei Beschädigungen“, erläuterte Lutz. „Ein Kleinstmeteorit ist in die Scheibe eingedrungen, infolge der Bremsung explodiert und hat ein Loch gerissen. Kommt nicht oft vor.“ Er legte ein kleines, rundes Stück eines elastischen Materials von innen dagegen, und das Pfeifen hörte wie abgeschnitten auf.
    Draußen wurde es hell. Sie waren in den Tunnel eingefahren. Man muß eine Gefahr nur kennen, dann hört sie auf schrecklich zu sein, dachte Yvonne.
     
    Die folgenden Tage brachten viel Arbeit. Einige Funkmeßstationen des Observatoriums wurden umgebaut, Schaltpläne wurden entworfen und verworfen, Absprachen mit den anderen Institutionen auf dem Mond mußten getroffen werden, und in diesem planvollen Durcheinander von technischen, wissenschaftlichen und administrativen Tätigkeiten entfaltete sich eine so glückliche Zusammenarbeit zwischen Yvonne und Loto Gemba, daß oft ein halber Satz oder eine hastig hingeworfene Formel des einen genügte, um ein Problem des anderen zu lösen. Die Kybernetikerin hatte sich schnell in die Hochfrequenztechnik eingearbeitet, die ihr natürlich auch vorher nicht ganz unbekannt gewesen war, und entlockte der nicht mehr ganz neuen Rechentechnik des Observatoriums Leistungen, für die diese nie projektiert gewesen war. Das spornte alle an – und außerdem war natürlich bekannt, daß diese Arbeiten irgendwie mit den unbekannten Signalen zusammenhingen, die immer noch täglich empfangen wurden. Die theoretischen Vorbereitungen für die Sendung von Meßsignalen wurden daher ziemlich schnell abgeschlossen.
    Yvonne hatte gerade mit Hilfe der Rechenexperten des Observatoriums, die sich ihr gegenüber nahezu ehrfurchtsvoll verhielten, die letzte komplizierte Berechnung gelöst und rief Loto Gemba an. „Hallo, Direktor, der Laden läuft hier auch ohne mich weiter – haben Sie nichts zu tun für mich?“
    Loto Gemba lachte. „Schon, schon. Lassen Sie sich mal im Archiv aus meinem persönlichen Fach die Akte T 1 geben und sehen Sie sich das an. Ich bin momentan auswärts, heute abend können wir darüber sprechen.“
    „Was ist denn das, worum geht’s denn dabei?“ fragte Yvonne neugierig.
    „Sie werden schon sehen“, antwortete Loto und schaltete ab.
    Yvonne fand in den Akten ein Bündel funktechnischer Berechnungen ohne Erläuterung des Zwecks. Zunächst fühlte sie sich etwas genasführt, aber dann reizte sie die Sache, sie begann sich hineinzudenken – und bald erkannte sie, daß hier eine technisch verblüffende, großartige Idee für einen Sender mit zwei bis drei Parsec Reichweite skizziert war, für einen Sender also, der die Signale aus dem Gebiet der Proxima Centauri würde beantworten können.
    Offenbar hatte Loto Gemba schon seit Jahren an diesem Projekt gearbeitet, jedenfalls lange vor dem Empfang der fremden Signale. Davon zeugten die ersten Aufzeichnungen, die offenbar kürzlich durchgesehen und korrigiert worden waren.
    Sie stürzte sich mit so fröhlichem Eifer in die Arbeit, daß sie die Verabredung mit dem Direktor vergaß und ganz erschrocken war, als er plötzlich über ihre Schulter sah.
    Nicht ganz so glücklich gestaltete sich ihr Verhältnis zu Lutz Gemba.
    Sie trafen sich fast täglich, frozzelten herum, diskutierten über Himmel und Welt – aber sie kamen einander nicht näher, obwohl sie es

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