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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Fettpresse zur Hand und ging auf den Löwen zu. Der öffnete den Rachen, sie spritzte ihm etwas grünes Fett hinein, worauf der Löwe sich mit der Pfote den Magen strich, andeutend, daß diese Nahrung dem Charakter seiner Eingeweide am besten entspreche. Auf ein Handzeichen von ihr begann der Löwe von Hocker zu Hocker zu springen, balancierte über einen Schwebebalken und sprang durch den Reifen.
    „Darum also hat man sie die letzte Zeit kaum noch gesehen“, sagte Yvonne. „Und ich hatte schon Angst…“ Sie sprach nicht aus, daß sie gefürchtet hatte, Ljuba würde sich isolieren, aber Lutz verstand sie auch so.
    „Solange der Spieltrieb noch intakt ist, brauchen wir wohl keine psychischen Erkrankungen zu befürchten“, sagte er. „Aber davon abgesehen – vielleicht können wir solche Basteleien eines Tages noch ganz gut gebrauchen? Es müssen ja dann nicht gerade Löwen sein.“
    „Weißt du, wie sie ihn steuert? Er hält immer den Kopf zu ihr hin.“
    „Die Handbewegungen sind natürlich Zutat. Siehst du die Chrysantheme in ihrem Knopfloch? Sie ändert ihre Lichtintensität und gibt dadurch Signale. Und dann – paß auf, jetzt kommt der Schluß!“
    Der Löwe Nero schlich sich von hinten an die Dompteuse heran, die sich gerade verbeugte, und entriß ihr die Fettpresse, floh damit in den hintersten Winkel und steckte sie in den Rachen.
    „Und wie macht sie das?“ fragte Yvonne, etwas spöttisch.
    „Das weiß ich auch nicht“, gestand Lutz.
    Wieder erschien Kat auf dem Bildschirm, aber diesmal hatte sie einen Zettel in der Hand. „Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Meldung, die soeben von der Erde eingegangen ist. Der Forschungsgruppe des Professors Holiday ist es gelungen, wenn auch noch unter erheblichem apparativem Aufwand, eine hyperthermonukleare Reaktion vorsätzlich auszulösen. Die frei werdende Energie war schon etwa dreißigmal so groß wie bei einer thermonuklearen Reaktion. – Wir setzen jetzt unser Programm fort mit…“
    Der Bildschirm erlosch. Yvonne hatte abgeschaltet. Sie atmete tief.
    Doch da summte das Rufzeichen. Sie schaltete den Bildschirm wieder ein, diesmal jedoch auf Bordgespräch. Kats Gesicht erschien.
    „Habt ihr die Meldung eben gehört?“
    Yvonne nickte. Lutz sagte: „Haben wir!“
    „Sag mal – hyperthermonuklear, das bedeutet doch Holidays Hyperfusion zu mittleren Elementen, nicht? Und das heißt: erheblicher apparativer Aufwand? Kannst du dazu einen Kommentar sprechen?“
    Yvonne versprach es.
    Der Fortschritt Duncan Holidays bildete in den folgenden Tagen den Hauptgesprächsstoff. Wer allerdings geglaubt hatte, daß das Energieproblem nun schon gelöst sei, der wurde enttäuscht. Eine Reaktion unter Laboratoriumsbedingungen auszulösen war eine Sache, den Prozeß aber so weit zu beherrschen, daß die Energie genutzt werden konnte, eine ganz andere. Und dann: erheblicher apparativer Aufwand, das deutete doch wohl darauf hin, daß irgendein hochkompliziertes physikalisches Milieu hergestellt werden mußte, um den Prozeß in Gang zu bringen – alles Dinge, die geeignet waren, die Freude über diesen Fortschritt auf ein normales, vernünftiges Maß zurückzuführen.
    Weitere Nachrichten und auch ein Exklusivbericht Duncans für die Expedition bestätigten Yvonnes Kommentar.
    Und dann rückte dieses Problem in den Hintergrund, weil das Interesse der Expedition sich mehr und mehr dem bevorstehenden Ereignis zuwandte: der Wende.
    Bisher war die Expedition dem Planetoidensystem entgegengeflogen. In den letzten Wochen war der Flug gebremst worden, und nun stand der Zeitpunkt unmittelbar bevor, an dem die Raumschiffe stillstehen sollten – still natürlich nur in bezug auf das entfernte, heimatliche Sonnensystem. Dann würden die Triebwerke in entgegengesetzter Richtung zu arbeiten beginnen, die Raumschiffe würden gleichsam vor dem System fliehen, mit wachsender Geschwindigkeit, aber gerade so schnell, daß sie dann, wenn es sie einholte, die gleiche Geschwindigkeit wie das System haben würden.
    Zur Zeit der Wende begannen auch die Messungen, und es galt jetzt, kombiniert oder einzeln von den drei Raumschiffen aus über Radar zu beobachten, ununterbrochen zu beobachten, zu kartographieren, in sechs Schichten, so daß alle Besatzungsangehörigen an dieser Arbeit teilnehmen mußten, die Kapitäne, die Piloten, die Triebwerksingenieure, die Monteure, die Ärzte, Astronomen, Navigatoren, Physiker – und selbstverständlich die dafür direkt

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