Ein Stern fliegt vorbei
Reibereien und Kompetenzstreitigkeiten ab, doch dann kam Ruhe und Takt in die Arbeit. Das heißt nicht, daß es weniger Umstellungen auf Grund neuer Erkenntnisse, weniger Reorganisationen oder überhaupt weniger Probleme gegeben hätte, im Gegenteil. Aber eine vernünftige Regelung der Dinge zeichnete sich ja schon immer gerade dadurch aus, daß sie Unvorhergesehenes und Unvorhersehbares bewältigte, ohne daß der ganze Organismus der Gesellschaft dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Auch wurde nicht etwa die Entwicklung abgestoppt auf den Gebieten, die nicht unmittelbar oder mittelbar die Bekämpfung der kosmischen Gefahr betrafen. Die Menschheit war schon damals reich genug, auf materielle Opfer des einzelnen verzichten zu können. Solche Opfer wären auch wenig ergiebig gewesen, denn seit der Überwindung der hemmenden vorgeschichtlichen Produktionsverhältnisse und ihrer Begleiterscheinungen – Kolonialismus und Wettrüsten – war die Produktion so gewaltig gewachsen, daß die Güter des persönlichen Bedarfs, Ernährung, Kleidung, Wohnung usw. nur noch einen geringen Prozentsatz vom Gesamtprodukt ausmachten, obwohl ihr Umfang sich verzehnfacht hatte.
Das erste Problem, das der Kosmische Rat zu lösen gehabt hatte, war die grundsätzliche Entscheidung über die Bekämpfung des Feldes gewesen. Ohne ernsthafte Gegenstimmen hatte sich die Meinung durchgesetzt, daß man Spuren fremder Zivilisation, wie geringfügig sie auch sein mochten, möglichst erhalten müsse. Und man hatte gute Gründe dafür, in den Aufnahmen und Meßergebnissen vom Planetoiden V Hinweise auf eine fremde Zivilisation zu sehen.
Da waren zunächst die Sechsecke selbst. Eine solche Figur kann nicht oder kaum durch das Wirken mechanischer, elektrischer oder sonstiger natürlicher Kräfte entstehen. Und es macht die Vermutung fast zur Sicherheit, wenn die Figur – wie hier – gleich mehrmals auftritt. Hinzu kamen andere Beobachtungsergebnisse, die an sich nichts über diesen Gegenstand aussagten, aber doch dem Planetoiden V eine Sonderstellung zuwiesen: Die Bewegung, die er auf seiner Bahn um den gemeinsamen Massenmittelpunkt des Feldes vollführte, und auch die Eigendrehung waren entgegengesetzt der Bewegungsrichtung und Drehung der anderen Planetoiden und auch der meisten Bruchstücke und Schwärme. Auch durch geringere Dichte und andere Oberflächenstrukturen unterschied er sich von den vier übrigen Planetoiden.
Natürlich waren auch die Daten und Aufnahmen der anderen Planetoiden noch einmal gründlich durchforscht worden, aber auf ihnen hatte sich kein noch so geringer Hinweis auf irgendeine Besonderheit gezeigt, so daß man also mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen konnte, die beobachteten Spuren für das Wirken einer Intelligenz seien auf den Planetoiden V beschränkt.
Doch selbst wenn das nicht der Fall sein sollte – die anderen Planetoiden würde man nicht erhalten können, ohne tödliche Gefahren für die Erde heraufzubeschwören. Diesen einen jedoch, den fünften, den kleinsten und leichtesten, würde man mittels einer großen Zahl gewaltiger Ionentriebwerke so weit beschleunigen können, daß er die Fluchtgeschwindigkeit erreichen und das Feld auf einer hyperbolischen Bahn verlassen könnte.
Das schränkte freilich den zur Verfügung stehenden Zeitraum außerordentlich ein. Die Sprengung der anderen Planetoiden konnte frühestens stattfinden, wenn der Planetoid V so weit vom Feld entfernt war, daß größere Beschädigungen durch Sprengstücke nicht mehr befürchtet werden mußten, und das war – das Jahr 92 als Beginn der Schubkräfte gerechnet – frühestens 94 der Fall. Und abgeschlossen werden mußte die Sprengung im Jahre 95, spätestens aber 96. Dann würde zwar nach wie vor der Schwerpunkt des Feldes das Sonnensystem durchqueren, aber das Feld wäre auf einen so gewaltigen Raum verteilt, daß nur wenige Prozent seiner Masse durch den Bereich der inneren Planeten gehen würden und auch die so zerkleinert, daß sie keinen Schaden anrichten könnten. Zudem würden 99 Prozent der Trümmer das Sonnensystem wieder verlassen, da ihre Geschwindigkeit größer sein würde als die Fluchtgeschwindigkeit im jeweiligen Abstand von der Sonne, so daß also auch keine bleibende Verseuchung des solaren Raumes mit zusätzlichen Meteoritenschwärmen zu befürchten wäre.
Diese Aufgaben und ihre zeitliche Begrenzung machten – das zeigte schon eine erste Abschätzung – die notwendigen Arbeiten am Feld und erst recht die
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