Ein Stern fliegt vorbei
anfangs war. Sie mußte über sich selbst lächeln, er stand ja heute weit über ihr, hatte schon einen wissenschaftlichen Grad, und trotzdem – es war ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, daß sie es nicht lassen konnte; das einzige, was sie tun konnte, war, es sich nicht merken zu lassen, denn das hätte hier, an Bord des Raumschiffes, wahrscheinlich unsagbar albern gewirkt, aber sie würde es schon noch schaffen, diesen Komplex zu überwinden, den einzigen, der ihre Liebe manchmal noch störte…
„ – eins – null!“
Der Andruck preßte sie in die Sitze. Die erste Welle des Vorkommandos, die erste Einheit der großen Kampfflotte war gestartet.
Schon bei den ersten Messungen, die noch aus größerer Entfernung angestellt wurden, erwies sich das seinerzeit aufgestellte mathematische Modell des Feldes als im wesentlichen richtig. Die Gesamtausmaße stimmten mit den vom Modell angegebenen überein, und auch die Planetoiden befanden sich an den Plätzen, an denen sie dem Modell zufolge zu suchen waren. Das war fast schon mehr, als man hätte erwarten können. War doch seinerzeit die Masse, die ja entscheidenden Einfluß auf die Bewegungen der einzelnen Trümmer im Feld hatte, nur sehr grob gemessen worden. Zum Glück waren auch die meisten der damals gesetzten Funkfeuer – sie sendeten nicht ständig, sondern nur auf Anruf – noch intakt, so daß die SIRIUS sofort mit ihrer Arbeit beginnen konnte. Yvonne hatte die Rechentechnik mit dem nötigen Strukturüberschuß ausgestattet und mit der Tendenz, von den jeweils möglichen Teilsystemen diejenigen zu stabilisieren, deren Resultate mit den Messungen übereinstimmten – eine Rechentechnik also, die „lernen“ konnte, im Prinzip nichts Neues, wohl aber in der Anwendung auf ein so kompliziertes System wie das Feld. Sicherheitshalber hatte die Anlage an Bord der WEGA ein Double, oder besser: ein Pendant, dessen Eingang parallel geschaltet war und automatisch mit den gleichen Informationen beliefert wurde. Es handelte sich dabei um ein System, das eine andere Struktur hatte als das an Bord der SIRIUS. Miguel Hernandez hatte diese Lösung vorgeschlagen, und sie war akzeptiert worden, weil das Ergebnis um so sicherer richtig war, wenn zwei verschieden strukturierte Systeme das gleiche Resultat ergaben.
WEGA, ATAIR und die anderen Raumschiffe suchten die ihnen zugeteilten Planetoiden auf. Die WEGA hatte dabei den zunächst sicherlich wichtigsten, auf jeden Fall aber den interessantesten Auftrag: die geheimnisvollen Sechsecke auf dem Planetoiden V zu erforschen.
Die Kosmonauten konnten bei ihren Arbeiten auf den Planetoiden jetzt keine Rücksicht mehr darauf nehmen, ob sie sich innerhalb oder außerhalb der Meteoritenzone des Feldes befanden, jener Zone, in der häufige Begegnungen mit Trümmerstücken zu befürchten waren.
Zeit war nach den Änderungen der gesamten Planung das Kostbarste geworden, was sie besaßen – ausgenommen natürlich ihr Leben. Deshalb war die Reihenfolge der ersten Arbeiten auf den Planetoiden genau ausgearbeitet und Dutzende Male schon während der Reise trainiert worden.
Aber die WEGA hatte Glück. Ihr Planetoid V war für fast zwei Monate außerhalb des Meteoritengürtels, sie konnte sich ihm nähern und auf einer Kreisbahn parken. Vorher jedoch setzte sie einen Kranz von Radarsatelliten aus, so daß man vom Raumschiff aus ständig direkt oder über einen Satelliten den Teil des Planetoiden beobachten konnte, der die Sechsecke trug.
Auf dem Bildschirm schienen die Sechsecke sich langsam zu bewegen, ihre Form zu ändern. Sie wurden schmaler und blasser, dann dehnten sie sich wieder auf ihre regelmäßige Gestalt aus und leuchteten stärker. Aber das war eine Täuschung, hervorgerufen durch den veränderlichen Winkel, aus dem jeweils das Sechseck betrachtet wurde. Es mußte seine regelmäßige Gestalt zeigen, wenn es aus dem Zenit beobachtet wurde, und mußte breitgedrückt erscheinen, wenn das Radargerät sich nur wenig über dem Horizont befand.
Zunächst aber, bei der unmittelbaren Vorbereitung der Landung, interessierten weniger die Sechsecke als ihre unmittelbare Umgebung. Es war nötig, in der Nähe eines der Sechsecke zu landen. Aber es war auch nötig, am Ort der Landung sofort einen Unterstand zu bauen, für den Fall, daß doch Meteoritengefahr auftreten sollte und die Zeit nicht reichen würde, an Bord der WEGA zurückzukehren.
Konnte für den Bau des Unterstands kein günstiges Gelände gefunden werden, mußte die
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