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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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ihnen das Buglicht der OR 1 wie ein freundliches Auge in der trostlosen Finsternis leuchtete. Schon dieses Umdrehen war nach irdischem Maßstab eine sportliche Höchstleistung an körperlicher Präzision, nicht, weil es zuviel, sondern eben, weil es fast keine Anstrengung erforderte. Die Nerven, die die Bewegungen der Muskeln gemäß dem Befehl des Gehirns regulierten, waren jahrelang auf die Hälfte der irdischen Schwerkraft sozusagen justiert, und wenn es schon schwierig war, die eigenen Glieder zu beherrschen, so spielten die Gegenstände, die die drei mit sich trugen, ihnen erst recht manchen Streich. Die 50 Kilopond schwere Brennstoffzelle für den Scheinwerfer, die Jiři Kotr trug, wog hier nur 2,5 Kilopond, hatte aber natürlich die gleiche Masse, und diese Masse riß ihn fast um, als er sie beim Umkehren in Drehbewegung gesetzt hatte.
    Sie gingen den Weg zurück, bis Kat rief: „Halt! Der vorderste steht direkt auf der Linie.“
    Wladimir Schtscherbin, der vorderste, richtete die Stirnlampe auf den Boden. Nichts war zu sehen, kein Unterschied zur Umgebung.
    „Baut den Scheinwerfer auf“, ordnete Wladimir an und ließ sich auf den Boden nieder. Mit dem Handschuh des Raumanzugs fuhr er über den Boden – und hielt überrascht inne. Wo seine Hand entlanggefahren war und den Staub weggewischt hatte, glänzte der Boden metallisch im Licht der Stirnlampe.
    „Seht euch das an!“ rief er.
    Die anderen kamen heran und starrten stumm, bis Kat vom Raumschiff her ungeduldig fragte: „Was gibt’s denn?“
    „Unter dem Staub eine glatte Metallfläche“, antwortete Wladimir, „sie hat wahrscheinlich die Radarstrahlen so stark reflektiert, daß sie auf der Aufnahme und jetzt auch bei dir auf dem Schirm als Strich sichtbar wurde. Aber dann – ja dann muß sie ja irgendwo zu Ende sein! Was schätzt du, wie breit ist der reflektierende Streifen?“
    „Nicht genau zu sagen“, antwortete Kat, „so zwischen 300 und 700 Meter.“
    Schnell war der Scheinwerfer montiert. Als er eine größere Fläche der Umgebung beleuchtete, entnahm Jiři seinem Geologenwerkzeug einen Geröllbesen, ging auf der Spur ihrer nun deutlich sichtbaren Fußtapfen zurück und zog den Besen hinter sich her. Ein glänzender Streifen wurde sichtbar.
    „Hier ist der Rand“, verkündete er. „Also ungefähr zweihundert Meter nach der einen Seite.“
    Nach der anderen Seite waren es ungefähr dreihundert Meter. Fünfhundert Meter also war der Streifen breit.
    Dann fegte er am Rand eine größere Stelle frei.
    Alle drei beugten sich darüber, nachdem sie den Scheinwerfer näher herangeholt hatten.
    Die Metallschicht brach nicht unvermittelt ab. Zuerst wurde an einzelnen Stellen Gestein sichtbar, dann, weiter außen, gab es nur noch einzelne Metallflecke auf dem Fels. Im ganzen war diese Übergangszone aber nur ein bis zwei Meter breit.
     
    „Sieht aus, wie mit einer überdimensionalen Düse gespritzt!“ bemerkte Ljuba, aber Wladimir mahnte: „Keine voreiligen Schlußfolgerungen!“
    Er hinderte zunächst auch Jiři Kotr daran, mit dem Erzhammer eine Probe loszuschlagen. Nach einigem Überlegen sagte er aber doch:
    „Na gut, es kann kaum etwas schaden – brich hier am Rand ein Stück Gestein los, auf dem Metallspritzer sind.“
    Dann rief er zum Aufbruch. Ljuba und der Geologe waren zwar damit nicht einverstanden, sie wollten unbedingt sofort noch ein Dutzend Fragen klären, aber Wladimir blieb hartnäckig.
    „Vergeßt nicht“, sagte er, „wir haben zu wenig Zeit, als daß wir uns hastige Arbeit leisten könnten.“
     
    Die Untersuchung des mitgebrachten Gesteinsbrockens in den Labors der WEGA ergab, daß dem Fels eine mikroskopisch dünne Schicht einer auf der Erde nicht verwendeten Titanlegierung aufgeprägt worden war. Der Zeitpunkt, zu dem dies geschehen sein konnte, ließ sich nicht ohne weiteres abschätzen, da für die Berechnung des durchschnittlichen kosmischen Staubbefalls keinerlei Grundlagen bestanden.
    Während die Untersuchungen noch liefen, informierte Wladimir die anderen Raumschiffe des Vorkommandos und machte sich dann an die Ausarbeitung eines Plans, mit welchen Mitteln und Kräften man das Geheimnis des Sechsecks klären könnte.
    Freilich mußte auch er sich dem Rhythmus Arbeit-Ruhe-Ausgleichsgymnastik unterwerfen, und so vergingen doch 24 Stunden, bevor die OR 1, diesmal mit einer fünfköpfigen Besatzung, wieder startete.
    Siebenundzwanzig Kilometer lang war der Umfang des Sechsecks, im ganzen waren also etwa

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