Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1
Außerdem hatte er blöderweise seinen Gummistiefel nicht dabei.
»Okay«, krächzte er.
»Wir … oder besser gesagt meine Eltern … gehören zu den Leuten, die sich mit Sparbüchern gar nicht erst abgeben«, wetterte Mathilda. »Mein Vater hat haufenweise Aktien an der Börse. Meine Mutter verbringt jedes zweite Wochenende auf einer Schönheitsfarm. Ich kriege alles, was ich mir wünsche. Kapierst du, man schiebt es mir sozusagen genau hier hinten rein.« Mathilda streckte ihren Po heraus und tippte mit dem Finger darauf herum.
Oskar räusperte sich. »Ist doch toll«, sagte er.
»Findest du?«
Oskar nickte zaghaft.
»Ich nicht!«, blaffte Mathilda ihn an.
Erschrocken wich Oskar einen Schritt zurück. Wenn das kein Beweis war! Mathilda hatte einen Riss in der Pfanne. Und was für einen!
»Ich finde so etwas ungerecht«, fuhr sie unterdessen aufgebracht fort. »Wenn ich mein Handy in der Badewanne ersäufe, bekomme ich sofort ein neues, aber wenn jemand wie Julius aus der Bohmfelder sein Mofa zu Klump fährt, dann muss er sehen, wo er bleibt.« Mathilda ließ sich aufden Drehstuhl plumpsen und sackte wie ein Häufchen Elend in sich zusammen. »Verstehst du, ich finde einfach, die Sache mit den Sparbüchern und den Aktien sollte gerechter verteilt sein.«
»Aber eben hast du doch gesagt, ein Sparbuch mit eintausenddreihundertzweiundvierzig Euro und einundachtzig Cent ist besser als nichts«, meinte Oskar.
»Ist es ja auch«, erwiderte Mathilda. »Gerecht finde ich es trotzdem nicht. Mein Vater würde es doch gar nicht merken, wenn er ein paar Aktien weniger hätte. Er könnte sie getrost euch schenken … oder Julius’ Eltern.« Sie deutete auf den Mofamotor. »Dann müsste ich jetzt wegen dieses Dingsda kein schlechtes Gewissen haben.«
»Wieso hast du den Motor denn überhaupt angenommen?«, hakte Oskar nach und schob sich vorsichtig auf den Plastikhocker.
»Weil Julius drauf bestanden hat«, sagte Mathilda. Ihre Wangen röteten sich ein wenig, obwohl es eigentlich überhaupt keinen Grund dafür gab. »Er wollte
unbedingt
, dass ich den Motor kriege«, fuhr sie aufgebracht fort. »Von einem Schrotthändler hätte er wenigstens noch ein paar Euro dafür bekommen.«
»Von dir doch auch«, erwiderte Oskar leise. »Ich meine, wenn du sowieso alles hinten reingeschoben kriegst.«
Mathilda zog die Mundwinkel ein. Sie sah Oskar an und auf einmal war ihr Gesicht ganz sanft und weich.
»So ist Julius nicht«, sagte sie. »Es geht ihm nicht um das Geld. Klar, er hat ewig für das Mofa gespart. Und fast zwei Jahre lang hat es ihn überall hingefahren. Nie hat es gemuckt. Und dann ist er einmal etwas unaufmerksam und rums!« Mathilda hob die Schultern. »Natürlich würde Julius das nie sagen, aber ich weiß, dass das Mofa für ihn so etwas Ähnliches war wie ein Freund oder ein Hund. Ein treuer Begleiter eben. Er konnte den Motor nicht einfach an einen Fremden verkaufen, der keine Beziehung dazu hat. Bei mir hofft er jetzt, dass ich etwas Tolles damit mache.« Mathilda sprang von ihrem Stuhl auf und lief wild gestikulierend hin und her. »Ich hab aber keine Ahnung, wie ich das Ding überhaupt ausprobieren soll!«
»Wie kommt dieser Julius dann darauf zu glauben, dass du mit dem Motor etwas anzufangen weißt?«, fragte Oskar.
»Ich hab mich dafür interessiert«, erwiderte Mathilda. »So geht es mir mit allen technischen Sachen. Außerdem hält Julius mich für so jemanden wie Albert Einstein«, fuhr sie ungehalten fort. »Bloß, weil ich einen Intelligenzquotienten von hundertsiebenundfünfzig habe.«
»Hm«, machte Oskar. »Ist das viel?«
»Mehr als Einstein selber hatte«, brummte Mathilda. Sie verkniff das Gesicht und machte eine Handbewegung, als wollte sie eine lästige Fliege vertreiben.
Oskar nickte. »Und was hat das alles mit dem Laptop zu tun?«, fragte er.
Mathilda runzelte die Stirn.
»Ach so!«, rief sie plötzlich.
»Klar, mit dem hat die ganze Erklärerei ja überhaupt erst angefangen. Also …«, sagte sie und ließ sich wieder auf dem Drehstuhl nieder, »eigentlich müsste ich nur zu meinem Vater gehen und sagen: ›Hör mal, Paps, ich hätte gerne einen Computer, einen Laptop, einen Scanner und einen Drucker mit allen Schikanen.‹ Spätestens nach zwei Tagen hätte ich das ganze Zeug in meinem Zimmer rumstehen. Mit Internetzugang und allem Pipapo. Will ich aber nicht!«
Oskar hob erstaunt die Augenbrauen. Doch ehe er etwas erwidern konnte, fuhr Mathilda bereits fort: »Das wär
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