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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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gesprochen hat, das Oma im Museum gemalt hat.
    Schade.
    Ich meine natürlich, gut so!
    «Hat nichts abbekommen», stelle ich fest, einfach weil ich irgendetwas sagen will, und füge noch einmal hinzu: «Die ganze Wohnung hätte ausbrennen können.»
    «Ist sie aber nicht», schimpft Oma laut, «nur die Tomatensoße!»
    «Oma, beruhige dich bitte.»
    «Du hast ja recht, Sönke.» Sie legt sich aufs Bett und macht die Beine lang. Ich lege die Wolldecke über sie.
    «Alles klar mit dir, Imke Riewerts?»
    Wenn ich sie beim vollen Namen nenne, sind wir uns besonders nahe, das hat sich über die Jahre so entwickelt.
    «Müde», flüstert Oma.
    Regina kommt herein: «Mama, so geht das wirklich nicht, das sieht hier aus …»
    «Regina, das ist jetzt zweitrangig!», fauche ich sie an.
    «Ich will doch nur helfen!», keift Regina zurück, macht kehrt und verlässt eingeschnappt die Wohnung. Ich drehe mich wieder zu Oma.
    «Wir lassen dich jetzt besser in Ruhe, ja? Was ist mit der Tür? Soll ich einen Schlosser anrufen?»
    «Das hat Zeit. Hier im Haus wohnen nur ehrliche Leute, und unten ist ja immer abgeschlossen.»
    «Sicher?»
    Oma nickt und flüstert mit geschlossenen Augen: «Es wäre alles weg gewesen. Meine Kinderfotos, meine Möbel, meine Bücher, alles. Wie hätte ich da weiter leben können? – Da wäre ich besser mit verbrannt …»
    «Oma, so darfst du nicht reden», widerspricht Jade, die sich hinter uns leise ins Schlafzimmer geschlichen hat.
    «Komm …», sage ich und winke sie hinaus. «Ist ja nochmal alles gut gegangen.»
     
    Jade und ich gehen zum Brandherd in die Küche, wo Maria auf einem Stuhl steht und mit einem Schraubenzieher an der schwarzen Dunstabzugshaube herumstochert. Sie ist die bessere Handwerkerin von uns beiden, das muss ich neidlos zugeben.
    «Alles hin», stellt sie fest.
    «Der Herd auch?»
    «Sowieso.»
    «Oma sollte nicht mehr selber kochen, oder was meinst du?»
    «Besser nicht.»
    «Kann das nicht jedem mal passieren?», fragt Jade.
    Maria drückt den Schraubenzieher mit aller Kraft gegen die Wandhalterung der Dunstabzugshaube.
    «Um neun Uhr morgens Spaghetti kochen, Brennspiritus neben den Herd stellen und dann einkaufen gehen», sagt sie grimmig. «Das ist ein bisschen viel, findest du nicht?»
    «Oma ist halt ein bisschen … exzentrisch», verteidigt sie Jade, was ich gut verstehen kann, ich bin ja auch begeistert von Oma. Aber diese Geschichte können wir nicht so einfach übergehen. Mit so etwas wird Oma gefährlich für sich selbst und andere.
    «Kannst du erst mal hier bei Oma bleiben?», frage ich Jade.
    «Klar.»
    Plötzlich löst sich die Dunstabzugshaube mit einem Ruck. Maria springt zum Glück eine Zehntelsekunde früher vom Stuhl und lässt das Aluminiumungetüm neben sich zu Boden krachen. Unmittelbar danach fängt draußen in der Kurmuschel die ukrainische Band wieder an zu spielen: «Life is life, nana – na- nana», knödelt die Sängerin mit starkem osteuropäischem Akzent.
    Maria schaut mich an. «Erinnerst du dich an die Nachthemdgeschichte? Als Oma meinte, sie hätte sich ausgeschlossen?»
    Ich nicke.
    «Mein Kollege hat mir eben erzählt, Oma hätte ihren Schlüsselbund in der Hand gehabt, als er sie aufgesammelt hat.»

[zur Inhaltsübersicht]
11. Geheime Mission
    Heute muss ich nicht mehr darüber spekulieren, ob der Himmel hellgrau oder graublau ist. Er ist, wie er sein sollte: kompromisslos dunkelblau bei hoch stehender Mittagssonne! Eigentlich habe ich an diesem Nachmittag meine wichtigen Arche-Termine. Doch nach dem Brand der Wohnung geht es an dieser Baustelle nicht weiter. Wir müssen jetzt erst einmal dringend wegen Oma einiges besprechen.
    Als ich mich in Utersum der mächtigen Kurklinik aus den dreißiger Jahren nähere, stoße ich an der leicht erhöhten Küstenlinie als Erstes auf Dutzende rauchender Menschen in Bademänteln und Jogginghosen. Auf dem gesamten Klinikgelände herrscht Rauchverbot, nur hier nicht. Fast könnte man die Raucher als Erkennungszeichen der Klinik ansehen (was der medizinischen Leitung wohl nur bedingt gefallen würde). Immerhin hat die Verwaltung vor der letzten Baumreihe des Waldes alle zwanzig Meter einen grauen Aschenbecher aufstellen lassen. Aber da der Weg von den Gebäuden durch den Wald hierher über zehn Minuten dauert, lohnt sich das nicht für eine einzelne Zigarette. Hier rauchen alle auf Vorrat.
    Regina hat mich und Arne hierherbestellt, um über Oma zu reden. Und auch wenn es für Föhrer fröhlichere
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