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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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Arche habe.»
    «Dass der überhaupt da war», wundert sich Maria und beißt in ein Krabbenbrötchen. «Bei
der
Musik. Petersen ist doch weit über sechzig.»
    «Was soll Oma denn sagen?»
    «Ja, Oma», singen Maria und Jade gleichzeitig in derselben Sprachmelodie und lächeln sich an.
    «Petersen war meinetwegen da», erkläre ich den beiden, während ich mir die Schüssel mit Krabben von Marias Platz angele. «Er will, dass ich in den Shantychor eintrete.»
    Dafür ist er extra den Weg von Wyk nach Utersum gefahren, das hat mir imponiert. Langsam werde ich nervös. Was ist, wenn das Arche-Projekt
nicht
klappt? Andererseits hat mir Kapitän Petersen wirklich Mut damit gemacht, dass er die Arche für eine gute Idee hält! Immerhin arbeitet er bei der Reederei, von der ich eine Autofähre für lau haben will. Für heute Nachmittag stehen noch einige hochkarätige Termine in einem großen Hotel und einer Bank auf dem Plan. Es muss mit der Arche deutlich schneller vorangehen.
    «Und, machst du es?», fragt Jade.
    Ich halte mein Frühstücksmesser drohend in ihre Richtung.
    «Ich bin wild und chaotisch», empöre ich mich künstlich. «Sehe ich aus, als ob ich in einen Shantychor passen würde?»
    Ich lege einen großen Löffel voller Krabben auf eine Ecke meines krossen, weißen Brötchens und beiße hinein. Für diese Geschmacksexplosion am Gaumen lohnt sich mindestens das halbe Leben!
    «Wild und chaotisch, wie unsere Vorfahren, die Walfänger», bestätigt Jade.
    «Ganz genau! Denk an Brar Riewerts, den Seefahrer, das war ein Kerl wie ich!»
    «Nur hat der bestimmt keinen Soul gesungen, sondern Shantys, oder?», sagt Jade und belegt ein Brötchen mit Räucherlachs.
    «Was willst du damit andeuten?»
    «Dass Shantys bestens zu dir passen. Und zwar sowohl, was deine Vorfahren als auch dein Alter anbelangt.»
    Maria und Jade freuen sich über meinen empörten Gesichtsausdruck.
    Das Telefon klingelt.
    «Ich bin nicht da», ruft Maria abwehrend.
    Drinnen springt der Anrufbeantworter an. Danach melden sich gleichzeitig mein und Marias Handy. Wir lassen sie einfach klingeln.
    Bis Jades Handy Alarm schlägt, das neben ihrem Teller liegt. Sie geht sofort ran und wird plötzlich so blass, als sei sie geschminkt.
    «Was ist?»
    «Das war Oma. Ihre Wohnung ist abgebrannt.»
     
    Wir rasen zu dritt zum Sandwall, der Wyker Hauptpromenade am Strand, wo Oma in erster Reihe direkt gegenüber der Kurmuschel wohnt, mit unverbaubarem Blick aufs Meer und die Hallig Langeneß gegenüber. Normalerweise flanieren hier Gäste und Einheimische in einem nie versiegenden Strom. Nun staut sich eine große Menschentraube vor Omas Balkon. Die weiß gekleideten Musiker in der Kurmuschel gegenüber haben die Instrumente zur Seite gelegt und pausieren auf roten Ikea-Klappstühlen. Nur die etwas ältere Sängerin im weißen Minirock und weißen High Heels geht nervös am Rand der Bühne auf und ab.
    Fenster und Balkontüre vor Omas Wohnung sind offen, die Männer von der freiwilligen Feuerwehr rollen gerade die Schläuche ein, und hinter der Feuerwehr steht ein Krankenwagen.
    Wir rennen zu dritt das Treppenhaus hoch. Es riecht angebrannt, ansonsten sieht der Hausflur aus wie immer. Omas Wohnungstür wurde allerdings grob aufgebrochen, einige Holzsplitter liegen auf dem Boden. Das sieht gar nicht gut aus.
    Wir laufen hinein: Entwarnung, Erleichterung und Tränen. Oma steht in ihrer halb ausgebrannten Küche und hält sich die Hand vor den Mund.
    «Is’ nochmal gut gegangen», beruhigt Zugführer Lükki sie mit sonorer Stimme. Er singt wie Kapitän Petersen bei den Knurrhähnen einen beeindruckend vollen Bass. Lükki ist fast zwei Meter groß und arbeitet normalerweise an der Tankstelle. Mit seinen breiten, eckigen Schultern sieht er aus wie das Urbild eines starken Feuerwehrmannes.
    «Oma, Oma», schreien wir durcheinander, und umarmen sie von allen Seiten.
    «Was ist passiert?», frage ich Lükki.
    «Imke hat den Herd angelassen und ist einkaufen gegangen. Blöderweise lagen neben dem Herd Zeitungen und eine offene Buddel Brennspiritus. Die hat dann Feuer gefangen.»
    «Was wolltest du denn mit dem Brennspiritus?», will ich von Oma wissen.
    Sie schaut mich verwirrt an.
    «Die schöne Tomatensoße! Da waren asiatische Gewürze drin, die habe ich mir extra aus Hamburg schicken lassen.»
    «Was wolltest du kochen?»
    «Spaghettis, was sonst?»
    «Morgens um neun?», staunt Jade.
    «Warum nicht?», fragt Oma zurück.
    «Die Musiker von der Kurmuschel
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