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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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Das beruhigt die Patienten, weil sie innerlich in dieser Zeit leben.»
    «Mama lebt aber nicht in den Fünfzigern, sondern heute, und zwar mit Laptop und allem Pipapo.»
    Wie solche Heime wohl eingerichtet werden, wenn ich mal alt bin? Ikea-Möbel, Poster vom Mauerfall, C64-Computer, auf denen wir den ganzen Tag Tetris spielen? Überall liegen bunte Magische Würfel herum, die einige Spezialisten in zehn Minuten in den Urzustand zurückdrehen können, im Kassettenrecorder läuft Roxette, Billy Joel und Phil Collins?
    Wahrscheinlich wird es genauso kommen. Durch so ein Ambiente werden wir unsere Rollatoren schieben, ich mag gar nicht weiter darüber nachdenken.
    Arne fährt etwas herunter: «Mama geht es gut. Und wenn sie manchmal etwas vergisst, na und?»
    «So warst du schon immer, Bruderherz», sagt Regina. «Kopf in den Sand, und dann wird alles besser.»
    «Dein blinder Aktionismus ist auch nicht besser», keilt Arne zurück.
    Ich springe zu ihm aufs Geländer. «Wir sollten auf jeden Fall die Herdregler bei ihr zu Hause abschrauben.»
    «Wie soll sie dann kochen?», will Arne wissen.
    «Gar nicht, wir bestellen einen Essensdienst.»
    Arne schüttelt energisch den Kopf: «Darauf lässt sich Mama nie ein.»
    «Der Herd ist sowieso im Eimer», erinnert uns Regina. Arne und ich schweigen.
    «Also was nun?», will Regina wissen. Weder Arne noch ich mögen etwas sagen.
    «Lass uns abwarten, ja?», bitte ich.
    «Was soll das ändern?»
    «Oma fängt sich wieder, da bin ich sicher.»
    «Du bist genauso feige wie Arne», keift mich Regina an.
    «Eine solche Entscheidung braucht Zeit», sage ich. «Außerdem müssen wir erst einmal mit Oma reden, sie ist ja nicht behindert oder entmündigt.»
    Regina schüttelt demonstrativ den Kopf. «Mama ist viel zu stur. Sie wird nie einsehen, dass sie Hilfe braucht.»
    «Ich bleibe dabei: Als Erstes müssen wir mit ihr reden!»
    «Was soll übrigens die Geheimnistuerei mit Maria?», beschwert sich Arne bei Regina, «sie ist genauso Omas Enkelin wie Sönke!»
    «Das geht auf mein Konto»,sage ich.
    Maria habe ich von unserem Treffen nichts gesagt, und ich bitte die beiden, fürs Erste die Klappe zu halten. Dann erzähle ich ihnen von Friederikes DVD . Sie wollen es erst nicht glauben. Erst nach und nach sickert bei ihnen durch, was das für Oma, Maria und uns alle in der Familie bedeuten könnte.
    «Mist», flüstert Arne heiser.
    «Kannst du wohl laut sagen», sagt Regina. «Meinst du wirklich, Mama hat das Bild geklaut?»
    «Oma sagt nein. Aber komisch ist das alles schon.»
    «Sie muss sich stellen», fordert Regina, «freiwillig!»
    «Willst du Mama in den Knast schicken?» Arne klingt jetzt richtig böse.
    «Wenn sie wirklich tüdelig ist, wird sie nicht schuldig gesprochen», sage ich, aber das beruhigt Arne wenig.
    «Die würden sie in eine Klapsmühle stecken», murmelt er.
    «Lass uns Oma ein bisschen beobachten», versuche ich die Emotionen weiter herunterzukochen. «Vielleicht ist es ja nur eine vorübergehende Krise.»
    «Und bis dahin?», fragt Arne.
    «Es muss immer jemand bei ihr sein», sagt Regina.
    «Wie soll das gehen?», seufzt Arne pessimistisch. «In der Saison komme ich erst abends vom Strand weg.»
    «Das ist doch schon mal was», sage ich. «Dann bist du abends dran.»
    Auch Regina sieht nur eine kleine Lücke in ihrem Terminplan: «Ich könnte in der Mittagspause.»
    «Dann ist das eben deine Zeit.»
    Regina widerspricht heftig: «Ich brauche aber meine Pause!»
    Es gibt Mütter und Töchter, die sich besser verstehen als Oma und Regina, das gilt für beide Seiten. Trotzdem, so gut kenne ich Regina, wird sie am Ende zuverlässig zur Stelle sein.
    «Ich muss im Augenblick Vollgas geben, damit ich finanziell über den Berg komme», erkläre ich. «Aber wenn wir alle mitmachen, schaffen wir das.»
    Arne nickt: «Mama soll nicht ins Heim.»
    «Was wäre denn mit Jade?», fällt mir noch ein.
    Entsetzen bei Regina: «Das ist absurd! Die ist doch noch durchgeknallter als ihr Vater.»
    «Nur weil sie sich anders anzieht als du?»
    «Dass sie aussieht wie eine Tote – geschenkt. Aber die ist krank im Kopf.»
    «Alles nur Fassade, im Grunde ist Jade eine nette Deern. Und Oma kann wirklich gut mit ihr.»
    Regina springt empört von der Bank auf. «Diese Krähe macht Mama doch depressiv.»
    «Du müsstest mal sehen, wie frisch Jade nach dem Aufwachen aussieht.»
    «Sollte ich sie auch nur einmal lächeln sehen, glaube ich dir sofort», sagt Regina.
    Ich schaue meine
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