Ein Stueck meines Herzens
Geist tauchte das flüchtige Bild von Hollis auf, der auf dem Beton aufschlug. »Warum denn, zum Teufel, nicht?« fragte er. »Vier Leute werden umgelegt, bloß weil ein psychopathischer Cousin will, daß sein Alter sein Baby in Pflege nimmt, und Sie verhindern, daß ein Gericht die Möglichkeit erhält, nach Recht und Gesetz mit ihm abzurechnen.«
»Jetzt hör’n Sie mir mal zu«, sagte der alte Mann geduldig. »Hätten Sie denn nicht den Cousin Ihrer eigenen Frau aufgenommen, wenn er das getan hätte und es Ihnen überhaupt keine Umstände gemacht hätte?«
»Nein!« sagte er.
»Also verdammt noch mal, Newel«, flüsterte der alte Mann wütend. »Das sollten Sie aber. Hier geht’s schließlich um die Familie!« Mr. Lamb warf ihm einen stechenden Blick zu und preßte seine knotigen kleinen Fäuste auf die Tischplatte, als ob er vorhätte, einen Kopfstand zu machen.
»Aber es ist Unrecht«, sagte er.
»Ich scheiße auf die Gesetze, verdammt noch mal.« Der alte Mann erstickte fast, weil er den Schall seiner Stimme innerhalb des halben Meters zwischen ihnen halten wollte. Seine Brille rutschte auf seine Nasenspitze herunter, und er rüttelte so heftig an dem Tisch, daß das ganze Zimmer vibrierte. »Ich mochte den Scheißkerl kein bißchen lieber, als Sie es getan hätten. Er hat drei meiner Welpen mit Thermometer-Quecksilber vergiftet und jede Flasche Sprit, die ich jemals hier draußen stehen hatte, geklaut und sie durch ein Brötchen gefiltert, damit er sich einen antütern konnte. Er war verrückter als ein kleiner Waschbär, aber ich hab ihn nicht der Polizei übergeben, bei Gott! Er war Mrs. Lambs Cousin.«
Mrs. Lambs Gesicht erschien unerwartet im Spalt der Vorraumtür, und sie warf beiden drohende Blicke zu. Sie hatte die Oberlippe zu einer straffen kleinen Falte der Verachtung gekräuselt. Plötzlich ließ sie die Tür wieder ins Schloß fallen, und der alte Mann war hin- und hergerissen zwischen seiner Wut und seinen Schuldgefühlen.
»Fidelia«, brüllte der alte Mann und hämmerte mit den Fäusten auf die Tischplatte.
In der Küche rührte sich nichts. Er sah Mrs. Lamb und Landrieu vor sich, wie sie schweigend in der abkühlenden Dunkelheit saßen, während sie beide in ihrer eigenen verschwörerischen Niedertracht zappelten.
Der alte Mann schnellte zu ihm vor, bereit zum nächsten Angriff.
»Was hätten Sie denn gemacht?« fragte er und hörte auf zu flüstern.
Er seufzte und erkannte, daß er der Bösartigkeit des alten Mannes einfach nicht gewachsen war. Was der alte Mann in unerschöpflichem Überfluß besaß, war genau das, was ihm fehlte. Und er fragte sich, wann seine eigene Bissigkeit eigentlich abgesaugt worden war, oder ob er sie überhaupt je besessen hatte, und wenn er sie besessen hatte, wohin sie verschwunden war. Und wenn er sie tatsächlich besaß, dachte er plötzlich, dann war sie jetzt mit Sicherheit vollkommen nach innen gerichtet, während die ganze Wut des alten Mannes wie Artillerie nach außen gerichtet war auf das Heer von Verstößen und Verrat, das ihn unter dauernder Belagerung hielt. »Ich hätte ihm einen guten Rechtsanwalt besorgt, wenn es einen gegeben hätte«, sagte er nüchtern, »hätte ihn auf Dementia Praecox plädieren lassen und ihm gesagt, daß er sich vor die Anklagebank stellen und sich wie ein Irrer aufführen soll.«
»Und wo liegt da nun der Unterschied zu dem, was ich getan habe, zum Teufel?« fragte der alte Mann. »Ich habe mir eine Lüge gespart, indem ich eine erzählt habe.« Der alte Mann schaute ihn an, als hätte er in seinem ganzen Leben nie etwas klarer gesagt, und als sollte er die Weisheit begreifen, die darin lag, und endlich klein beigeben. »Sie müssen erst Ihren Rechtsanwalt fragen, bevor Sie einen fahren lassen, was, Newel?«
»Vier Leute sind umgebracht worden«, sagte er müde.
»Choctaws«, sagte der alte Mann verächtlich. »Sie sind mit seinem Baby getürmt und haben ihn verjagt, als er gekommen ist, um es sich wiederzuholen.«
»Ich weiß«, sagte er.
»Teufel noch mal«, sagte Mr. Lamb. »Sie sind ein Fisch, Newel, bei Gott. Sie gehören oben in den Lake Michigan, wo es kalt und feucht ist, und nicht hier unten hin, wo die Menschen Blut haben.« Er warf sich in seinem Stuhl zurück, als hätte ihm jemand einen Kinnhaken verpaßt.
»Was ist aus ihm geworden?« fragte er.
Mr. Lamb blinzelte, als wäre er überrascht, daß er noch sprechen konnte. »Wer?« fragte er.
»John.«
»Er ist gestorben, das ist aus
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