Ein Stueck meines Herzens
hochrot waren und er völlig überdreht aussah. Er kam zu ihm und erzählte ihm, daß sie beide mit dem Mädchen eine Tour im Auto machen würden, hinüber nach Louisiana in die Baumwollfelder, und daß das Mädchen es mit beiden machen würde, weil sie ein typisches Vicksburgmädchen wäre und nichts lieber täte. Aber als Roscoe das Mädchen fragte, ob das so in Ordnung wäre, sagte sie nein und drohte ihm ernsthaft, und Roscoe kam und sagte, von ihm aus könnten sie abhauen. Sie fuhren mit dem Wagen wieder zum Fluß hinunter und durch die dunklen backsteinroten, von Murmeln erfüllten Straßen bis zum Fuß des Hügels. Und als sie zweimal um denselben Block gefahren waren, ließ Roscoe den Wagen langsam an einem Haus vorbeirollen, in dessen Fenster ein Weihnachtsbaum stand, an dem bloß winzige blaue Lämpchen blinkten, und er pfiff in die Nacht hinein und hielt an. Sofort kam ein Neger an die Fliegentür und pfiff, und sie parkten den Wagen und gingen hinein. Im Haus roch es nach Desinfektionsmitteln, und es war heiß, obwohl es in den Straßen kühl war. Roscoe sagte, daß sie beide zusammen einen Dollar und achtundsechzig Cent hätten und gern wissen wollten, was dem Mann dabei wohl in den Sinn komme. Der Mann zeigte ihnen ein mieses Lächeln und sagte, sie hätten Glück, daß sie noch am Leben wären, wo sie doch so viel Geld dabei hätten, und daß sie sich, wenn’s nach ihm ginge, damit nicht mal den sicheren Abgang durch die Haustür kaufen könnten, aber sie sollten sich ruhig mit der Frau in dem Zimmer anfreunden. Als sie in das Zimmer kamen, gab es dort Jesusbilder, die hinter einen Schminkspiegel gesteckt waren, und ein schmales Bett mit einer Chenille-Tagesdecke, und es war heiß. Die Frau, die nett war und ihn stark an Damen erinnerte, die er an der Northwest Street auf Busse hatte warten sehen, sagte, daß ein Dollar achtundsechzig nicht gerade viel sei, aber sie habe gerade nichts zu tun, also zog sie ganz einfach ihr Kleid hoch und legte das Kleingeld auf den Nachttisch, und zuerst tat er es und setzte sich dann in den Stuhl am Fußende des Bettes, während Roscoe Sampson es tat und seine Hoden gegen den Körper der Frau sprangen wie Erbsen in einem Sieb. Und danach stand die Frau auf und ging in die Ecke hinter der Tür und hockte sich über eine Waschschüssel und säuberte sich mit einem starken, nach Kiefern duftenden Desinfektionsmittel und einem gelben Schwamm, der wie die Dielen roch, und sagte, es sei das Beste, was es gebe, wenn man sich an das Stechen gewöhnte und an das komische Gefühl, das es einem weit oben im Bauch gab.
3
Der Morgen barst von Schrotflintenschüssen, die zwei Meter von der Tür der Gin Den entfernt abgefeuert wurden. Robard war vor Sonnenaufgang aufgestanden, hatte sich angezogen und war in der Dunkelheit verschwunden. Er war vom Anspringen und Stottern von Robards Jeep aufgewacht, und für eine Stunde war es dann ganz still im Haus. Dann feuerte plötzlich jemand eine Schrotflinte vor der Tür ab und stieß ein fürchterliches Geheul aus und machte Geräusche, als wär’s der Nationalfeiertag. Er setzte sich auf, hielt seine Decke fest und schaute hinaus, indem er sich an den Türpfosten lehnte. Die Sonne schmerzte in seinen Augen. Sie warf ihre Strahlen von unten durch die niedrigen Äste, so daß es peinigend war, wenn man mehr als einen halben Meter weit sehen wollte. Hinter den Bäumen war die Landebahn gelb und leuchtend wie Weizen. Ein Dunststreifen hing einen halben Meter über den Yuccablüten. Die Fahrradreflektoren blitzten und zuckten bis hin zur fernen Baumreihe, und das alles machte das Sehen zu einer Qual.
Mr. Lamb war zwanzig Meter von der Tür entfernt, blickte in die andere Richtung auf das Buschwerk zwischen den größeren Bäumen und der Landebahn und stapfte hinunter in das Gestrüpp der Apfelbeeren, eine Schrotflinte im Arm. Er trug seinen alten Segeltuchmantel und eine Holzfällermütze mit roten Ohrenschützern, die oben auf der Mütze zusammengebunden waren. Vor Mr. Lamb entdeckte er Elinors dünnen Schwanz, hoch aufgerichtet und zur Seite gebogen, der über dem Unkrautdickicht zitterte, aber sonst war von ihrem Körper nichts zu sehen. Hinter dem alten Mann, der ehrfürchtig und besorgt auf Elinor einredete, als erwartete er, daß gleich ein Kaffernbüffel schaukelnd aus dem Dickicht bräche, stand Landrieu, offenbar wieder versöhnt, der sich lässig in einem Overall aufgepflanzt hatte und eine schlaff herunterbaumelnde Zigarette
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