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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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weiterhin sehen konnte, selber aber vom Haus aus nicht mehr zu sehen war. Er beobachtete, wie Landrieu an das Geländer der Veranda trat, Wasser aus einer Pfanne in den Hof schüttete und wieder verschwand. Er dachte, daß der alte Mann vielleicht beschlossen hätte, ein Nickerchen zu machen, und das Angeln vergessen hätte und daß er nach einer Weile einfach reinkommen und auf Wiedersehen sagen und sich wieder übersetzen lassen könnte, um dann den Bus zu nehmen.
    Er ging parallel zur Straße, hielt sich bis zum Rand des Flugplatzes im Dunkel des Waldes, kehrte, da er nun vom Haus aus nicht mehr zu sehen war, wieder zur Straße zurück und hielt auf den See zu. Die Sonne verbarg sich nun hinter einigen fleckigen dunkelbäuchigen Wolken, und die Schatten glitten über die Straße hin, enthüllten die Sonne, so daß ihr Licht direkt auf den Weg fiel, verdeckten sie aber sogleich wieder. Hinter dem Wald lag ein weiteres kleines Grundstück, das von Bäumen gesäumt war, und das struppige Gras war übersät von violetten Disteln, die über das Unkraut hinwegragten und geräuschvoll hin und her schwankten, obwohl scheinbar gar keine Brise wehte. Er dachte, er hätte Robards Jeep gehört, und lauschte, aber das Geräusch war verklungen, und er konnte bloß ein stilles Zischen im Wald hören. Er schaute zum Haus hinüber, entdeckte nichts auf der Straße und ging weiter. Im nächsten Wäldchen war ein rosa Salzblock an eine hölzerne Futterkrippe gebunden. Im Umkreis war alles niedergetrampelt, und die Borke war wie Schorf von den Bäumen gelöst und die niedrigen Äste waren angeknabbert und abgekaut, aber es war kein Tier zu sehen.
    Er ging weiter, bis er den warmen fischigen Geruch des Sees wahrnehmen konnte und den Aussichtshügel erreichte, wo der Jeep gestanden hatte, und fand eine sandige Stelle und setzte sich. Er war gewillt, so lange zu bleiben, wie er es aushalten konnte.
    Er schaute verträumt über den See und auf das Lager, das fünfhundert Meter entfernt hinter einer Reihe von Weiden lag, die der Baumreihe neben ihm vollkommen glich, nur spärlicher war. Er konnte erkennen, daß sich dort drüben etwas bewegte, zwei Gestalten, die drei Viertel des Weges zwischen dem Anleger und Gaspareaus Arbeitshütte zurückgelegt hatten. Er nahm an, daß einer von beiden Gaspareau war, und versuchte zu erraten, welcher es war, und meinte, daß es wohl die breitere Gestalt in dem hellen Hemd wäre, die sich dem anderen Mann zugewandt hatte und zur Insel zeigte, mehr oder weniger auf die Stelle, wo er saß, was in ihm ein prickelndes Gefühl auslöste, als ob die beiden Gestalten gerade besprächen, was sie mit ihm tun würden, wenn sie ihn je zu fassen kriegten. Er dachte an Gaspareaus kleines rotverschorftes Sprechloch, das Geräusche hervorrülpste, wenn er auf den kleinen metallenen Rettungsring drückte, und fragte sich, was er wohl sagte und zu wem und ob die Freunde vom alten Mr. Lamb nun doch noch mit einem Tag Verspätung angekommen waren. Die zwei Gestalten kamen hinunter auf den Anleger und liefen vor, als wollten sie in eines der Boote steigen. Er erkannte, daß der eine, den er für Gaspareau gehalten hatte, wirklich Gaspareau war. Er zeigte zum Anlegeplatz im Schlick hinüber, wedelte mit seinem Stock wie mit einem Zeigestock und zeigte dem anderen, der größer und leicht gebeugt war, ganz genau, wie er fahren müßte, wenn er auf die Insel wollte. Er überlegte daraufhin, ob Gaspareau einen Wilderer auf die Insel schickte, wie Mr. Lamb es die ganze Zeit immer argwöhnte, und damit all die ausdrücklichen Anweisungen und Drohungen von Mr. Lamb arrogant mißachtete. Und es war komisch, sich vorzustellen, daß der alte Mann einen Mann einstellen mußte, um einen anderen überwachen zu lassen, der besser bezahlt wurde. Kurze Zeit später gingen die beiden Gestalten wieder vom Anleger herunter und verschwanden in Richtung von Gaspareaus Hütte, wo er sie im Geflecht der Weiden aus den Augen verlor.
    Nach einer Weile sah er ein dunkles Auto, das über den Damm zurückfuhr und eine Staubwolke hinter sich herzog und in den Feldern verschwand. Im Lager rührte sich nichts mehr. Der Halbkreis der Hütten und die verstreuten, auf das Ufer gezogenen Ruderboote lagen in der Sonne, und im Netzwerk trüber Schatten wirkte alles wie ausgestorben, und die Möglichkeit, daß sich noch einmal etwas regte, schien gering. Er fragte sich, was für schmutzige Geschäfte Gaspareau wohl vom Bootscamp aus führte, Gaspareau, der

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