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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Mann im sepia schimmernden Tageslicht amüsierte ihn. Wenn er einen Bleistift hätte, dachte er, würde er schreiben, »Sei zu Haus – Robard«, und sie in den ersten Briefkasten werfen, an dem er vorbeikam. Und dann würde sie vielleicht warten, bis er nach Hause kam, eine Art Versprechen.
    Der Wind begann, vom See herüberzuwehen. Er konnte den Luftsack auf der Landebahn hochflattern sehen, und der Trichter zeigte nach Osten. Die Wolken waren schwarz und rollten schnell dahin, und die Luft wehte in verschiedenen Richtungen zwischen den Bäumen und unter dem Haus hindurch. Elinor wachte auf, wälzte sich herum und verzog sich hinter einen der Pfeiler.
    Auf einmal hörte er das Stottern des Jeeps im Wald und ging hinter die Gin Den, um nach ihnen Ausschau zu halten, und der Wind blähte sein Seidenhemd auf, und sein Rücken wurde kalt.
    Zuerst konnte er bloß Newels nackte Schultern erkennen, die über das Steuerrad gebeugt waren, als würde er den Willys mit seiner bloßen Armkraft vorwärts und aufs Haus zutreiben. Als sie näher kamen, bemerkte er, daß Newels Gesicht in einem seltsamen verzweifelten Ausdruck erstarrt war, den er noch nie an ihm gesehen hatte, als hätte Newel den alten Mann verärgert stehengelassen und wäre allein zurückgekommen. Aber schließlich konnte er die Füße des alten Mannes erkennen, seine Nylonsocken waren über die Knöchel gerutscht, und die Füße ragten nebeneinander über die Heckklappe wie die beiden Ständer einer Trittleiter. Und anscheinend war überhaupt keine Eile geboten. Newel fuhr mit dem Jeep bis zu ihm hin, warf ihm denselben verzweifelten Blick zu und ließ sich zurück in den Sitz fallen.
    Er schaute über die Ladekante und sah, daß Newels blaues Hemd über das Gesicht des alten Mannes gebreitet war. Mr. Lambs Körper wirkte ganz mager, und seine Handgelenke und Knöchel waren in der Zeit, die es gebraucht hatte, um ihn nach Hause zu schaffen, blau geworden. Er verspürte den heftigen Drang, einen Blick auf sein Gesicht zu werfen, sah aber statt dessen zum Fenster hinauf und bemerkte, daß das Glas jetzt dunkel und trüb wie Sumpfwasser war. Und so konnte er nicht sicher sein, daß Mrs. Lamb nicht schon hinausschaute und den alten Mann erblickte, bevor sie sich gefaßt hatte.
    Der Wind fegte unter dem Jeep hindurch und stob weiter über den Hof, so daß Newel eine Grimasse schnitt und eine Gänsehaut bekam.
    »Was ist denn zum Teufel mit dem passiert?« fragte er.
    »Der alte Knacker hat sich selber ’nen tödlichen Stromschlag verpaßt«, sagte Newel und rieb sich unterm Steuer die Hände. »Spielt da mit seinem verdammten Kasten rum, und als nächstes greift er sich die Kabel und fällt auf die Schnauze. Er sagte noch ›uups‹.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Uups.« Newel lächelte kläglich.
    Er schaute unglücklich zum Fenster hoch. »Ich hol den Nigger. Bring ihn hinter die Hütte.«
    Er trottete mit dem Wind im Rücken zu Landrieus Haus und ging geradewegs hinein. Landrieu kauerte auf der Bettkante, starrte in einen riesigen Fernseher und warf ihm einen Blick vollkommener Entrüstung zu, so als wäre es Landrieu absolut unbegreiflich, wie jemand sein einziges gutes, sicheres Versteck betreten konnte.
    »Waswollnsie?« sagte Landrieu und umklammerte die Zipfel seiner Bettdecke, als wollte er sich das Bettzeug über den Kopf ziehen. Über dem Bett hing ein großes Foto von Landrieu, auf dem er viel jünger war, eine Baseballuniform trug und lächelte.
    »Er ist tot«, sagte er laut, trat aus dem Wind heraus, und der Geruch von Landrieus Zimmer, das warm war und nach ranzigem Speckfett roch, stieg ihm in die Nase. Der Fernseher lief viel zu laut.
    »Wer?« Landrieu war aufgestanden und versuchte, an ihm vorbei durch die Tür zu sehen.
    »Mr. Lamb«, sagte er über den Lärm des Fernsehers hinweg und atmete die ungesunde Luft ein. »Sie müssen zu der alten Lady hin, bevor sie ’n Koller kriegt.« Der Wind schlug ihm die Tür aus der Hand und knallte sie gegen die Wand.
    Landrieu wurde ganz ernst. Sein linkes Auge schloß sich und seine Wangen schwollen an. »Wo ist er?« fragte er und versuchte immer noch, sich aus der Tür zu beugen.
    »In dem verdammten Jeep.« Er trat zur Seite, so daß Landrieu sehen konnte, wo Newel den Jeep hinter die Gin Den gefahren hatte. Landrieu machte einen vorsichtigen Schritt zur Tür hin, schaute hinaus, sah nichts, marschierte dann direkt in den Hof hinaus, stopfte sein Hemd in den Overall und schniefte. Er ging hinüber zum

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