Ein Stueck meines Herzens
Hahn.
»Das ist er nich’«, sagte sie mit einem listigen Lächeln. »Der is’ dahinten.« Sie deutete hinter sich.
Sie ging an zwei leeren Stallverschlägen vorbei zurück zu dem Käfig, aus dem sie gerade herausgekommen war. Vor dem letzten blieb sie stehen und zeigte hinein auf einen großen, fuchsrot gefärbten Luchs, der sich im Staub räkelte und ins Nichts starrte. Das Mädchen sah erst den Luchs an und dann ihn, als ob sie ein Kompliment erwartete. Er betrachtete den Luchs einen Augenblick lang aufmerksam und empfand einen kurzen kalten Schauder, der mit wilden Tieren zu tun hatte und mit dem Verdacht, was eins von ihnen einem antun könnte, bevor man sich auch nur umgedreht hatte. Auf dem Käfigboden, beinahe vor seinen Füßen, saß ein großer langknochiger Eselhase, der auf seinen Keulen hockte und die Wildkatze still beäugte. Seine dürren Rippen waren an den Draht gepreßt, so daß sich Fellbüschel in winzigen Sechsecken hindurchgedrückt hatten.
Er schaute das Mädchen an und wartete darauf, daß sie etwas Erklärendes sagte.
Leo begann zu keuchen, und Fäden dicken, klaren Speichels liefen von seiner Zunge in den Staub. Er schien sich für den Hasen nicht zu interessieren, obwohl der Eselhase sich anscheinend intensiv für ihn interessierte und ihn anstarrte. Seine dünnen Öhrchen zuckten nervös herum, und seine Nase prüfte die Luft, als wollte er den Ernst seiner mißlichen Lage abschätzen.
Er trat zurück, starrte auf den Hasen und sagte nichts, aber einen Augenblick später fiel ihm etwas an Leo auf, das er vorher nicht bemerkt hatte. Die rechte Hinterpfote fehlte vom Gelenk abwärts, und der Stumpf war mit dickem rötlichem Haar verfilzt und so hinter der Vorderpfote plaziert, als ob er die gleiche große fleischige Pfote besäße.
»Was hat er denn mit seinem Bein gemacht?« fragte er, stützte sich auf seine Knie und starrte auf das verkürzte Bein der Wildkatze.
»Das hat der von Geburt an«, sagte das Mädchen und schaute Leo so an, wie er mal einen Händler auf Gebrauchtwagen hatte schauen sehen. »So ’n Hinterwäldler hat ihn Dad in Missouri gegeben. Der hatte ihn halb verhungert in einem hohlen Baumstamm gefunden.« Sie rümpfte die Nase, als wäre daran irgend etwas Ekliges. Sie hockte sich auf die Fersen und bohrte die Finger durch den Draht und rief nach der Katze, die sich auf den Rücken rollte, hin und her rutschte und die Vorderbeine steif in die Luft streckte. »Komm her, Leo«, sagte sie, und die Katze entspannte sich und sah zu ihr hin, mit verdrehtem Kopf und halb geöffneten leuchtenden Augen. Der Hase schaute sie unverwandt an und drückte sich, wo sie hockte, in die Ecke.
»Der glaubt, ich rufe ihn.« Sie kicherte. »Hofft er bestimmt.«
»Daran hab ich gar keinen Zweifel«, sagte er.
Der Hase begann wieder, die Entfernung abzuschätzen. »Haben Sie meine Waschbären gesehen?« fragte sie, stand auf und ging an der Käfigreihe entlang bis dorthin, wo die Waschbären den Draht zierten.
»Die hab ich schon gesehen«, sagte er.
Er blickte zurück zu dem Hasen und hatte den Impuls, die Tür aufzustoßen, aber die Wildkatze irritierte ihn, wie sie sich halbwach im Staub räkelte und darauf wartete, daß irgend jemand genau das versuchte. Er folgte dem Mädchen die Käfigreihe hoch.
»Wir haben uns die zwei Alten besorgt«, sagte sie, »und die anderen kamen dann einfach von alleine.« Sie schaute ihn an, als wollte sie sehen, was er dazu sagte. »Ich verkauf Ihnen die für sechzig Cent das Stück.«
Er konnte die Fäulnis riechen, die der erste Käfig ausströmte. »Glaube nicht«, sagte er.
»Doch, mach ich«, sagte sie und sah ihn geschäftstüchtig an.
»Den Hasen würd ich kaufen«, sagte er.
»Der ist nicht zu verkaufen«, sagte sie, blickte hinaus über die leere Straße und senkte langsam ihren Blick auf den Pickup, der im fahlen Sonnenlicht dastand. »Ist das Ihr Pickup?«
Er musterte den Pickup. Er sah aus, als wäre er aus einem vorbeifliegenden Flugzeug abgeworfen worden. »Ja«, sagte er.
»Können Sie Ihren eigenen Pickup nicht reparieren?«
»Der Wagen der Frau muß repariert werden. Nicht der Pickup.«
»Lonnie kommt erst heute abend wieder zurück«, sagte sie. »Aber dann repariert er bestimmt nichts mehr. Ist dann zu dunkel. Er hätte nicht genug Licht.«
»Wer ist denn sonst noch hier?« fragte er und hatte das Gefühl, hingehalten zu werden.
»Niemand«, sagte sie. »Er ist in Tucumcari. Wird aber total besoffen sein, wenn er
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