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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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einzige andere Eintragung war ganz oben auf der Seite und mit Bleistift in Großbuchstaben geschrieben und lautete » RAMONA ANELIDA WHEAT, THE QUEEN «.
    Das Mädchen führte sie zwischen zwei Reihen aufgestapelter Wienerwürstchen und Wheat Chex hindurch, durch eine grüne Portiere und zwei Treppen hoch, wo es still war und noch heißer und für sein Empfinden so roch wie in einem Kühlschrank, der verschlossen in der Hitze stehengelassen worden war. Sonnenlicht fiel auf ein grünes Linoleumquadrat, und im Zimmer glühte es wie in einem Backofen. Ein braunes Metallbett stand darin, eine gedrechselte Kommode mit einem Deckchen, ein Stuhl und ein Deckenventilator mit einer Strippe, dem ein Flügel fehlte.
    »Machen Sie bloß ein Fenster auf«, sagte das Mädchen, blinzelte in der Hitze und hielt ihren Pferdeschwanz hoch, damit die heiße Luft entwich. »Es wird kühler, wenn die Sonne untergeht. Sie werden noch nach ’ner Decke schreien.«
    »Gibt’s denn hier keine Toilette?« fragte Jimmye. In der Hitze sah sie verzweifelt aus.
    »Der Ventilator da geht.« Das Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen und riß an der Strippe. Der Motor summte, als arbeite er schwer, aber die Flügel rührten sich nicht. »Das Klo ist unten«, sagte sie. »Wir haben zwei.«
    Er ging ans Fenster, stemmte es hoch und trat zurück, um Luft hereinzulassen, aber es war völlig windstill. Der Pickup auf dem Hof sah verlassen aus, und auf der Motorhaube spiegelte sich die Sonne. Er versuchte, sich klarzumachen, was ihn eigentlich hierher verschlagen hatte, in dieses Zimmer, denn eigentlich hätte er auf dem Highway und schon unterwegs sein sollen. Er konnte es sich einfach nicht erklären.
    »Gibt’s denn hier kein Waschbecken?« fragte die Frau.
    »Im Klo«, sagte das Mädchen. »Ich stell auch ein Glas rein. Lonnie ist heute abend wieder da. Sie werden ihn bestimmt hören. Wenn er kommt, wird’s nämlich ziemlich laut. Er läßt sich vollaufen wie ein Loch.«
    »Ich kann’s kaum erwarten«, sagte die Frau und ließ sich aufs Bett fallen. »Was macht er denn sonst noch?«
    »Nichts«, sagte das Mädchen. Ihre Kinnlade fiel herunter, und sie schob sie vor und zurück, während sie die Frau anstarrte. »Checkout ist um halb acht. Sonst müssen Sie noch einen Tag bezahlen.« Sie warf den Schlüssel auf die Frisierkommode und schlug die Tür hinter sich zu, bevor die Frau noch irgend etwas sagen konnte.
    »Morgens oder abends?« schrie sie, aber die Worte gingen im Türenschlagen unter. »Du kleine Pussi. ’ne Mini-Puffmutter – ist das nicht zum Kotzen?« sagte sie.
    Er stand da und starrte hinunter auf seinen Pickup.
    »Ich kenne dich«, sagte sie, lachte und rotierte leicht auf dem Bett. »Du hast ein Auge auf die kleine Fotze geworfen.«
    Er kam herüber und stand vor der Kommode, sah sie an und seufzte, die Hände in den Hosentaschen, und überlegte, ob es fair wäre, sie einfach da sitzen zu lassen, eine Cola holen zu gehen und nicht mehr wiederzukommen.
    »Wo guckst du denn hin?« fragte sie, ließ sich auf das Bett zurücksinken und musterte ihn böse.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wieso schüttelst du denn deinen widerlichen Kopf?«
    »Wegen nichts«, sagte er und versuchte, nicht mehr zu denken.
    »Du denkst wohl, du bist ’n besonders scharfer junger Typ, was?« sagte sie.
    »Darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht«, sagte er.
    »Oh doch, das hast du«, sagte sie. »Du dachtest, du wärst zu gut, ums mit mir zu treiben, aber da hab ich schlechte Nachrichten für dich – du warst es nicht.« Ihre Augen waren wieder ganz rund geworden, und sie sah erschrocken aus. »Du bist genau auf meinem Niveau. Du hast vielleicht ’ne Weile gebraucht, dahin zu kommen, aber jetzt bist du da, kapiert.« Sie ließ sich auf ihre Ellbogen sinken.
    »Woher hast du diesen blauen Fleck an deinem Hals?« fragte er.
    »Den hat er mir verpaßt«, sagte sie stolz. »Und das is’ auch kein  blauer Fleck . Weißt du nicht, was ’n Knutschfleck ist, Robert? Hast du gedacht, mich hat einer verdroschen?«
    »Ich hab nicht drüber nachgedacht«, sagte er.
    »Hast du wohl nicht.« Sie fingerte herum, als glaubte sie, daß sie den Fleck ertasten könnte.
    Der Ventilator hatte sich zu drehen begonnen. Er griff sich den Stuhl und stellte ihn neben das Bett. Er setzte sich, die Ellbogen auf die Knie gestützt und sein Gesicht in den Händen verborgen. Sie lächelte ihn an, und er wußte, daß sie alles wußte.
    »Willst du weiter wütend auf mich

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