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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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konnte bloß seinen Schatten erkennen, der über den klobigen Konturen der Ebene aufragte. Er wollte sich das einfach aus dem Kopf schlagen, was Newel da aufzurühren versuchte, und sich auf den Moment konzentrieren, wenn alles überstanden wäre.
    »Das war nicht zufällig der Ehemann von Ihrer kleinen Freundin, was?« fragte Newel.
    Er hielt immer noch nach dem Laden Ausschau. »Jetzt lassen Sie mich doch endlich in Frieden, ja?« Seine Haut begann zu jucken, und er konzentrierte sich auf das dunkle kleine Quadrat, das immer deutlicher aus dem Sturm hervortrat.
    »Im Staate Arkansas ist ein Mann, der die Frau eines anderen Mannes vögelt, Freiwild, wenn er in flagranti ertappt wird«, sagte Newel.
    »Sie müssen schon Klartext mit mir reden«, sagte er.
    »Mein Großpapa kannte einen Mann in Little Rock namens Jimmy Scales, der seine Frau erschossen hat, als er sie im Bett mit einem anderen Mann überraschte. Der Kerl sprang auf und kletterte aus dem Fenster und rannte wie von der Tarantel gestochen die Straße runter und bei Walgreen’s rein, um sich ein Taxi zu bestellen, und als das Taxi kam, ist der Mann in seiner Unterwäsche rausgekommen, und Jimmy Scales hat ihm ins Auge geschossen. Und als er vor Gericht gestellt wurde, befand die Jury ihn des Totschlags für schuldig, weil er den Mann in einem Anfall von Wut erschossen hat. Wegen der Frau haben sie nicht mal Anklage erhoben. Der Richter hat das Urteil aufgehoben und hat ihm ’nen Vortrag darüber gehalten, daß er ’n bißchen zu voreilig wäre. Der Mann ist Urintester an der Hot Springs-Pferderennbahn, und zwar immer noch, wenn er nicht wie jeder Mensch inzwischen gestorben ist.«
    »Ist es das, was Sie machen wollen, wenn Sie ’n großkotziger Rechtsanwalt geworden sind – die Richter damit zu unterhalten, wie sie in Arkansas Recht sprechen? Ich finde, Sie sollten sich was Besseres ausdenken.«
    Newel verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Ich dachte, es könnte Sie vielleicht interessieren.«
    »Warum, verdammt noch mal, können Sie denn nicht einfach mal ’nen Punkt machen, Newel? Wenn ich hier unbedingt meine geheime Nummer abreißen will, warum lassen Sie mich das nicht tun?«
    »Weil es so verdammt bescheuert von Ihnen ist, sich so lange an die Frau von jemand anders ranzumachen, bis Sie den soweit haben, daß er Jagd auf Sie macht. Wissen Sie denn nicht, daß das genau das ist, was absolut  nicht  passieren darf? Wenn man allerdings der Meinung ist, daß die ganze Welt eigentlich bloß auf irgend ’nen obskuren Fick hinausläuft, dann ist es wohl das, was garantiert passiert. Ich könnte es nicht mit ansehen, daß Ihnen irgendwas zustößt, Robard, weil Sie, bis Sie’s kapiert hätten, schon längst tot wären.«
    »Das werden Sie schon nicht«, sagte er und beobachtete, wie der Laden schließlich am Straßenrand auftauchte.
    »Was werde ich nicht?«
    »Sie werden schon nicht mit ansehen müssen, daß mir irgendwas zustößt«, sagte er, »weil Sie in Ihrem Zug sitzen und bestimmt nicht an  mich  denken werden. Und ich werd verdammt sicher auch nicht an Sie denken.« Er bog ab und tuckerte unter die Markise zwischen den Tanksäulen und dem Haus. Mrs. Goodenough stand in der Doppeltür und lächelte, als hätte sie Großes mit ihnen beiden vor. Er hielt Newel seine Hand zum Abschied hin. »Also, Newel, ich möchte, daß Sie da oben die ganze Menschheit retten, kapiert?«
    Newel nahm seine Hand und nagelte ihre Hände so auf seinem Sitz fest, als wollte er sich selbst am Gehen hindern. »Leck mich am Arsch«, sagte Newel, riß seine Hand weg, sprang unter der Markise hervor in den Regen und eilte dann in den Laden hinein, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Er langte hinüber und zog die Tür zu, atmete einmal durch und schaute zu, wie Mrs. Goodenough die Tür schloß, tuckerte dann wieder unter der Markise hervor und schwenkte zurück in den Regen auf Helena zu.

3
    Bei den ersten Häusern von Helena ließ der Regen bereits nach. Unter der Markise des Drive-In, in dem er gegessen hatte, gingen die Lampen an. Autos standen unter der Markise, und ihre Lichter blinkten langsam.
    Die Ungewißheit machte ihn nervös und zwang ihn, immer wieder die Straßen entlangzuspähen, als ob sich irgend etwas gleich auf ihn stürzen wollte. Und wenn es tatsächlich W. W. war, der sich da aufgemacht hatte und die ganze Gegend nach ihm durchforstete, wo, versuchte er sich klarzumachen, würde er wohl am wenigsten

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