Ein Stueck meines Herzens
entlangschrappen.
»Ich laß lieber sie im Stich als mich!« schrie er, und Newel machte ein wütendes Gesicht und verschwand unter seiner Segeltuchplane.
Als der Anleger schließlich in Sicht kam, stand das Wasser schon fünf Zentimeter hoch im Boot und schwappte hin und her. Der Traveler lag so niedrig in der Fahrrinne, daß der Motor am Grund entlangscheuerte und plötzlich mit einem Knall hochschlug, der Landrieu einen Schreck versetzte und ihn fast von seinem Sitz schleuderte. Er sah einen Augenblick lang ganz verwirrt aus, machte dann aber Newel ein Zeichen, daß er aus dem Boot klettern und loswaten sollte. Newel kauerte sich nur noch mehr zusammen, schüttelte den Kopf und zeigte auf den Anleger. Landrieu machte ein Gesicht, als hätte man ihn beschimpft, und schoß noch einmal sechzig Meter auf den See hinaus, drehte, fuhr wieder heran und näherte sich dem Anleger von oben, ließ das Boot gekonnt gegen den Schweller gleiten, stieß dumpf gegen die Autoreifen und stellte den Motor ab.
Er stieg aus, band die Fangleine fest und machte sich, während Landrieu schon voraushumpelte, auf den Weg zu Gaspareaus Hütte, in deren vorderem Zimmer Licht brannte.
Er ließ dann aber Landrieu allein weitergehen, der sich mühsam vorwärtskämpfte, während er in den Pickup schlüpfte und sich eine Zigarette herausholte. Newel stieg auf der anderen Seite ein und ließ die Plane im Regen liegen.
»Wo wollen Sie hinfahren?« fragte Newel, rubbelte sich das Gesicht ab und wischte dann seine Hände an seiner Tweedjacke ab.
Er blies den Rauch gegen die Windschutzscheibe und beobachtete, wie er sich am Glas niederschlug. »So ’n Motel«, sagte er.
»Ach, wollen Sie Ihren Schatz treffen?« fragte Newel mit einem anzüglichen Grinsen.
»Mann.« Er ließ die Zigarette von seiner Lippe baumeln, während er sich aus der Regenjacke wand und sie hinter den Sitz stopfte. »Warum lassen Sie mich nicht endlich in Ruhe?« Er fühlte in seiner Tasche nach, um sich zu vergewissern, daß die Karte nicht durchweicht war, lehnte sich dann zurück und klemmte seine Knie gegen das Armaturenbrett.
»Ich habe das Gefühl, daß Sie Mist bauen werden«, sagte Newel und riß die Augen auf, um besser zu sehen.
»Wo wollen Sie hin?« fragte er.
»Chicago.«
»So weit fahr ich nicht. Ich setz Sie am Laden ab.«
Newel nickte und sah unglücklich aus.
»Wollen Sie einer von diesen großkotzigen Rechtsverdrehern werden, die ’ne Menge Kohle machen?« Er fischte seinen Schlüssel heraus und steckte ihn in die Zündung.
»Ja, so ungefähr.«
»Wenn ich das Geld hätte, würde ich mir ja ’nen neuen Pickup kaufen.«
»Schrauben Sie denn auch Ihr Nummernschild wieder an?« fragte Newel.
»Eins wird erst mal reichen.«
»Geht mich ja auch nichts an«, sagte Newel.
»Vielleicht kommen wir ja bis zum Highway, ohne daß Sie sich das noch mal anders überlegen.« Er warf den Pickup an und schaute zu, wie die Zeiger am Armaturenbrett hochkletterten.
»Aber eins noch«, sagte Newel ernst. »Sie glauben doch nicht wirklich, daß man ein Problem am besten dadurch löst, daß man’s einfach vergißt, oder?« Newel starrte ihn an. Sein Gesicht glänzte, und die Haut war ganz weich.
Regen prasselte auf den Pickup. Er schaltete die Scheibenwischer an und schuf gerade soviel Sicht, daß er Gaspareau erkennen konnte, der auf die Veranda trat und sich mit Landrieu unterhielt, der in seinem gelben Zeug im Regen stand. Er sah Newel an. »Wenn Sie an ’nem Punkt sind, wo’s nichts anderes mehr gibt, dann ja«, sagte er.
»Und bin ich an so ’nem Punkt?«
»An was für einem?«
»Am Ende mit meinem Latein?«
»Klar«, sagte er und lächelte. »Das denk ich schon lange.«
Newel kaute auf seiner Backe herum und schaute nach vorn.
Er ließ den Pickup neben Mr. Lambs Continental herausrollen und bis dorthin tuckern, wo Gaspareau Landrieu zuhörte und den Finger jedesmal auf seine Scheibe stieß, wenn er etwas sagen wollte. Als der alte Mann sah, daß der Pickup auf der Höhe seines Hauses war, wedelte er mit seinem Stock und ging los und ließ Landrieu im Regen stehen.
Gaspareau stapfte bis zu seiner Bombe vor und steckte sein Gesicht ins Fenster, wobei er Newel mit einem säuerlichen Blick bedachte. Er hatte seinen Hut mit der grünen Sonnenblende aufgesetzt, und der Regen sammelte sich darauf und tropfte hinunter.
»Hör’n Sie mal«, sagte Gaspareau mit erstickter Stimme, nachdem er Landrieu einen Blick zugeworfen hatte. »So ’n Typ ist heute
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