Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
Vom Netzwerk:
der Straße lagen nun wieder Bungalows mit niedrigen Veranden, alten Chevrolets im Hof und Motoren, die an Flaschenzügen aufgehängt waren.
    »Sie sind beide weg«, sagte sie, nibbelte an einem Lippenstiftpartikel herum und verschmierte noch einen Zahn. »Er hat ein Lungenemphysem gekriegt oder wie das heißt und ist nach Tucson gezogen.« Sie sah unzufrieden aus. »Denen hab ich nie geschrieben. Nur dir.« Sie schob die Unterlippe vor und verzog das Gesicht.
    Er begann, nach einem Briefkasten zu suchen. Er bog wieder in die Straße ein, auf der er in die Stadt gekommen war, und fuhr dann den Weg auf den Hügel zu. An der ersten Ecke steuerte er den Pickup über die Straße, hielt direkt neben einem Briefkasten und warf die Karte in den Schlitz.
    »Was zum Teufel war das denn?«
    »Jackie.«
    »Und was stand da drauf?«
    »Daß ich mich auf den Weg mache.«
    »Ha«, schnaubte sie.
    Er wendete und fuhr zurück auf die Straße. »Wir zwei beiden fahr’n heute abend nach Memphis, Tenessee, Freundchen«, sagte sie. »Ich hab mir ’n paar Sachen vorgenommen, die dich heute abend genug in Anspruch nehmen werden.« Sie sah aus, als hätte sie einiges im Sinn.
    »Wir werden sehen«, sagte er.
    »Was soll das heißen: ›wir werden sehen‹?« fragte sie. »Ich bin heute abend im Peabody Hotel und guck aus’m Fenster auf die Union Planters Bank, oder ich werd nirgendwo sein, das schwör ich dir.«
    Sie sah ihn zornig an, zupfte an ihrem Rock herum und schlug ihre Beine übereinander.
    Der Pickup fuhr ein Stück an einer Kluft im Steilufer entlang, und die Baumwollfelder kamen in Sicht, die den Blick auf den Fluß im Süden freigaben. Aus der Entfernung konnte man unmöglich erkennen, daß die Felder überflutet und aufgeweicht waren, und alles sah dunkel und gepflügt aus, als könnte neu gepflanzt werden.
    »Ich muß noch ein paar Sachen holen«, sagte er.
    Sie schaute geradeaus, und ihre Wangen waren blaß, als hätte sie beim Blick auf den Fluß etwas gesehen, das sie unglücklich machte.
    Die Straße bog über den Hügel nach West Helena hinein. Ein alter Mann, der auf einer Leiter stand, wechselte die Lettern auf der Anzeigetafel des Razorback-Kinos aus, hatte schon das Wort  BLOW  angebracht und forstete in einer Pappschachtel nun nach den Buchstaben irgendeines anderen Wortes. Auf der untersten Zeile stand  OFFEN SA VORM .
    Ein, zwei Leute waren auf der Straße und eilten zwischen der Skelley-Tankstelle hin und her. Der Himmel verlieh dem Ganzen eine Atmosphäre, die an die Nachwirkungen eines Katastrophenalarms denken ließ.
    »Ich find’s hier oben einfach zum Kotzen«, sagte sie, schlang ihre Handtasche um ihr Handgelenk und schaute böse aus dem Fenster. Er schwieg. »Da oben is’ ’n Kold Freez«, sagte sie. »Fahr da mal rauf, ich will mir was holen.«
    Er fuhr an dem Motel vorbei, vor dem in der vorigen Nacht die Autos gestanden hatten, und nun war alles verlassen, die Beleuchtung des Getränkeautomaten war abgeschaltet, und das Motel sah aus, als ob es geschlossen worden wäre.
    »Das da ist die Spielhölle«, sagte sie und starrte gleichgültig auf das Motel. »Die Nigger schneiden sich gegenseitig die Kehle durch und zahlen dann den Sheriff aus.«
    Der Kold Freez lag links an der Straße, in der Mitte eines rechteckigen Parkplatzes, auf dem die Wagen einmal ganz herum fahren konnten.
    »Gib mir ’n Quarter«, sagte sie und stieß die Tür auf.
    Er fischte einen Quarter heraus, und sie schlenderte zum Schalter hinüber. Auf einem Schild über dem Schalter stand  HOT DOGS. BANANA SPLITS. EISGETRÄNKE.  Eines der Mädchen schob das Fenster hoch und steckte den Kopf heraus. Beuna sagte etwas, und das Mädchen richtete sich auf und starrte ihn durch die beiden breiten Fensterscheiben hindurch an, drehte sich dann um und füllte einen Pappbecher an einer großen silbernen Maschine und reichte ihn Beuna, die an dem Schalter lehnte, die Straße hochstarrte und sich mit der Hand Luft zufächelte. Das Mädchen stand da und schaute ihn wieder an, wobei es sich eine Strähne rotblonden Haares aus den Augen wischte, und verschwand dann hinter den Geräten in den Privaträumen des Gebäudes.
    Beuna vergrub sich in ihrem Sitz, hatte die Knie ans Armaturenbrett gelegt und trank irgend etwas mit einem gestreiften Strohhalm aus einem Becher. »Es gab kein Wechselgeld mehr«, sagte sie.
    Er steuerte das Motel an, fuhr rückwärts an das letzte Häuschen heran und stellte den Motor ab.
    »Is’ das die Absteige, in

Weitere Kostenlose Bücher