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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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alte Mann und spitzte das brauchbare Ohr, damit er ohne Störung seine Entschuldigung hören konnte.
    Robard schaute in den Wald hinaus, der fast dunkel war.
    »Ich hab da was zu tun«, sagte er leise.
    »Ach ja?«
    »Ja, Sir.«
    »Na gut, Hewes. Ich werd Sie Hewes nennen. Ich rede meine Angestellten immer mit dem Nachnamen an. Sie kümmern sich um Ihren Kram. Aber wenn die Sonne aufgegangen ist, kümmern Sie sich um meinen.«
    »In Ordnung.«
    »Nehmen Sie das Boot, aber verbrauchen Sie nicht das ganze Benzin. Es werden Leute hierherkommen, um Truthähne zu jagen, und ich will nicht, daß Sie das ganze Benzin mit Ihren  Geschäftsreisen  verballern.«
    »In Ordnung«, sagte Robard und ging langsam weg.
    Hinter dem alten Mann kam der kleine Hund aus dem Gras herangesprungen, wo er träge gelegen hatte, setzte sich zu seinen Füßen und starrte Robard an.
    »Das hier ist mein Jagdhund«, sagte der alte Mann, schaute den Hund liebevoll an und kniff ihm freundlich ins Ohr. »Sie ist mein langbeiniger Pointer. Ich brauche einen langbeinigen Hund, weil ich nicht mehr allein vom Bett zum Pißpott gehen kann.«
    Der farbige Mann fing wieder an zu kichern und verschwand mit dem Rohr und der Zange in der Hand hinterm Haus.
    »Haben Sie meinen Jagdhund gesehen, Newel?«
    »Ja, Sir«, sagte er, rückte ein kleines Stück vor und dachte an den Hund, der auf Gaspareaus Weg plattgefahren worden war. »Sag ›ich heiße Elinor‹«, belehrte der alte Mann den Hund, bückte sich, griff sich ein dickes Stück Fell hinter seinem Kopf und grinste. Die Adern in seinem Gesicht schwollen gefährlich an, als er sich vorbeugte und am Kopf des Hundes herumspielte. »Haben Sie irgendwelche Kleider?« fragte der alte Mann Robard und starrte hinten auf den Jeep.
    »Was in meiner Tüte ist«, sagte Robard.
    »Und Sie, Newel?«
    »Nein, Sir«, sagte er und dachte trübsinnig an seinen Koffer, der jetzt vielleicht geöffnet und dessen Inhalt verstreut worden war, wie die Wrackteile bei einem Zugunglück. Er hatte plötzlich ein Gefühl, als müßte er sich waschen.
    »Ihr seid bloß ’n paar beschissene Obdachlose«, brüllte der alte Mann, reckte sich und zerrte seine Hose ein bißchen höher. »Beebe Henley hat nichts davon gesagt, daß Sie ’n beschissener Obdachloser sind.«
    »In Chicago hat jemand meine Tasche geklaut«, murmelte er.
    »Diese Halunken«, sagte der alte Mann. »An so ’nem Ort sollten Sie gar nicht leben. Die Scheißkerle klauen einem alles, was man hat.«
    »Ein Polizist hat sie genommen«, sagte er.
    Der alte Mann schaute ihn einen Augenblick lang erstaunt an.
    »Na ja, richten Sie sich in der ›Gin Den‹ da ein. Außer mir wohnen da alle Männer. Ich und die Damen schlafen im Haus, damit’s kein unautorisiertes Gebumse gibt.« Die Augen des alten Mannes hellten sich beträchtlich auf. »Hewes, Sie fangen morgen an.«
    »Ja, Sir«, sagte Robard und wandte sich wieder zum Jeep.
    »Gleich gibt’s Abendbrot, und dann erzähle ich Ihnen, was Sie zu tun haben. Newel, was zum Teufel wollen Sie eigentlich hier machen?« Der alte Mann blickte ihn oben durch die Brille fragend an. »Sie sind doch nicht gekommen, um Truthähne zu jagen, oder? Sie sehen mir nicht wie der typische Jäger aus.«
    »Nein«, sagte er und versuchte, sich etwas Glaubwürdiges auszudenken.
    »Ich hab’s auch nicht angenommen«, sagte der alte Mann spröde. »Aber ich sag Ihnen mal was, Newel.« Und er hielt inne. »Es ist mir egal, was Sie machen. Beebe hat gesagt, wir sollen Sie tun lassen, was Sie wollen, und das tu ich auch, solange Sie mich nicht erschießen. Sind Sie damit einverstanden?«
    »Ja, Sir«, sagte er und war froh, nicht mehr sagen zu müssen.
    »Gut«, sagte der alte Mann. »Ich mag hier keine Leute haben, die unzufrieden sind, außer mir, und ich kann verdammt noch mal tun und lassen, was ich will. Das Klo ist da drüben.«
    Er zeigte unter dem Haus hindurch dahin, wo nur er die unteren Bretter des Abtritts sehen konnte. »Sie müssen halt ’n paar Schritte gehen, wenn Sie pissen müssen, oder sonst Gottes freie Natur benutzen.« Der alte Mann beugte sich vor und schielte unterm Haus durch. »Haben Sie schon mal die Geschichte von den beiden Bauern gehört, die auf dem Zweier-Scheißhaus sitzen?« fragte der alte Mann, der sich freute, wieder einen Witz erzählen zu können.
    Robard schüttelte ernst den Kopf und hörte auf, im Jeep herumzukramen.
    Der alte Mann schaute sie beide vorsichtig an. »Also«, sagte er, »diese beiden

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