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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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lange Rohr daran haftete wie an einem Magnet, ließ sich der alte Mann blitzschnell auf die Knie nieder, schob sein Gesicht ins Loch hinein und verharrte so für einige Sekunden, während der Neger einige Meter zurückwich und einen ernsten Blick auf das ganze Geschehen warf.
    »Verdammt noch mal«, brüllte der alte Mann, hob den Kopf, wischte sich die Nase mit einem Ärmel und steckte den Kopf zum zweiten Mal ins Loch. Er schien den Kopf ein wenig weiter ins Loch hineinstecken zu wollen, aber dazu war es offensichtlich zu schmal. Plötzlich hockte er sich hin, wischte sich wieder über das Gesicht und schüttelte mitleiderregend den Kopf.
    »Wonach riecht’s denn?« fragte der Farbige. Er stand nun über den alten Mann gebeugt, und die gesamte Konstruktion von Zange und Rohr baumelte an seiner Hand wie eine Uhrkette, während er mit der anderen Hand in seinem dicken Haar wühlte.
    »Nach Scheiße«, sagte der alte Mann. »In meinem Brunnenwasser ist Scheiße, bei Gott! Mrs. Lamb weiß schon, was sie sagt.« Jammervoll schüttelte der Farbige seinen Kopf, beugte sich über das Loch und starrte hinein, als wäre es ein Grab.
    »Ich hab damit geprahlt«, sagte der alte Mann, der immer noch in der Hocke kauerte.
    »Ja, Sar«, sagte der Farbige.
    »Prahl  nie  mit etwas herum, das dir gehört, mein Sohn.«
    »Ja, Sar«, stimmte der Farbige zu.
    »So was verkorkst einem alles. Vor einem Monat hab ich Gaspareau noch erzählt, was für ’n sauguten Brunnen ich hab, daß er seit 1922 gut funktioniert, und als nächstes wird er mir vom Scheißhaus verpestet. Das hat mir Unglück gebracht, und ich hab schuld.«
    »Ich hätt’s nicht gemerkt«, gab der Farbige zu.
    »Aber ich, Himmel noch mal«, sagte er. »Das ist so, wie wenn einem die Pisse am Hosenbein runterläuft. Man merkt einfach, daß man’s ’n bißchen eilig gehabt hat.«
    Der Farbige drehte sich um, blickte zum Haus hinüber, sah ihn dort stehen und warf ihm einen gequälten Blick zu, der besagen sollte, daß er, wenn er noch mal hinschaute, dort niemanden mehr sehen wollte. Er sah kurz zu Mr. Lamb hin, schaute dann wieder zum Haus und fixierte ihn dann mit einem ganz bösen Blick.
    »Da ist jemand«, sagte der Farbige.
    »Was?« schnauzte der alte Mann zurück.
    »Da ist jemand gekommen auf die …«
    »Mr. Lamb«, rief er, stieß sich von der Hauswand ab und bedauerte, überhaupt sprechen zu müssen.
    »Wer ist da?« grunzte der alte Mann und wandte sein Gesicht um, damit er sehen konnte.
    »Das ist  der  da«, sagte der Farbige und zeigte hinunter auf den alten Mann, der immer noch im Gras kniete und aufschaute, wobei sich seine ganze Stirn hinter der Brille in Falten legte.
    »Das bin ich«, sagte der alte Mann laut, blinzelte und bemühte sich, auf die Beine zu kommen. »Mr. Lamb bin ich hier.«
    »Ich bin Sam Newel.« Seine Stimme stockte unerklärlicherweise.
    »Wer ist da?« fragte der alte Mann und starrte den Farbigen mit der gleichen Bestürzung an, mit der er sich auf die Pumpe konzentriert hatte.
    »Newel«, sagte er, was ihm größere Schwierigkeiten bereitete. »Ich glaube, Beebe Henley hat Sie angerufen.«
    »Auf diesem Ohr höre ich nichts«, sagte der alte Mann und schlug sich auf sein rechtes Ohr, als klatschte er nach einem Moskito. »Was hat er gesagt, T. V. A.?«
    »Er sagt, er is ’n Freund von Miss Beebe«, brüllte der Farbige direkt ins gute Ohr des alten Mannes.
    »Der ist das?« fragte der alte Mann gereizt. »Newel?«
    »Ja, Sir.«
    »Sie sind wirklich ’n  Riesen arschloch«, sagte er, hievte sich schließlich mit Hilfe des Farbigen hoch, grabschte nach seiner Hose und starrte ihn heftig und eindringlich an, als wäre er gerade dabei, einen Witz zu machen und kurz vor der Pointe, und als wollte er auf jeden Fall als letzter lachen. »Wir haben gedacht, Sie kämen schon vor ’nem Monat.« Seine Augen schnellten rauf und runter. »Sie sind doch der Rechtsanwalt, oder?«
    »Ja, Sir«, sagte er und versuchte, das Problem mit seiner Stimme in Ordnung zu bringen.
    »Nun ja, jeder braucht mal ’nen beschissenen Rechtsanwalt. Mein Testament hab ich allerdings schon gemacht.« Der alte Mann schielte unter dem Haus durch und erblickte Robard, der friedlich rauchend im Jeep saß. »Wen zum Teufel haben Sie denn da mitgebracht?«
    »Das ist ein Mr. Hewes«, sagte er und versuchte, seine Antwort direkt an das funktionierende Ohr des alten Mannes zu richten. »Ach ja, wirklich? Na ja, und wer zum Teufel ist das? Hoffentlich nicht noch

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