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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Treffen mit ihr arrangieren, bei dem er sie in den Pickup schmuggeln konnte, und niemand würde mehr bemerken als einen Pickup, der auf dem Highway irgendwohin fuhr, was sowieso niemanden einen Dreck interessierte. Nur, daß die Zeit jetzt gegen ihn zu arbeiten schien. Er blickte Newel mißtrauisch an, als läge der da und überlegte, wie er sich einmischen könnte.
    Der alte Mann stürmte plötzlich wieder auf die Veranda und drosch noch einmal auf die alte Glocke ein, so hart, wie er nur konnte. »Verdammt noch mal, Hewes«, fauchte er. »Arbeiten Sie für mich oder machen Sie Ihren eigenen Kram, Sie Scheißkerl?« Lange herrschte Schweigen, dann hämmerte der alte Mann wieder auf die Glocke und stürmte zurück ins Haus, unfähig, die Stille noch einen Augenblick länger zu ertragen.
    Newel setzte sich an die kalte Wand und rieb sich die Augen.
    »Erklären Sie mir mal was«, sagte er.
    »Was denn?« fragte er und wollte hinausgehen.
    »Was zum Teufel machen Sie hier unten? Ich habe wachgelegen und versucht, auf irgendwas zu kommen. Ein vernünftiger Mensch würde mit dem, was Sie da machen, doch nicht seine Zeit verschwenden, wenn’s nicht was Wichtiges wäre.«
    »Niemand hat behauptet, daß es das nicht ist.« Er konnte Newels Gesicht in der Finsternis nicht genau erkennen.
    »In Ordnung«, sagte Newel, popelte mit seinem Finger in der Nase und sank zurück aufs Bett. »Ich hoffe nicht, daß es bloß so eine heiße, superjunge Nummer ist, die hier irgendwo in Pflege ist, so daß Sie jetzt herumschleichen und Ihr Nummernschild abschrauben müssen, um an sie ranzukommen.«
    »Warum nicht?« fragte er.
    »Weil es wichtigere Dinge im Leben gibt.«
    »Dann nennen Sie mir mal eins«, sagte er.
    Newels Körper wurde heller im Licht. »Das ist doch völliger Blödsinn, wenn ich Ihnen jetzt irgendwas erzähle.«
    »Scheiße.« Er griff mit den Fingern nach dem Riegel. »Ich hatte gehofft, daß Sie ›eine andere‹ sagen.«
    »Eine andere was?«
    »Eine andere Nummer«, sagte er. »Das ist das einzige, das ich wichtiger finde als ’ne Nummer. Ich hatte gehofft, daß Sie das sagen,  dann  hätten wir was, worüber wir reden können. Ich hätte ’ne ganze Menge mehr von Ihnen gehalten, als ich’s jetzt tue.«
    »Das glauben Sie doch selber nicht«, sagte Newel.
    »Sie wissen, daß ich das glaube«, sagte er und lachte. »Sie sollten sich langsam mal ein bißchen schlauer machen, mein Junge. Soviel Zeit haben Sie nämlich auch nicht mehr.«

3
    Mr. Lamb saß an seinem Platz am Kopfende des Tisches, als er aus dem Regen hereinkam. Der Farbige trug eine eingebeulte Kochmütze aus Chintz und eine Schürze, die bis unter seine Achseln reichte, und schaute ihn nicht an, als er durch die Küche kam. Das Zimmer roch nach heißem Haferbrei.
    Er setzte sich hin und griff nach seiner Serviette, während Mr. Lamb ihn lange schweigend anstarrte. Der alte Mann trug dieselben rot-gelben Hosenträger und dieselbe Segeltuchhose wie am Vorabend und darunter eine gelbe Pyjamajacke, die er bis zum Hals zugeknöpft hatte.
    »Wenn es nicht regnen würde, hätt ich Sie schon in die Wüste geschickt«, sagte der alte Mann und kniff die Augen hinter der Brille zu kleinen Schlitzen zusammen.
    »Warum denn das?« fragte er.
    »Die Sonne ist aufgegangen«, sagte Mr. Lamb und warf einen schnellen Blick zum Fenster hinüber, damit auch jeder wußte, daß er wußte, daß es regnete. »Jeder Dreckskerl, der sich auf die Insel schleichen will, hat das schon getan, bevor Sie Ihren Arsch aus dem Bett gewuchtet haben. Wenn es nicht regnen würde, hätt ich Sie schon wieder ins Boot gesetzt.«
    »Wenn es nicht regnen würde, hätt ich nichts dagegen gehabt«, sagte er ruhig.
    Der alte Mann runzelte die Stirn und fummelte an seinem Löffel herum. »Bring ihm seinen Haferschleim!« rief er, schob sich mehrere Löffel Haferbrei in den Mund und begann kräftig zu kauen. »Wo steckt Newel?« fragte er.
    »Im Bett.«
    »Scheißkerl«, gluckste der alte Mann, nahm einen kleinen Schluck Kaffee aus seiner Untertasse und verschüttete noch mehr darauf.
    »Heute abend muß ich in die Stadt«, sagte er.
    Der alte Mann sah ihn entsetzt an. »Wollen Sie denn  überhaupt  nicht arbeiten?« fragte er. »Sie kommen erst nach sechs Uhr hier an, und jetzt wollen Sie schon wieder weg. Scheiße.«
    »Ich habe gesagt, daß ich ab und zu mal weg müßte«, sagte er.
    »Weshalb denn, zum Teufel?«
    »Ich habe was zu tun.«
    Der alte Mann schaute ihn verärgert an, weil er

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