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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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sie ihn in der Nacht heimlich aus dem Stuhl gehoben, in die Stadt transportiert und in ein Zimmer gelegt hatten, damit er über Nacht abkühlte.

Teil III
Robard Hewes

1
    Am Morgen erwachte er, bevor es hell war. Regen fiel auf die Hütte. Newel lag wie ein Berg auf seinem Feldbett, atmete schnaufend, seine Nase an der noppigen Wand. Er starrte eine Weile vor sich hin, schlief ein, wachte wieder auf und wußte nicht, wie spät es war. Er stand zwischendurch einmal auf, trat in den Regen hinaus, wandte seinen Kopf zu Landrieus Hütte und zum Haus hoch. Aber überall war es dunkel. Ein Scheinwerfer leuchtete oben an der Treppe, und der Regen schoß durch das dampfende Licht. Er ging wieder nach drinnen. »Schauen Sie mal«, hatte der alte Mann gesagt, sein Kinn in den lappigen Falten seines Halses vergraben und in den Augen immer noch Whiskey. »Ein blindes Huhn findet auch ein Korn.« Die Augen des alten Mannes weiteten sich, als er die Waffe übergab.
    »Ja, Sir«, hatte er gesagt.
    »Wissen Sie, was das bedeutet?« Der alte Mann hielt den Kopf schräg, um besser sehen zu können.
    »Nehm ich doch an«, sagte er und dachte nach.
    Mr. Lamb trat zurück und rückte seine Schultern gerade.
    »Ich glaube nicht«, sagte er, tat so, als wollte er weggehen, blieb aber dann stehen. »Es bedeutet, daß jeder Blödmann, der ’ne Waffe hat, auch ’nen Weg findet, jemanden damit zu erschießen.« Die Augen des alten Mannes weiteten sich wieder, als ob er nach einer Schwäche bei ihm suchte, um sich nicht von der Pistole trennen zu müssen. »Ich will nicht, daß Sie die Waffe abfeuern, verstehen Sie?«
    »Ja, Sir«, sagte er, schob die Fußspitze an den Spann des anderen Fußes und schaute weg.
    »Himmel noch mal, das hier ist ein Symbol  meiner  Autorität«, verkündete der alte Mann. »Sie tragen die bloß für mich herum, weil ich zu beschissen alt bin, um die Leute selber von meinem Land runterzujagen. Aber, auch wenn ich’s nicht wäre, würde ich nicht rumlaufen und auf Leute schießen, kapiert?«
    »Ja, Sir«, sagte er. Er starrte auf die Zehen des alten Mannes, die in seine Segeltuchhose verwickelt waren.
    »Also, Hewes«, knurrte der alte Mann. »Sie tun so, als wäre diese Waffe Ihr Schwanz, und behalten sie in der Hose.«
    Er lag auf dem feuchten Laken und lauschte auf den Regen, der auf das Dach prasselte. Newel sagte etwas im Schlaf, reckte seine Faust in die Luft und ballte sie, als bedrohe er einen Eindringling im Schlaf, öffnete sie dann wie eine Blüte und ließ sie wieder sinken.

2
    Er erwachte wieder im Tageslicht, der alte Mann drosch auf die Glocke an der Veranda ein, und die Angst vor W. W. hing über ihm wie eine zweite große Glocke ohne Klöppel. Er lag ruhig da und horchte auf das Fluchen des alten Mannes. Newel lag unter dem Laken, tief in irgendeinem schrecklichen Traum.
    Er mußte nun einige strenge Vorsichtsmaßnahmen treffen. Er konnte nicht einfach bei ihr zu Hause vorfahren, auf die Hupe drücken und sich mit ihr im Arm davonmachen, ohne daß alle im Umkreis von hundert Kilometern die Telefonleitungen heißlaufen ließen, um W. W. darüber zu informieren, daß irgendein Finsterling in einem Pickup gerade seine Frau abgeholt hatte und mit ihr sonstwohin fuhr, wobei sie aus seiner Armbeuge hervorlugte wie ein Wurm, der trockenere Luft sucht. Er mußte sich schon was Besseres einfallen lassen, oder W. könnte drastische Maßnahmen ergreifen.
    Der alte Mann begann wieder, auf die Glocke zu hämmern. Er hörte Landrieus Tür schlagen, seine Füße auf den nassen Stufen und das Brüllen des alten Mannes.
    Newel rollte sich auf den Rücken, starrte auf die Spinnweben und ließ die Decke auf den Fußboden gleiten. Newels Körper war weiß wie ein Aspirin, und einer seiner Arme war so dick wie seine beiden Arme zusammen. Sein eigener Bauch war so hart wie ein Klafter Holz und Newels war eine große Masse von Haar und Brust und Fett, die wie ein Teighaufen auf dem Laken ruhte.
    Newel rutschte auf seine Seite hinüber und starrte ihn an. »Sie sind fit wie ’n Flitzebogen, nicht? Sie hätten mal solchen Raubbau mit sich betreiben sollen, wie ich’s getan hab. Dann gäb’s auch was, worüber wir reden könnten.«
    Er stand da und starrte Newel an, ohne daß er etwas sagen konnte, und begann, in seine Hose zu schlüpfen. Newel zog die Decke wieder bis zu seinem Kinn hoch, streckte seine Beine aus und schien wieder einschlafen zu wollen.
    Er sollte sie so schnell wie möglich anrufen und ein

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