Ein stuermischer Retter
Gerührt und ein wenig befangen nahm Faith es an. Man hatte sie schon so reich beschert, dabei war sie noch nicht einmal eine richtige Braut. Am kommenden Morgen würde man sie nach Hause schicken.
Sie sah Nicholas Blacklock an und stellte erstaunt fest, dass er finster die Stirn runzelte. Offenbar fand er ebenfalls nicht, dass man sie beschenken sollte. Sie zögerte. „Sollte ich lieber nicht ...?"
„Machen Sie es einfach auf", blaffte er.
Sie erschrak über seine schlechte Laune. Vermutlich war es ihm ebenfalls peinlich, dass alle so taten, als handelte es sich um eine echte Hochzeit. Am besten, sie brachte das alles schnell hinter sich. Sie packte das Päckchen aus. Es war eine kleine, selbst geschnitzte Holzflöte. Faith stiegen die Tränen in die Augen.
„Ich weiß, es ist nicht viel, aber Sie sagten mir einmal, Sie spielten gern ..."
„Stevens, sie ist wundervoll. So eine hatte ich, als ich ein junges Mädchen war, und ich habe sie über alles geliebt. Mein Großvater hat sie dann zerbrochen, er wollte nicht, dass ich sie spielte."
Alle schwiegen bedrückt. „Dann spielen Sie sie jetzt, Miss."
Und Faith spielte, nach Monaten war es das erste Mal. Felix hatte es nicht gefallen, wenn sie musizierte. Ihre Rolle bestand darin, ihm zuzuhören und seine Genialität zu bewundern, was sie dann auch getan hatte. Erst jetzt, als sie der kleinen Flöte die Töne entlockte, erkannte sie, wie sehr sie es vermisst hatte, selbst zu spielen.
Als sie zu Ende musiziert hatte, herrschte eine Weile Stille, dann sagte ihr Ehemann: „Das war gut. Sie spielen sehr, sehr gut." Die anderen stimmten ihm zu, aber das nahm Faith kaum noch wahr. Sie wollte dieses Lob von ihm in ihrem Herzen aufbewahren, so wie ein Eichhörnchen einen Nussvorrat für den Winter anlegte.
Er nahm ihren Arm. „Lassen Sie uns nach draußen gehen. Ich möchte Ihnen etwas unter vier Augen sagen."
Nick führte sie in den kleinen, von einer Mauer umgebenen Garten des Pfarrers.
Hier, an diesem geschützten Ort, war der Herbst noch nicht so weit fortgeschritten. Der Garten war ordentlich angelegt, ja geradezu penibel, mit langen, geraden
Gemüsebeeten und viereckigen Rabatten mit Küchenkräutern. Das einzig Wilde in all dieser Akkuratheit befand sich in der Mitte des Gartens, ein Kreuzbogen, üppig umrankt von spät blühenden Rosen - alleiniger sichtbarer Hinweis auf Vater Anselms romantische Ader. Genau dort, wo sich die beiden Bögen kreuzten, stand eine steinerne Bank.
„Jetzt verstehe ich, woher Ihre Hochzeitsrosen stammen." Nick zeigte auf die kleinen rosa Röschen in ihrem Haar, die mittlerweile allmählich verwelkten.
„Ja." Sie setzte sich mit gesenktem Blick auf die Bank und faltete die Hände.
Sie sah aus wie ein Schulmädchen, das eine Bestrafung erwartete. Ein sehr hübsches Schulmädchen, dachte er. Wie hatte ihm nur entgehen können, wie schön sie in Wirklichkeit war? Er hatte kaum über ihre Kratzer, blauen Flecke, Blasen und den traurigen Ausdruck ihrer Augen hinausgesehen. Er stellte sich vor sie, verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und fühlte sich äußerst unwohl. Am besten, er brachte es schnell hinter sich. „Ich habe kein Geschenk für Sie."
Sie sah auf und runzelte die Stirn.
„Es tut mir leid. Ich hätte daran denken müssen."
Faith sprang auf und legte die Hand auf seinen Arm. „Ich dachte, Sie wären böse auf mich! Ich dachte, Ihnen wäre es nicht recht, dass ich Geschenke bekomme, weil das gar keine richtige Hochzeit ist."
„Es ist eine richtige Hochzeit!"
Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. „Sie wissen schon, was ich meine. Ich bin keine echte Braut und ... "
„Sie sind eine wunderschöne Braut."
Sie zuckte zusammen und starrte ihn an. Und dann lächelte sie, ein strahlendes, offenes Lächeln. Seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. „Danke", flüsterte sie. „Ich habe mich selbst schön gefühlt mit Marthes erlesenem Spitzentuch."
Es war nicht das Tuch, das sie so schön machte. Jetzt trug sie es nicht, und sie schien von innen heraus zu leuchten. Nur mit Mühe gelang es Nick, sich zu räuspern und zu sagen, was er ihr hatte sagen wollen. „Ich habe nicht daran gedacht, ein Hochzeitsgeschenk für Sie zu besorgen, aber das hole ich heute Nachmittag nach. Was wünschen Sie sich?"
Ihr Lächeln erlosch. „Ich wünsche mir gar nichts. Sie haben mir bereits so viel geschenkt."
„Unsinn!"
„Doch, das haben Sie. Sie haben mir jedes einzelne Kleidungsstück geschenkt, das
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