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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gracie
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ich.
    Haben Sie gestern Abend nicht Kerzen für sie angezündet? Dann sind die beiden natürlich hier! Und nun gehen Sie, lassen Sie Ihren Mann nicht länger warten. Ein bisschen Warten ist gut, aber Männer sind ungeduldige Geschöpfe."
    Faith ging zwei Schritte, dann machte sie kehrt und nahm Marthe in den Arm. „Ich danke Ihnen, liebste Marthe", flüsterte sie mit brüchiger Stimme. „Niemals werde ich Ihre Güte an diesem Tag vergessen."
    Marthe gab einen missbilligenden Laut von sich, erwiderte die Umarmung jedoch innig, und als sie zurückwich, waren ihre Augen feucht. „Gehen Sie jetzt, ma petite", sagte sie. „Ihr Mann wartet."
    Ihr Mann.
    Faith atmete tief durch, legte die Hand auf Stevens' Arm und betrat die Kirche. Der Weg zum Altar kam ihr endlos vor. Die Kirche duftete nach Weihrauch, Bienenwachs und Rosen. Noch vor wenigen Tagen hatte Faith nichts besessen. Man hatte ihr alles geraubt, sogar ihr Vertrauen in die Güte der Menschen.
    Jetzt plötzlich wurde sie aus allen Richtungen mit Geschenken überhäuft, und der Zynismus, den sie sich in letzter Zeit zugelegt hatte, verflog. Wer hätte gedacht, dass die säuerliche, misstrauische alte Frau, die sie am vergangenen Abend kennengelernt hatte, ihr so ein Trost sein würde, so feinfühlig, was Faiths Ängste und Befürchtungen betraf.
    Der Rosenduft betörte sie. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich beinahe vorstellen, in der kleinen Kirche St. Giles zu sein, in der ihre Zwillingsschwester Hope vor zwei Monaten ihren Sebastian geheiratet hatte, umgeben von ihrer Familie, Freunden und Rosen.
    Zweimal hatte Faith nun schon geheiratet, ohne dass jemand von ihrer Familie dabei gewesen wäre, ohne ihre Schwestern, ohne ihre geliebte Zwillingsschwester, sogar ohne einen Freund. Und dann war Marthe in ihr Leben getreten, mit ihren freundlichen Worten und dem erlesenen Spitzentuch ihrer Mutter. Stevens' Arm fühlte sich warm und sicher unter ihrer Hand an, und plötzlich hatte Faith das Gefühl, dieses Mal nicht allein zu sein.
    Sie schlug die Augen auf. Ganz und gar nicht allein. Das größte Geschenk von allen -Nicholas Blacklock - stand wartend da, groß, dunkel und ernst.
    Nicholas Blacklock, der ein fremdes Mädchen heiratete, um dessen Ruf zu retten. Nicholas Blacklock, der Faith aus Ritterlichkeit eine sichere Zukunft anbot. Wie konnte sie ihm das alles jemals wiedergutmachen?
    Sie war sich nicht sicher, es zu können, aber fest entschlossen, es zu versuchen.

6. KAPITEL
    Die menschliche Natur ist denjenigen, die sich in einer interessanten Lage befinden, so sehr gewogen, dass man für eine junge Person, die entweder heiratet oder stirbt, mit Sicherheit freundliche Worte finden wird.
    Jane Austen
    „Ich erkläre Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen."
    Faith drehte sich zu Nicholas um. Sie wusste, was sie zu erwarten hatte. In der Amtsstube des Bürgermeisters war sie schon einmal geküsst worden. Ein kurzer, fester Kuss, kühle Lippen auf ihren, nichts weiter.
    Dennoch war es unvergesslich gewesen. Er hatte geprickelt, dieser unpersönliche Kuss, und sie erschauern lassen. Ihr Ehemann ... Es war noch alles da - der Geschmack seiner Lippen, der Duft seiner Haut und sein Augenausdruck, als er sie geküsst hatte.
    Er griff nach dem Tuch und hob es vorsichtig an, sorgsam darauf bedacht, dass sich das zarte Gewebe nicht in den kleinen Rosen verfing oder gar zu Boden fiel.
    Während seine ganze Aufmerksamkeit auf das Spitzentuch gerichtet war, studierte Faith seine Gesichtszüge. Am kommenden Tag würde er sie nach England zurückschicken. Sie wollte sich jede Einzelheit einprägen.
    Vor Konzentration hatte er die dunklen Augenbrauen zusammengezogen, sein gut geformter Mund wirkte ernst und entschlossen. Er hatte sich frisch rasiert, nur die Ahnung eines bläulichen Schattens war auf seiner leicht gebräunten Haut zu erkennen. Am ersten Abend war er ihr noch wie ein unrasierter Pirat vorgekommen, gefährlich und gleichzeitig aufregend. An seinem Kinn entdeckte sie eine feine silbrige Narbe. Faith würde vermutlich niemals herausfinden, wodurch er sie davongetragen hatte.
    Tief atmete sie seinen Duft ein, den Duft ihres Ehemanns für einen Tag. Dieser Duft war ihr mittlerweile vertraut, bestimmt, weil sie am ersten Morgen in seinen Mantel gewickelt aufgewacht war. Nun war noch eine neue, würzige Duftnote hinzugekommen, eine nach Rasierseife oder Parfüm.
    Nicholas Blacklock, ihr Ehemann - es kam ihr immer noch ganz

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