Ein stuermischer Retter
zu lieben, aber es konnte ebenso sehr schmerzhaft sein - mehr als nur schmerzhaft, wenn man ihn verlor. Und Nicholas hatte so viele Menschen verloren ...
„Glauben Sie wirklich, dass er glücklich ist, Stevens?" Sie sah ihn flehentlich an, doch nach einer Weile wandte er den Blick ab.
„Nicht glücklich, aber glücklicher als vorher. Viel glücklicher. Man kann nicht immer alles haben."
10. KAPITEL
Es gibt kein ungetrübtes Vergnügen; ein kleiner Wermutstropfen ist immer dabei.
Ovid
Nicholas war nun schon seit geraumer Zeit schweigsam. Seine Miene wirkte bis auf die gerunzelte Stirn wie versteinert. Faith vermutete, dass er entweder verärgert oder tief in irgendwelche unangenehmen Erinnerungen versunken war. Doch dann bemerkte sie das nervöse Zucken zwischen Ohr und Oberkiefer.
„Plagen dich wieder deine Kopfschmerzen?", fragte sie vorsichtig.
Er fuhr zusammen, als wäre er in Gedanken ganz weit weg gewesen. „Wie kommst du darauf?"
Sie beobachtete weiter dieses Zucken. „Ach, nur so ... du siehst ein wenig blass aus." Und wirst von Augenblick zu Augenblick blasser, dachte sie.
Er schüttelte den Kopf und ritt weiter. Faith sagte nichts mehr, behielt ihn aber aufmerksam im Auge. Sie war sich sicher, dass er Schmerzen hatte, dieser sture Mann. Als er plötzlich die Augen zusammenkniff, als könnte er nicht richtig sehen, und im Sattel leicht zu schwanken anfing, wurde sie energisch. „Du solltest dich hinlegen. Ich schicke Mr McTavish voraus, damit er ein Gasthaus für uns sucht." „Unsinn!" Er verzog das Gesicht. „Ich ruhe mich nur kurz unter den Bäumen da vorne aus. In ein paar Stunden geht es mir wieder gut."
Faith runzelte die Stirn. „Die helle Sonne macht es gewiss nur noch schlimmer.
Meine Schwester empfand es immer als Wohltat, in einem abgedunkelten Zimmer zu schlafen."
„Für mich macht das keinen Unterschied."
„Das kannst du nicht wissen, bevor du es nicht ausprobiert hast", widersprach sie
entschlossen. „Die arme Grace ist manchmal tagelang krank."
„Meine Kopfschmerzen gehen wenigstens relativ schnell vorbei, aber sie sind sehr stark und schmerzhaft."
„Ein Grund mehr, einen Platz zu finden, wo du schlafen kannst. Mr McTavish?" Sie ritt nach vorn und schilderte Mac mit wenigen Worten das Problem. „Sehen Sie den Bauernhof da in der Ferne?" Sie zeigte in die entsprechende Richtung. „Reiten Sie hin und fragen Sie die Leute, ob sie uns beherbergen können. Wir bezahlen auch dafür. Ich weiß nicht, wie lange Nicholas' Kopfschmerzen anhalten. Es wäre gut, wenn er sich hinlegen könnte." McTavish öffnete den Mund - um zu widersprechen, vermutete sie -, daher fuhr Faith ihn an. „Reiten Sie sofort los, keine Widerrede! Ich habe jetzt keine Zeit für Ihren Unfug. Nicholas ist krank!"
Er zog die buschigen Augenbrauen zusammen. „Das weiß ich wohl, Mädchen."
„Dann los, beeilen Sie sich", forderte sie ihn auf.
Faith, Nicholas und Stevens brauchten nicht lange, um Mac zu dem kleinen, gepflegten Bauernhof zu folgen. Doch als sie dort ankamen, war Nicholas bereits aschfahl im Gesicht. Nur mit schierer Willenskraft schien er sich noch im Sattel zu halten.
McTavish und ein stämmiger Franzose standen auf dem Vorplatz und stritten sich. Eine rundliche Frau mit Schürze verfolgte das Geschehen ängstlich.
„Er will uns nicht ins Haus lassen", berichtete Mac, als er zu ihnen kam, um Nicholas beim Absitzen zu helfen. „Aber er meint, gegen ein Entgelt dürften wir die Scheune benutzen."
„Die Scheune?", rief Faith aus. „Nicholas braucht ein ruhiges, dunkles Zimmer!" Nachdem sie abgestiegen war, eilte sie zu dem Mann und der Frau, um sich vorzustellen. Sie erklärte ihnen, worum es ging, und bat sie um Hilfe, für die sie natürlich bezahlen wollte.
Der Mann schüttelte den Kopf, und in ihrer Verzweiflung wandte Faith sich nun an die Frau. Sie nahm ihre Hand und besann sich auf ihr bestes Französisch. „Bitte, Madame, mein Mann hat große Schmerzen. Wenn er sich nur in irgendein Bett in einem dunklen Zimmer legen könnte. Ich bin sicher, das würde ihm guttun. Und vielleicht eine Kanne Weidenrindentee - ich habe etwas Weidenrinde dab..."
Die Frau fiel ihr ins Wort. „Ich kenne la migraine."
„Dann wissen Sie ja Bescheid." Faith rang unsicher die Hände.
Die Miene der Frau wurde weicher. „Sie sind noch sehr jung, ma petite. Wie lange sind Sie schon verheiratet?"
Faith starrte sie an. Was hatte das denn damit zu tun? Sie antwortete trotzdem. „Seit zwei
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