Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gracie
Vom Netzwerk:
ihm ein letztes Mal über die Stirn und stand auf.
    „Sie lieben Ihren Mann sehr, nicht wahr, ma petite?"
    „O ja." Ja, sie liebte Nicholas Blacklock. Sehr sogar. Zum ersten Mal gestand sie das einem anderen Menschen ganz offen, und plötzlich konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Clothilde trat eilig zu ihr und umarmte sie. „Aber, aber, ma petite. Es gibt doch keinen Grund zum Weinen. Allerdings ging es mir nach meiner eigenen Hochzeit genauso - in dem einen Moment himmelhoch jauchzend, im nächsten zu Tode betrübt." Doch die Tränen wollten nicht versiegen, und nachdem Clothilde sie aus dem Zimmer geführt und die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, fragte sie Faith: „Sie weinen nicht wegen seiner migraine, nicht wahr? Ist seine Krankheit etwas Ernsteres?"
    Faith schüttelte den Kopf und betupfte ihre Augen mit einem Taschentuch. „Nein, es tut mir leid, Madame. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Es ist wirklich nur eine Migräne. Meine kleine Schwester litt auch darunter, wenngleich nicht so oft wie Nicholas. Und als sie größer wurde, hörte die Migräne von allein auf. Vielleicht lag es auch daran, dass wir da nicht mehr mit unserem Großvater zusammenlebten. Wir sind uns da nicht ganz sicher. Die schlimmen Kopfschmerzen hörten aber auf jeden Fall auf, als unsere älteste Schwester Prudence heiratete." Und Grace keine Angst mehr haben musste, zu Großvater zurückgebracht zu werden - das sprach sie jedoch nicht aus.
    Sie runzelte die Stirn, als ihr plötzlich ein Einfall kam. Wenn übermächtige Sorgen Graces Kopfschmerzen ausgelöst hatten ...
    „Haben Sie viele Schwestern?"
    „Vier."
    Clothilde hob verblüfft die Hände. „Nicht einen einzigen Bruder?"
    „Nein. Aber dafür bin ich ein Zwilling", fügte sie trocken hinzu. Es war immer das Gleiche. Die Leute schienen es für ein Versäumnis zu halten, wenn es in einer Familie
    so viele Mädchen, aber keinen Jungen gab. Als wäre das etwas, das man beeinflussen konnte.
    „Ein Zwilling?" Clothilde horchte interessiert auf. „Meine Tochter hat auch Zwillingsmädchen!"
    „Wirklich? Wie alt sind sie denn?"
    „Gerade sechs Monate. Sie sind wunderhübsch, o ja, aber sie halten einen auch ganz schön auf Trab!"
    „Ich würde sie schrecklich gern einmal sehen", rief Faith aus. „Meine Schwester und ich sind sogenannte Spiegelbild-Zwillinge; ich bin Rechtshänderin, sie ist Linkshänderin. Ich habe hier ein Muttermal, sie hat das gleiche auf genau der anderen Seite. Wir teilen einfach alles miteinander. Es ist herrlich, ein Zwilling zu sein."
    Clothilde strahlte sie an, ihr rotwangiges Gesicht leuchtete vor Freude. „Dann bekommen Sie meine Enkelinnen bestimmt bald zu sehen. Aber nun muss ich gehen, ma petite. Die Arbeit hört auf einem Bauernhof nie auf."
    Nachdem sie gegangen war, grübelte Faith weiter über Nicholas nach. Konnten seine Kopfschmerzen ebenfalls durch Angst ausgelöst worden sein, wie damals bei Grace? Und wenn ja, wovor hatte er solche Furcht?
    Diese Sache, der er sich stellen musste, wenn sie Bilbao hinter sich gelassen hatten ... Sie hatte keine Ahnung, was das sein sollte. Der Krieg war lange vorbei, Napoleon saß in Verbannung auf St. Helena. Sie konnte sich nicht recht vorstellen, dass Nicholas eine militärische Mission zu erfüllen hatte, vor der er sich fürchtete. Er schien doch vor nichts und niemandem Angst zu haben.
    Manchmal allerdings schien eine schwere Bürde auf ihm zu lasten. Was war so wichtig an dieser Reise nach Spanien und Portugal? Mac schien alles darüber zu wissen, aber Faith war wohl die Letzte, der er etwas anvertrauen würde. Vielleicht Stevens ...
    Doch als sie aus dem Haus trat, war dieser nirgends zu sehen. Nur Mr McTavish stand ein Stück abseits und starrte hinaus auf die sanft geschwungenen Hügel und Felder. Faith fasste einen Entschluss und ging zu ihm.
    „Mr McTavish, ich muss etwas mit Ihnen besprechen." Sie war fest entschlossen, mit dem streitsüchtigen Schotten ein für alle Mal reinen Tisch zu machen.
    McTavish drehte sich langsam zu ihr um. „Ach ja, ist das so?" Er zog spöttisch die buschigen roten Augenbrauen hoch.
    Faith straffte sich. „Warum sind Sie mir gegenüber so feindselig?"
    Er schnaubte. „Sie wissen doch gar nicht, was feindselig ist."
    „O doch. Ich bin in einer durch und durch feindseligen Atmosphäre aufgewachsen, und es war ein Albtraum. Lassen Sie sich daher gesagt sein, Mr McTavish, dass ich mir das nicht länger gefallen lassen werde.

Weitere Kostenlose Bücher