Ein stuermischer Retter
eine vorübergehende Ablenkung, sagte er sich. Außerdem dauerte es nur noch wenige Tage, bis sie in Bilbao waren, dann konnte er immer noch tun, was er tun musste. Außerdem hatte sie gesagt, sie hätte gern ein Kind gehabt. Er konnte wenigstens versuchen, ihr diesen Wunsch zu erfüllen.
11. KAPITEL
Sehr selten enthalten menschliche Enthüllungen die volle Wahrheit; fast immer bleibt etwas verschleiert oder wird missverstanden.
Jane Austen
Die Dunkelheit brach herein. In der Ferne war gerade noch eine Ansammlung von Häusern zu erkennen. Ein Dorf. Faith hoffte, dass sie dort die Nacht verbringen würden. An diesem Tag waren sie länger und weiter geritten als an jedem anderen Tag seit Beginn ihrer Reise.
Sie nahm an, dass Nicholas die Zeit wieder aufholen wollte, die er verloren hatte. Es war nicht so, als ob er über solche Dinge wie seine Migräne reden würde. Er hatte
ihr vorhin beinahe den Kopf abgerissen, als sie ihn gefragt hatte, ob die Schmerzen durch Angst vielleicht verschlimmert wurden.
„Dieses Thema ist uninteressant", hatte er sie angefahren. „Daher möchte ich nicht, dass du nur noch ein Wort über meine ... vorübergehende Unpässlichkeit verlierst. Die ganze Angelegenheit ödet mich an."
So viel dazu.
Faith tat der Rücken weh und sie fühlte sich restlos erschöpft. Immer wieder fiel ihr der Kopf auf die Brust, und sie musste sich mehrmals zusammenreißen, um weiter zu reiten. Sie war fest entschlossen, ihm zu beweisen, dass sie das Zeug zu einer guten Soldatenfrau hatte. Sie war bereit, jede Anstrengung und jede Unbequemlichkeit zu meistern, wenn sie dafür nur jede Nacht in seinen Armen einschlafen konnte. Und morgens aufwachen und feststellen, dass er sie mit zärtlichem Verlangen betrachtete - auch wenn er das vor ihr zu verbergen versuchte. Dieses Leben mochte nicht leicht und bequem sein, aber Faith war noch nie glücklicher gewesen. Er konnte eine tiefe Bindung zu ihr von sich weisen so oft er wollte, doch Faith fühlte sich geliebt. Und seine Bemühungen, sie daran zu hindern, dass sie tiefere Gefühle für ihn entwickelte, beruhten wahrscheinlich auf einem seltsamen Beschützerinstinkt, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wovor er sie beschützen wollte. Er mochte das soldatische Gleichgültigkeit nennen, aber Faith spürte keine solche, wenn er ihr jede Nacht den Himmel auf Erden bereitete.
Wenn er das „Luftschlösser bauen" nannte, wollte sie nicht die Zeit damit vergeuden, ihm zu widersprechen. Glück war nun einmal Glück. Ihr Leben lang hatte sie die Erfahrung gemacht, dass Glück vergänglich war. Sie wollte darin schwelgen, solange sie es konnte.
Schon als sie in das Dorf einritten, nahmen sie den Aufruhr wahr, lodernde Fackeln und wütende Rufe. Eine Frau schrie auf.
Sie blieben stehen. „Wir sollten uns heraushalten, Capt'n", sagte Mac. „Es bringt nichts Gutes, wenn man sich in die Angelegenheiten der Einheimischen einmischt." Noch während er sprach, schrie die Frau erneut vor Schmerz auf.
„Nicholas?" Faith war entsetzt über den Vorschlag, diese Rufe einfach zu ignorieren. „Ich habe mich auch einmal in einer misslichen Lage befunden!"
„Ich weiß." Nicholas nickte und drückte beschwichtigend ihre Hand. „Wir kümmern uns darum. Du bleibst hier." Er, Mac und Stevens ritten los, brachten ihre Pferde aber nach kurzer Zeit wieder abrupt zum Stehen.
„Frauen!", stellte Mac verblüfft fest.
Eine große Gruppe von Frauen hatte sich auf dem Dorfplatz versammelt. Alle beschimpften lautstark eine weitere Person, die in der Mitte des Platzes stand. Auch ein paar Männer hielten sich am Rande der Menge auf, aber sie waren eindeutig in der Minderheit.
„Die haben da ein Mädchen", erkannte Mac. Eine Weile beobachtete er schweigend die Szene. „Die Frauen sehen so wütend aus, als wollten sie die Kleine umbringen, Capt'n", fügte er voller Unbehagen hinzu.
Die drei Männer tauschten Blicke.
Faith sah ängstlich zu und redete sich ein, ihre Begleiter wären derartige Situationen gewöhnt, schließlich waren sie Soldaten. Als Bewegung in die Menge kam, konnte Faith das Mädchen besser erkennen. Es war jung, dunkelhaarig und stellte sich ganz allein den anderen entgegen. Die Frauen schlugen und traten nach der jungen Person, sie zerrten an ihrem Haar und beschimpften sie unflätig. Es war schrecklich. Faith hatte keine Ahnung, warum alle so wütend auf die junge Frau waren; es war ihr auch gleichgültig. In Situationen, in denen einer allein gegen alle
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