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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Ehe zu wagen, ließ den Handtaschenverkäufer unbekannterweise herzlich grüßen und beendete das Gespräch.
    Als es Minuten später erneut klingelte, überlegte Cheng kurz, ob er überhaupt nach dem Hörer greifen und ein weiteres Gespräch mit Irene riskieren sollte. Tat er aber dann doch. Er war einfach nicht der Mensch, der die Ungewißheit ertrug, die sich aus einem Gespräch ergab, welches nicht geführt worden war, jedoch hätte geführt werden können. Vielen Leuten ging es so. Sie konnten einem klingelnden Telefon nicht widerstehen und litten schwer, kamen sie einmal zu spät. Cheng jedoch hob rechtzeitig ab, um festzustellen, daß sich nicht Irene in der Leitung befand, sondern Rosenblüt, welcher nun sagte: »Ich bin eben in Stuttgart angekommen und muß mit Ihnen reden. In einer Stunde in Tilanders Bar .«
    Bevor Cheng etwas erwidern konnte, in etwa, daß er sich viel zu müde fühle, hatte Rosenblüt auch schon aufgelegt. Cheng warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte fest, daß es auf sieben zuging. Er schloß seine Augen und hielt für fünfzehn Minuten ein Nickerchen, kein Ausruhen oder gar Verarbeiten, sondern tatsächlich ein Sich-Herausnehmen. Er konnte das. Er beherrschte die Kunst der kontrollierten Auszeit. Eine gewisse Erschöpfung natürlich vorausgesetzt.
    Danach fühlte er sich um einiges besser, trank noch einen Schluck Wein und erhob sich aus dem Stuhl nach hinten in die Werkstatt, wo er sich frische Socken und trockene Schuhe überzog. Halbhohe, robuste Winterschuhe, aber auch nicht so robust, daß sie sich optisch mit seiner Anzughose geschlagen hätten.
    Zurück im Hauptraum, beschloß er, Lauscher hierzulassen. Für einen alles andere als winterfesten Hund waren es zwei harte Tage gewesen. Ein weiterer Ausflug wäre eine Zumutung gewesen.
    Cheng schaltete eine Schreibtischlampe an und die Deckenbeleuchtung aus und ging durch die Ladentür nach draußen. Er sperrte nicht ab. Er tat dies nie, wenn er Lauscher alleine im Büro oder in der Wohnung zurückließ. Er hatte dem Hund beigebracht, Türen zu öffnen, für den Fall, daß dieser einmal auf sich selbst angewiesen sein würde. Was natürlich nichts gebracht hätte, wäre die Tür abgesperrt gewesen. Man mußte sich schon entscheiden. Ohnehin glaubte Cheng nicht an die Sinnhaftigkeit von Verriegelungen. Daß er dennoch immer wieder Türen abschloß, stellte einen bloßen Affekt dar. Während er aber jetzt, beim Nichtabschließen, seinen Verstand zum Einsatz brachte.
    Kurz vor acht betrat Cheng Tilanders Bar . Rosenblüt lehnte bereits an der Theke, vor sich ein Glas Bier und einen Whiskey. Hinter dem Tresen stand Peter Crivelli und ließ sich in keiner Weise anmerken, wie wenig ihm die Anwesenheit des Polizisten behagte. Er schien völlig in die Zubereitung diverser Getränke vertieft.
    »Gut, daß Sie Zeit hatten«, empfing Rosenblüt den Detektiv. »Was trinken Sie?«
    »Einen Engel in der Landschaft «, sagte Cheng und wandte sich dabei direkt an Crivelli. Dessen Nicken erschöpfte sich quasi im Nachklang einer nie erfolgten Geste. Im Schatten von nichts.
    »Wie sieht es aus in Zweiffelsknot?« fragte Cheng. »Eine Spur von der Frau?«
    Statt einer Antwort zog Rosenblüt eine Zigarette aus seiner Packung, bot auch Cheng eine an, welcher sich bediente.
    »Ich höre praktisch jeden Tag damit auf«, sagte der Kriminalist und gab Cheng Feuer. Während er die eigene Zigarette in Brand setzte, redete er am Filter vorbei: »Wenn ich in der Früh huste und das Waschbecken vollspucke und mir der Ekel kommt, höre ich damit auf. Und wenn ich abends mit den Nerven am Ende bin, fange ich wieder an. Ich bin also Raucher und Nichtraucher in Personalunion. Das ist keine Phrase. So mache ich es seit vielen Jahren. Mit Gelegenheitsrauchen hat das nichts zu tun.«
    »Wie bei Dr. Callenbach«, bemerkte Cheng.
    »Bitte?«
    »Callenbach konnte auch nicht rauchen, ohne über das Rauchen zu reden.«
    Dann kam der Engel und Cheng nahm einen Schluck davon. Einen Schluck, der die Kraft einer helfenden Hand besaß, die sein Gemüt stützte.
    »Gehen wir hinüber in die Ecke«, schlug Rosenblüt vor. »Um allein zu sein.«
    Die beiden Männer begaben sich an jene Stelle, an der genau eine Woche zuvor die Sandfarbene gesessen hatte, um ein Porträt Thomas Marlocks anzufertigen.
    »Die Behandlung des Falls hat eine Entwicklung genommen«, begann Rosenblüt zögerlich, »die Ihnen nicht gefallen wird. Mir gefällt sie ebensowenig. Aber wir werden damit

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