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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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anrufst?«
    »Blödsinn. Indem ich noch einmal heirate. Es hat mit dir nicht geklappt. Warum sollte es mit jemand anders klappen?«
    »Willst du mir ein Kompliment machen?«
    »Nicht eigentlich, mein Lieber. Was ich sagen will, ist, daß ich es für einen Fehler halte, den Zustand der Ehe wiederholen zu wollen. Es kommt mir vor, als würde ich eine Diät in Angriff nehmen, die schon beim letzten Mal schiefgegangen ist.«
    »Warum willst du unbedingt ausschließen, daß die Sache diesmal gutgeht?«
    »Weil die Dinge immer nur beim ersten Mal funktionieren. Oder gar nicht. Wer eine Diät wiederholt, an der er gescheitert ist, wiederholt das Scheitern. Indem ich diesen Mann heirate, begehe ich ein Verbrechen. Denn es ist doch ein Verbrechen, das Falsche wissentlich zu tun.«
    »Mach dich nicht lächerlich. Und bedenke bitte, daß es durchaus Menschen gibt, die in ihrer zweiten Ehe glücklich geworden sind.«
    »Ich bin glücklich«, sagte Irene. »Das ist doch das Verrückte. Ich führe ein ausgewogenes, zufriedenes Leben. Ich habe Batman. Ich habe meine Freunde, meine alten, fürsorglichen Eltern. Ich habe sogar einen Ex-Mann, den ich anführen kann, wenn jemand mich mit der Frage nervt, weshalb ich denn allein leben würde. Warum also in Herrgottsnamen bilde ich mir ein, einen Mann heiraten zu müssen, der Helwig heißt und Handtaschen verkauft?«
    Batman, Chengs schwarzer Kater aus der Zeit vor Lauscher, führte ein komfortables und geselliges Leben in Irenes Appartement mit Dachterrasse. Batman war eine durchaus typische Katze, die ihr Zusammensein mit Cheng dem Vergessen anheimgestellt und sich mit Erhabenheit in die in jeder Hinsicht besseren Verhältnisse eingefunden hatte. Was allerdings auch umgekehrt nicht anders abgelaufen wäre. Katzen scheinen ganz im Gegensatz zu Hunden immer nur in der Gegenwart zu leben. Das läßt sie bei aller Verschmustheit arrogant erscheinen. Aber das, was als Arroganz anmutet, ist bloß die Gebundenheit der Katze an ein Jetzt.
    »Helwig verkauft also Handtaschen«, wiederholte Cheng.
    »Gewissermaßen. Er arbeitet in der Accessoire-Abteilung eines Modegeschäfts.«
    Dagegen sei doch nun wirklich nichts einzuwenden, meinte Cheng. Sehr wahrscheinlich handle es sich bei einem solchen Menschen um eine elegante, feine, gewissenhafte Erscheinung. Nach seinem Dafürhalten sei der Umgang mit Mode einer der besten, welchen ein Mensch pflegen könne. Die Mode gebe dem Menschen ein Gefühl für die Bedeutung der Instinkte, für die Bedeutung von Natur und Natürlichem. Mode sei quasi …
    »Hör auf zu quatschen«, unterbrach Irene ihren Ex-Gatten.
    »Ich wollte nur sagen, daß ein Handtaschenverkäufer mir als eine gute Wahl erscheint. Außerdem finde ich, daß Helwig nett klingt. Ehrlich. Hör auf, dir einzureden, alles müßte sich wiederholen.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Ja, das meine ich.«
    »Ich würde diesen Mann ins Unglück stürzen, würde ich jetzt einen Rückzieher machen.«
    »Eben«, sagte Cheng und trank sein Glas leer.
    »Um Batman brauchst du dir keine Sorgen machen. Helwig und er …«
    »Ich mache mir keine Sorgen. Ich weiß, daß du jeden Mann auf die Straße setzen würdest, der Batman auch nur schief ansieht. Ich bin sicher, daß Helwig das bereits kapiert hat.«
    »Das klang jetzt etwas zynisch.«
    »Nicht, Irene. Bitte!«
    »Wie geht es dir eigentlich, Markus? In deinem langweiligen Stuttgart.«
    »Stuttgart ist nicht langweilig.«
    »Was man aber so hört …«
    »Ihr in eurem Wien habt ja keine Ahnung. Ich bin immer noch froh, dem Wiener Kasperltheater entkommen zu sein. In Stuttgart besitzt alles eine glatte, eindeutige Gestalt. Auch das Komische. Die Scheiße ist hier ein gerader, stromlinienförmiger Körper, dessen Gestank alles hält, weil er wenig verspricht.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das verstehe, Markus. Aber reg dich nicht auf. Hauptsache, es geht dir gut.«
    Nun, das hatte Cheng nicht gesagt. Und auch seine Definition Stuttgarts entsprach nicht wirklich seinen Erfahrungen. Die Straßen hier mochten recht gerade sein, wie auch viele Gebäude, wie auch nicht wenige Menschen, die vor lauter Geradheit gezwungen waren, auf dem Kopf zu stehen, wollten sie einen Stiefel oder was auch immer lecken. Und trotzdem war die Scheiße in dieser Stadt wie woanders auch nicht selten gebogen, geringelt, verschlungen, baiserförmig, häufig auch grotesk verdreht.
    Cheng wollte das Gespräch nicht noch weiter in die Länge ziehen, ermutigte Irene abermals, eine zweite

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