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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Phantastereien eines Privatdetektivs zu unterstützen. Wir wollen feststellen: Herr Cheng war hier in diesem Raum und hat Dinge angefaßt. So wie er auch jetzt hier steht und Dinge anfaßt. Darin dürfte er seine Berufung sehen.«
    Cheng fächerte seine Hand auf, um solcherart zu bekunden, bei diesem zweiten Besuch noch rein gar nichts berührt zu haben. Und zwar aus gutem Grund. Er war froh darum, rechtzeitig erkannt zu haben, wie wichtig es sei, den Bilderrahmen kein zweites Mal anzufassen. Und seine Rechnung war aufgegangen. Denn wie es schien, war Callenbach der Fehler unterlaufen, zwar ein neues Bild in den Rahmen gefügt, jedoch Chengs Fingerabdrücke vergessen zu haben. Fingerabdrücke, deren Bedeutung sich freilich erst aus einer komplexen Spekulation ergaben. Nichtsdestotrotz wirkte Callenbach zum zweiten Mal an diesem Tag verunsichert. Und auch Rosenblüt schien den Braten zu riechen, weshalb er nun erklärte, darauf bestehen zu müssen, besagten Gegenstand zu konfiszieren.
    »Es wird nicht anders gehen, als sämtliche Rahmen zu überprüfen«, warf Cheng ein. »Um zu sehen, daß ich wirklich nur diesen einen angefaßt habe.«
    Rosenblüt gab ihm recht. Dann wandte er sich wieder an Callenbach: »Ich werde eine Durchsuchung beantragen. Bis dahin wird dieser Raum abgesperrt und plombiert. Als Arzt werden Sie mich verstehen. Gefahr im Verzug.«
    »Sie überschreiten Ihre Kompetenzen«, sagte Callenbach. »Und Sie machen sich lächerlich. Aber bitte, wenn es unbedingt sein muß. Ich werde jetzt den Anwalt unserer Klinik informieren. Und den Minister. Wenn hier schon eine Staatsaktion veranstaltet werden soll, soll auch der Staat davon wissen.«
    »Tun Sie das. Aber tun Sie es draußen«, bestimmte Rosenblüt schroff.
    Doch die Schroffheit fing nicht. Callenbach hatte sich wieder in der Hand. Er lächelte mitleidig. Dann verließ er den Raum, nicht ohne sich im voraus für einen sachten Umgang mit den Möbeln seines Büros zu bedanken. Unter denen sich, wie er jetzt süffisant erklärte, mehrere Koloman-Moser-Stühle befänden. Erbstücke eines Patienten. Die Versicherungswerte horrend. – Dabei machte Callenbach ein Gesicht, als setze er keineswegs die Fähigkeit voraus, einen Koloman-Moser-Stuhl als solchen zu erkennen. Nicht bei Idioten.
    Als sich die Tür hinter dem Arzt geschlossen hatte, wandte sich Rosenblüt an Cheng und wollte wissen, wo die andere Zeichnung, Thomas Marlocks Bierdeckel-Porträt, sich ursprünglich befunden habe.
    Cheng fand es an der Zeit, mit der Wahrheit herauszurücken. Beziehungsweise blieb ihm nicht viel anderes übrig. Er erklärte, wie er an den Bierdeckel geraten war und diesen an Callenbach verloren hatte.
    »Mein Gott«, stöhnte Dr. Thiel, »wieviel Geschichten wird uns dieser Chinese noch auftischen. Wir geraten in Teufels Küche, wenn wir uns weiterhin auf die Worte eines …«
    Doch Rosenblüt unterbrach seinen Mitarbeiter und wollte von Cheng wissen, wo Callenbach die beiden Zeichnungen verbrannt habe.
    »In einer silbernen Schale auf dem Schreibtisch.« Cheng wies hinüber zu der Stelle, an der nun eine Elfenbeinfigur stand, welche die Form zweier springender Fische besaß.
    »Das sind Fische«, merkte Dr. Thiel an.
    »Was dachten Sie?« fragte Cheng. »Daß Callenbach die Schale samt Asche stehenläßt. Übrigens: Haben Sie bemerkt, daß er nicht bloß eine Rose, sondern auch ein Päckchen ins Grab geworfen hat?«
    »Was soll das wieder bedeuten?« fragte Dr. Thiel.
    »Vielleicht gar nichts. Ich wollte es bloß gesagt haben.«
    »Wir werden auch das untersuchen«, versprach Rosenblüt. »Wir werden alles untersuchen. Aber ich warne Sie, Cheng, hören Sie auf, uns anzuschmieren. Mir bleibt sonst nichts anderes übrig, als …«
    »Ich bin auf Ihrer Seite«, erklärte Cheng. Und das war er nun wirklich.
    »Schön, das zu hören«, meinte Rosenblüt mit seinem sprödesten Lächeln, wies den Detektiv jetzt aber an, sich Zum Schönen Hofnarren zurückzubegeben und dort zu warten. »Wenn ich Sie brauche, lasse ich Sie holen.«
    Cheng nickte und verließ das Zimmer. Wenig später saß er zusammen mit Purcell in jener wunderbar intimen Nische des Gastraums und schlürfte eine heiße Brühe, selbstvergessen, einzig auf die Suppe konzentriert. Er lebte jetzt in völliger Hinwendung an die schmackhafte Bouillon, in der die quastenförmigen Streifen eines Pfannkuchens schwammen. Solange er aß, hörte er nicht auf, in die Suppe wie in einen klaren Bach zu starren.
    Der

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