Ein sueßer Kuss als Antwort
Kätzchen ist. Ich bin sicher, dass sie bald wieder auftaucht.“
Ihren eigenen Worten zum Trotz war Eve äußerst beunruhigt. Tief im Innern wusste sie, dass das Mädchen sich nicht versteckt hatte, sondern entführt worden war. Und sie konnte sich auch genau vorstellen, von wem. Eine ungeheure Wut stieg in ihr auf. Entschlossen nahm sie Sarah beiseite, damit die Kinder nicht hörten, was sie sagte.
„Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf behalten. Ruf bitte alle Dienstboten zusammen. Sie sollen das Haus auf den Kopf stellen … und auch in den Ställen nachsehen. Vielleicht ist Abigail ja wirklich bei den Kätzchen. Und sag bitte Mark, er soll die Kutsche anspannen, ich fahre ins Dorf zum ‚King’s Head‘.“
Sarah schaute ihre Dienstherrin verständnislos an. „Zum ‚King’s Head‘? Aber warum denn, um Gottes willen?“
„Abigails Mutter – inzwischen Lady Hutton – hat mir gestern ihre Aufwartung gemacht. Angeblich, um die Kinder zu sehen, aber du kannst dir ja vorstellen, was sie eigentlich wollte. Als ich ihr dies abschlug, drohte sie, ihre Töchter mitzunehmen. Ich bin sicher, dass Lady Hutton Abigail entführt hat, in der Hoffnung, Geld zu erpressen.“
„Sie meinen, sie hat ihre eigene Tochter entführt?“
Eve nickte. „Ich fürchte ja. Sie wohnt mit ihrem Gatten im Dorf, und ich werde sie aufsuchen. Ich bin mir sicher, Abigail ist bei ihr. Die arme Kleine, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie verängstigt sie sein muss.“
Als die Kutsche eine halbe Stunde später vor dem „King’s Head“ hielt, stürzte Eve in den Gasthof, ohne den verwunderten Blicken, die ihr folgten, Beachtung zu schenken. Mit sinkendem Mut musste sie vernehmen, dass Lord und Lady Hutton bereits nach London abgereist waren.
„Und das Kind? Hatten sie ein Kind dabei?“
Der Wirt nickte. „Es kam mir komisch vor, weil sie bei ihrer Ankunft alleine waren.“
Eve dankte ihm und ging zurück zu ihrer Kutsche. Sie wies Mark an, sie wieder nach Laurel Court zu bringen. Dort angekommen, befahl sie ihm, ihr Pferd zu satteln, und sie zog rasch ihr Reitkostüm an. Sie informierte die Dienstboten, Lady Hutton habe Abigail entführt. „Ich werde den beiden nachreiten, Sarah, und das Kind zurückbringen. Das verspreche ich, so wahr mir Gott helfe.“
Sarah versuchte verzweifelt, ihr das Vorhaben auszureden. „Ich flehe Sie an, Mylady, das ist doch viel zu gefährlich. Es ist schon dunkel, und außerdem sieht es nach einem Unwetter aus.“ In der Tat wehte bereits ein heftiger Wind, und am Himmel hatten sich schwarze Wolken zusammengezogen.
„Tut mir leid, ich habe keine andere Wahl.“ Eve griff sich ihren Umhang und eilte die Treppe hinunter.
„Dann nehmen Sie doch wenigstens die Kutsche“, rief Sarah ihr nach.
„Nein, mit dem Pferd werde ich viel schneller vorankommen. Lady Hutton und ihr Gatte sind unterwegs nach London, und ich weiß, welchen Weg sie nehmen. Wahrscheinlich sind sie in einem Gasthof abgestiegen, deshalb werde ich bei jedem einzelnen nachfragen, ob sie dort sind.“
„Und wenn Ihnen etwas passiert?“, jammerte Sarah.
„Ich muss das einfach tun. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn Abigail etwas zustößt. Lord Stainton hat mir die Kinder anvertraut, und deshalb bin ich auch für sie verantwortlich.“
Eve stieg in den Sattel und galoppierte in die dunkle Nacht. Besorgt blickte Sarah ihr nach. Dann rannte sie zu den Ställen. „Mark, du musst ihr nachreiten.“ Erleichtert stellte sie fest, dass er bereits dabei war, ein Pferd zu satteln.
So schnell es die schlechten Sichtverhältnisse erlaubten, ritt Eve durch die Dunkelheit. Bei jedem Gasthaus hielt sie an, erhielt aber jedes Mal eine abschlägige Antwort. Wenn sie nun doch nicht nach London fahren – oder womöglich bei Freunden übernachten? dachte sie. Ihre Angst steigerte sich ins Unermessliche. Aber gerade, als sie aufgeben wollte, hatte sie Glück.
Während Eve durch die Dunkelheit ritt, traf Lucas auf Laurel Court ein. Er hatte seine Ankunft nicht angekündigt, weil er seine Frau überraschen wollte. Voller Ungeduld, ihr von seinem Erfolg in Newcastle zu berichten, lief er die Eingangstreppe hinauf.
Endlich wieder zu Hause. Kaum dass er es erwarten konnte, Eve in seine Arme zu schließen. Wie sehr er sie vermisste. Wenn er daran dachte, wie er sie behandelt hatte, stieg ihm die Schamröte ins Gesicht. Wie konnte ich nur? fragte er sich. Sie war die wundervollste Frau, der er je begegnet war – und er liebte sie. Das war ihm
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