Ein süßes Abenteuer
hatte, schwand seine Zurückhaltung ebenso rasch dahin wie die französische Flotte bei Trafalgar! Sobald er Diana sah, führte er sich auf wie ein richtiger Draufgänger und konnte sein Begehren kaum noch zügeln.
Vielleicht hätte es ihn getröstet zu erfahren, wie sehr sein Anblick Diana aufwühlte. Zu Hause konnte sie sich fest vornehmen, nicht mit ihm zu kokettieren, ihm keinen Grund zu der Annahme zu geben, dass jede Begegnung mit ihm sie auf ganz besondere Weise berührte. Doch wenn sie ihm dann gegenüberstand, benahm sie sich wie ein aufgeregtes Schulmädchen, das zum ersten Mal von einem gut aussehenden Gentleman beachtet wird. Nun gab es zwar durchaus attraktivere Herren als Neville, aber in ihren Augen besaß er jede Eigenschaft, die sie sich bei einem Mann ersehnte.
Soeben hatte er gesagt, dass er sie liebe. Mitten in diesem Ballsaal. Und im nächsten Augenblick ging er sogar noch einen Schritt weiter.
“Tanz mit mir, Diana”, fuhr er leidenschaftlich fort, indem er nach ihrer Hand griff. “Sonst werde ich dich gleich hier, auf der Stelle, an mich reißen und mich gründlich blamieren. Ahnst du überhaupt, wie viel Macht du über mich hast?” Ehe sie wusste, wie ihr geschah, entführte er sie auf die Tanzfläche, wo die Paare sich gerade zu einem Walzer aufstellten.
Den übrigen Gästen, die ihnen beim Tanzen zusahen, entging die Anziehungskraft zwischen ihnen keineswegs. Schließlich konnte jedermann deutlich erkennen, wie sehr ihre Augen leuchteten und dass er den Blick nicht von ihr abwenden konnte.
Von einer Ecke des Ballsaals aus beobachtete Henry Latimer zähneknirschend das Paar. Bei Gott, Sir Stanford musste dringend dafür sorgen, dass irgendjemand Fortescue zur Raison brachte. Zur Not konnten sie ihn auch töten, dann würde dieser Narr ihnen zumindest nicht mehr im Wege stehen. Nicht nur das, er, Henry, würde auch in persönlicher Hinsicht von Nevilles Tod profitieren. Solange sein verhasster Rivale lebte, hatte er nämlich keine Aussicht, die Kühne Duchess für sich zu erobern.
Aber musste er unbedingt Sir Stanfords Befehl abwarten? Je früher sie Fortescue androhten, Diana etwas anzutun, desto früher würde er nachgeben. Und selbst dann ließ sich Sir Stanford unter Umständen davon überzeugen, dass der Bursche wegen all der Scherereien, die er ihnen bereitet hatte, keine geringere Strafe als den Tod verdiente.
In diesem Augenblick endete der Walzer. Da Diana und Neville ihre Umgebung jedoch kaum noch wahrnahmen, hörten sie es nicht, sondern drehten eine weitere Runde. Erst dann bemerkten sie, dass sie ganz allein auf der Tanzfläche standen.
Aus Verlegenheit mussten sie beide lachen. “Meine liebe Mrs. Rothwell”, sagte Neville, “wir erregen gerade großes Aufsehen. Suchen wir eine stille Ecke auf, wo uns niemand stören wird.”
“Was soll’s, seit Beginn der Saison habe ich ohnehin schon genug Aufsehen erregt”, erwiderte sie. “Also nehme ich deinen Vorschlag gerne an, vorausgesetzt, du beträgst dich anständig.”
“Ich will mich bemühen”, versprach er. “In diesem Haus gibt es eine Galerie, in der eine prachtvolle Gemäldesammlung hängt. Irgendein Vorfahr von Alex Templestowe hat die Werke auf seiner Bildungsreise durch Europa erworben. Falls jemand kommt, können wir so tun, als interessierten wir uns bloß für die Kunst.”
“Wie gut, dass ich es mir als Witwe erlauben kann, eine Weile mit einem begehrten Junggesellen allein zu sein.”
“Ich? Ein begehrter Junggeselle? Ich dachte, seitdem ich vor Gericht erscheinen musste, gelte ich nicht mehr als salonfähig.”
“Du meine Güte, nein!”, widersprach Diana belustigt. “Einem wohlhabenden Gentleman wie dir wird ein Fauxpas schnell verziehen. Jede Mutter mit einer unverheirateten Tochter wird dich sofort als Heiratskandidaten in Betracht ziehen, wenn sie sich die Größe deines Anwesens und deinen Adelstitel vor Augen hält. Dass du nicht im Oberhaus sitzt, spielt keine Rolle. Geld verleiht Glanz, verstehst du, sofern man genug davon besitzt.”
In ihrer Stimme schwang beinahe ein Hauch von Bitterkeit mit, doch Neville hielt es für das Beste, nicht darauf einzugehen.
Auf halber Höhe der Galerie stand eine Eichenbank, und direkt gegenüber hing das Meisterwerk der Sammlung, ein gewaltiges Gemälde von Tintoretto, das die Verführung des Gottes Vulkan durch Venus darstellte. Am oberen Bildrand schickte Cupido – der Sohn der Venus – sich an, Vulkan einen Pfeil ins Herz zu schießen, um
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