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Ein sueßes Stueck vom Glueck

Ein sueßes Stueck vom Glueck

Titel: Ein sueßes Stueck vom Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Florand
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Wieso bekam sie diese Tür nicht auf?
    »Wer ist Hermès?«, fragte ihr Großvater ahnungslos. »Ich dachte, wir würden übers Shoppen reden. Meinst du den Chocolatier?«
    »Werden Sie sich jetzt mit Pierre Hermé treffen?«, Sylvain klang frustriert. Die einzige Auswirkung, die ihre abweisende Schulter hatte, schien die zu sein, dass sie seinen Atem jetzt auf ihrem Kopf spürte, statt an ihrem Ohr. »Hat er Sie sein Laboratoire besichtigen lassen? Sie riechen ein bisschen nach Zitrone und Vanille.«
    Hafteten die Düfte seines Laboratoire so deutlich an ihr wie Tintenflecke? »Sie riechen sich selbst«, sagte sie knapp und hob die Tasche an, um mit dem Logo vor seiner Nase herumzuwedeln. »Hermès.«
    Sylvain starrte das Logo verständnislos an, ungeachtet der Tatsache, einen der größten Namen der Pariser Couture vor sich zu sehen. Er war so schlimm wie ihr Großvater. Und wie sie selbst. Warum war ihr Seelenverwandter so ein Vollpfosten?
    Sie versuchte ein weiteres Mal den Code einzugeben und erstarrte. Sie hatte den Code seines Laboratoire eingegeben. Direkt vor seiner Nase.
    Sie ließ ihren Blick zur Seite schweifen. Er schaute auf ihre Hand auf dem Tastenfeld.
    Er sagte kein Wort.
    Vielleicht starrte er ins Leere, ohne auf das zu achten, was sie gerade tippte. Sie gab den richtigen Code ein und brachte ihren Körper dabei ostentativ in einen Winkel, der ihm die Sicht versperrte, als sei er eine verdächtige Person. Richtig so, den Verdacht umkehren. Das war sicher eine gute Psychotaktik.
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet«, sagte er. »Was tun sie hier?«
    »Ich wohne hier.« Endlich ließ sich die Tür aufdrücken. »Als ich die Wohnung gemietet habe, hatte ich ja keine Ahnung, dass sie ein con , so ein Schuft, sind.«
    Sie ließ die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zufallen.

12
    An diesem Abend lauerten die Düfte seines Laboratoire überall, lockten sie überall hinein.
    Als sie die Pralinen probierte, die Sylvain Marquis und seine Leute tagsüber angefertigt hatten, schloss sie die Augen und versuchte sich einzureden, sie sei schließlich wegen der Herstellung hier und hätte ein Recht darauf zu testen, ob die Pralinen ihrem Ruf gerecht wurden. Hatte das Äußere die richtige Bissfestigkeit? Ja, durchweg. War das Innere eine cremige Überraschung, die die Sinne anregte und sie nach mehr verlangen ließ? Ja, zweifelsohne.
    Im Kühlraum, in dem die pistoles lagerten, probierte sie sich von der dunklen zur weißen Schokolade durch, kehrte dann aber zur Bitterschokolade zurück, schloss die Augen und spürte auf der Zunge dem Weg nach, den diese Schokolade von der Insel vor der Küste Afrikas oder irgendwo in den Anden zurückgelegt hatte. Hatte sie bei ihren Besuchen auf den Kakaoplantagen, von denen die Kakaobohnen stammten, jemals gesehen, wie sie zermahlen wurden? Sie versuchte zu erahnen, welche Reise die Schokolade hinter sich hatte, was mit ihr auf Sylvains Geheiß geschehen war, um sie zu der Schokolade zu machen, die sie jetzt war. Spürte der Temperatur, der Dauer, dem Rhythmus nach.
    Wie würde diese Schokolade als Überzug kandierter Orangenscheiben aus Spanien schmecken?
    Sie fand die kandierten Orangenscheiben aus Spanien, noch feucht, und probierte eine; ihre Finger waren jetzt klebrig, kleine Stückchen Schokolade klebten an ihrer Haut und verschmierten unter den Resten der Orange. Sylvain hatte Christophe gezeigt, wie man die Früchte mit Schokolade überzog.
    Sie stellte sich vor, wie Sylvains Finger klebrig wurden. Sie lutschte genüsslich an ihrem Finger und leckte das Klebrige ab. Kurzerhand öffnete sie Schränke, bis sie die Einzelteile eines kleinen Wasserbades fand.
    Ein Schwindel erregendes Vergnügen durchströmte sie, als sie das Wasser erhitzte und die Schokoladen- pistoles in den Topf darüber gab, ein Vergnügen, das der prickelnden Coladose an ihrem ersten Tag hier gleichkam, nur beunruhigender.
    Sylvain Marquis mochte ihr den Platz in seinem Workshop verweigert haben, doch sie nahm ihn sich einfach, genau hier im Herzen von Paris, und machte ihre Schokolade mitten im Dunkel der Nacht.
    Während sie arbeitete, schaute sie in die Ecken, in der Erwartung, dort den Magier der Schokolade zu sehen, seine Augen, die im Dunkeln feurig glühten, wenn er die Falle zuschnappen ließ.
    Doch das tat er nicht.
    Sylvain spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, als er am nächsten Morgen sein Laboratoire aufschloss und ihm ein intensiver Duft entgegenströmte.

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