Ein sueßes Stueck vom Glueck
unwahrscheinlich war –, dann war sie seine Fantasie. Nicht Christophes. Er war derjenige, der in sie verliebt war. Christophe konnte gefälligst zusehen, dass er sich bei einem anderen Chocolatier einschmeichelte, um einen Privatbesuch in dessen Laboratoire zu bekommen, basta! Statt sich in Sylvains Geheimnisse einzuschleichen.
Als Cade das nächste Mal ihre E-Mails abrief– nach einem langen Spaziergang an der Seine und einem meditativen Aufenthalt in Notre-Dame, um ihre Aufmerksamkeit endlich einmal auf andere Sehenswürdigkeiten von Paris zu richten als auf Sylvain Marquis’ Chocolaterie –, fand sie zwanzig neue E-Mail–Verweise von Google vor. Hauptsächlich Pingbacks auf den ersten Eintrag zum Schokoladendieb.
Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund. Es stellte sich heraus, dass sich dieser Eintrag unter Food-Bloggern großer Beliebtheit erfreute. Er hatte bereits über die Sprachgrenzen hinweg Verbreitung gefunden. A Taste of Elle hatte den Artikel sofort ins Englische übersetzt und zahlreiche Ausrufezeichen hinzugefügt; andere englischkundige Pariser Food-Blogger und weitere Mitstreiter in Amerika und England hatten zur weiteren Verbreitung beigetragen.
A Taste of Elle hatte sogar eine ziemlich sexy geratene Karikatur der mutmaßlichen Schokoladendiebin hinzugefügt, wie sie sich auf Zehenspitzen mit einer Tasche voller Schokolade in der Hand davonstiehlt. Sie hatte in Teilen etwas von Michelle Pfeiffers Catwoman-Kostüm. Vielleicht sollte sich Cade schwarze Lederhosen besorgen.
Eine andere Bloggerin, eine Französin, gab einer ihrer Kreationen den Titel Schokoladendiebin. Eine Amerikanerin, die fast zur selben Zeit postete, hatte einen Schoko-Cupcake mit Schokosahnecreme La Voleuse genannt.
Die übrigen fünfzig E-Mails beinhalteten Fragen rund um die Arbeit, welche die Leute in ihrer Abwesenheit nicht lösen konnten. Cade drehte sich auf dem Absatz um und ging shoppen. Wenn Maggie Saunders einkaufen gehen konnte, konnte sie das auch.
»Wie meinen Sie das, Sie können mir keine … verkaufen?« Sie hatte immer noch nicht das rechte französische Wort für »superkleine Spionagefilmkamera« gefunden, aber um die passende Vorstellung davon zu vermitteln, hielt Cade Daumen und Zeigefinger so nah aneinander, dass sie sich fast berührten, eine Geste, auf die sie und der französische Händler sich für diese Art von Artikeln geeinigt hatten.
Was war das bloß mit den Franzosen und ihrer Weigerung, etwas zu verkaufen? Das machte einen der wesentlichen Vorzüge zunichte, im Besitz von einem Haufen Geld zu sein.
»C’est illegal«, sagte er nüchtern. »So etwas führen wir nicht mehr.«
Noch etwas war jedes Mal seltsam, wenn ein Franzose ihr mitteilte, er würde ihr etwas nicht verkaufen. Die Franzosen sagten nicht bloß Nein. Es schien bisweilen sogar so, als wäre es ihnen eine Genugtuung, dies tun zu können.
»Wie sieht es mit den Dingern zum Hören aus?« Sie legte ihre Hand hinter die Ohren; auch wenn sie das Wort écouter im Französischen kannte, war es im Eifer dieses Zeichensprachengefechts untergegangen.
Vielleicht murmelte Sylvain Marquis ja seine Rezepte bei der Arbeit vor sich hin wie ein verschrobener Wissenschaftler.
»Wir haben so etwas hier.« Er zeigte ihr Lautsprecher ungefähr in der Größe eines iPod Nano.
Sie wiederholte die Geste mit Daumen und Zeigefinger. »Petit.«
»Non«, sagte er süffisant. »C’est illégal.«
Cade überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis ihr Vater Wind davon bekäme, falls sie den Sicherheitsdienst ihrer Firma um eine kleine Ausstattung bäte. Fünf Minuten?
»Gut«, sagte sie. Manche Dinge musste man einfach selbst in die Hand nehmen, sonst wurde nichts daraus. »Wissen Sie, wo ich schwarze Lederhosen bekomme?«
Der Verkäufer starrte sie verständnislos an.
Es endete damit, dass sie ihre Lederhosen bei Hermes kaufte, einfach um sich selbst zu beweisen, dass es in Frankreich noch etwas gab, das man mit Geld kaufen konnte. Außerdem kam es ihr komisch vor, dass Maggie Saunders sich bereits intensiver mit der Pariser Modeszene befasst hatte als sie. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich ein vollkommen ausgeglichenes und privilegiertes Wohlstandskind war. War es normal, dass sie Schokolade kaufte statt Klamotten?
Sie gab vor ihrem Haus gerade den Zahlencode ein, die Schultern gestrafft, um sich gegen den Gedanken an all das zu wappnen, das sie bestimmt in ihrem Posteingang vorfinden würde und um das sie sich
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