Ein sueßes Versprechen
nickte er.
»Dann das Münster. Aber nur dorthin und wieder zurück.«
Er änderte seine Meinung eine Stunde später, nachdem ihre Gesellschaft durch die nebelverhangenen Straßen gelaufen war über uralte Plätze, gesäumt von mittelalterlichen Gebäuden, und dann unter Umgehung der Stadtmitte zu der gotischen Pracht des Liebfrauenmünsters gelangt war. Sie verbrachten zwanzig Minuten im Inneren und bewunderten die herrlichen Schnitzereien innen und außen.
»Keine Sektenanhänger.« Rafe blieb neben Hassan auf etwa der Hälfte des Mittelganges stehen und beobachtete Loretta dabei, wie sie das Chorgestühl genauer musterte. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir sie einfach nur wegen des Nebels nicht gesehen haben, oder …«
»Wenn sie uns gestern entdeckt hätten, hätten sie letzte Nacht einen Angriff auf den Gasthof unternommen.«
»Richtig.« Rafe suchte mit den Augen die Seitenkapellen ab, er suchte nach einem Anzeichen für mögliche Angreifer.
Hassan sah ihn eindringlich an. »Die letzten Sektenanhänger, die wir gesehen haben, waren in Wien, aber die haben uns nicht bemerkt.«
Rafe nickte, sein Blick auf die Damen gerichtet, als sie den Mittelgang wieder zurückkamen.
»Es wäre hilfreich zu wissen, ob unsere Verkleidung glaubhaft ist … und hier und jetzt ist genau der richtige Moment, das zu testen.« Er und Hassan hatten so lange schon Seite an Seite gekämpft, dass sie ähnlich dachten.
»Der Nebel … er könnte für uns von Vorteil sein.«
»Und wenn es zum Schlimmsten käme, könnten wir mit einer Kutsche fliehen. Die Straßen sind von hier aus gut.« Rafe richtete sich auf, als die vier Frauen näher kamen. Er schaute sich um, vergewisserte sich, dass niemand anders in der Nähe war, dann wandte er sich an sie: »Wir haben beschlossen, zu sehen, wer sonst noch in der Stadt ist. Bitte nicht vergessen, wenn jemand schwarze Schals sieht, auf keinen Fall in irgendeiner Weise reagieren. Einfach so tun, als wüssten Sie nicht, was der Anblick eines Sektenanhängers bedeutet.«
»Ausgezeichnete Idee!« Esme ergriff Rafes Arm. »Es ist immer eine gute Taktik, die Stärke des Feindes zu kennen. Und noch hilfreicher, die Schwächen.«
Rafe blickte Loretta an und sah, dass es um ihre Lippen zuckte, aber sie waren alle so aufmerksam und wachsam, wie man es sich nur wünschen konnte, als sie das Münster verließen und die Steinstufen hinabstiegen.
Mit Esme an seinem Arm und Loretta auf seiner anderen Seite ging er voran zu der Straße, die in die Stadtmitte führte, wo die meisten Geschäfte und Läden zu finden waren. Dem Geruch nach zu urteilen lag der Fischmarkt irgendwo zu ihrer Linken. Der Nebel war so dicht, dass die Geräusche verzerrt wurden, als sie weiter auf die Insel gingen, auf der das Stadtzentrum lag. Die Gebäude um sie herum rückten enger zusammen, der Nebel hüllte die Dachgiebel ein. Er hing so niedrig, dass es schwierig war, Wahrzeichen zu erkennen, um sich orientieren zu können.
Aber als sie tiefer in das Stadtinnere vordrangen, begegneten sie mehr und mehr Menschen auf der Straße. Die meisten schritten energisch aus, waren auf dem Weg irgendwohin. Ein paar schlenderten auch gemächlicher, aber Esmes Gehstock gab sie eindeutig als älter zu erkennen, sodass sie nicht weiter auffielen. Rafe achtete darauf, dass sie ihr Tempo hielten, als seien sie ebenfalls auf dem Weg irgendwohin, nur einfach langsamer dahin unterwegs.
Die Sektenanhänger, denen sie im Nebel begegneten, wirkten wesentlich zielloser. Die beiden, in den verräterischen Turbanen mit den schwarzen Schals, aber sonst nach europäischer Sitte in Mäntel gekleidet, musterten unverhohlen die Vorbeigehenden und sahen ihnen forschend in die Gesichter.
Sie sahen Rafe, sahen sie alle, Hassan eingeschlossen, der mit Rose hinter den anderen ging.
Die Männer der Schwarzen Kobra sahen hin, dann wanderten ihre Blicke weiter zu dem nächsten Pärchen, das ihnen entgegenkam.
Rafe hielt den Atem an, als sie vorübergingen.
Er blickte sich nicht um und hoffte, auch die anderen ließen es bleiben.
Erst als sie um die nächste Ecke gebogen waren, schaute er zurück zu Hassan und wechselte mit ihm einen Blick … und sah dieselbe Frage in seinen Augen, die ihm gerade gekommen war.
»Zurück zum Gasthof.« Rafe bog in die nächste Straße ein, die ungefähr in Richtung des Kais führte, an dem ihre Unterkunft stand.
Ungefähr auf halbem Weg dorthin begegneten ihnen zwei weitere Sektenanhänger mit demselben Ergebnis.
Rafe
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