Ein sueßes Versprechen
Risiko wert waren, etwas Mächtigeres und unendlich Dauerhafteres zu erreichen.
Sie würde entscheiden müssen, wie wild, kühn und draufgängerisch sie sein konnte.
Die einzige Gewissheit, die sie verspürte, als die Kutsche langsamer wurde, um auf eine Steinbrücke einzubiegen und den Fluss zu überqueren und in die Stadt zu fahren, war die, dass sie etwas tun würde. Sie würde nicht bis England warten.
Das Beau Rivage war ein kleiner Gasthof, dessen Gäste sich aus denen zusammensetzten, die auf dem Land im Umfeld der Stadt lebten und geschäftlich im Hafen von Straßburg zu tun hatten. Zur Hälfte aus Holz erbaut mit einem soliden Schieferdach stand es direkt gegenüber eines der kleineren Kais.
Der Wirt in Ulm hatte ihnen, nachdem sie ihm mitgeteilt hatten, was sie suchten – einen bescheidenen Gasthof nicht in der Stadtmitte, sondern in der Nähe der Schifffahrtskontore – das Beau Rivage – vorgeschlagen. Sobald er den Fuß über die Schwelle setzte, wusste Rafe, dass die Empfehlung ausgezeichnet gewesen war.
Zwar gab es hier keine Suiten zu mieten, aber dafür konnten sie, da es draußen eiskalt und auf den Straßen glatt war und nur wenige Menschen auf Reisen waren, mühelos einen gesamten Korridor belegen. Rafe begutachtete rasch die Räume, vergewisserte sich, dass die Unterkunft in jeder Hinsicht ihren Ansprüchen genügte und zudem gut zu verteidigen wäre, dann ging er, um Esme und Loretta aus der Kutsche zu helfen.
Esme betrachtete das Gebäude durch den dichter werdenden Nebel auf dem Fluss.
»Es ist nicht sehr groß.«
»In diesem Fall«, erklärte Rafe und nahm sie am Arm, »bedeutet ›nicht sehr groß‹, dass Unbefugte nur schwer unbemerkt eindringen können, weil jeder jeden von den Angestellten kennt.« Und trotz des vielen Holzes in dem Gebäude würde es jedem schwerfallen, es anzustecken – wegen des Flusses in der Nähe und des kalten Nebels, der immer dichter wurde.
Esme warf ihm einen Blick von der Seite zu.
»Sie sind sicher, dass wir hier Sektenanhängern begegnen werden?«
»Davon bin ich restlos überzeugt.« Sie hatten zwar noch keine gesichtet, aber sie waren auch noch nicht in der Stadtmitte gewesen.
Er geleitete die beiden Damen und ihre Zofen ins Innere des Gasthofes, stellte den Wirt und seine entzückte Ehefrau vor, dann folgte er seinen Schützlingen die Treppe hoch und brachte sie zügig in ihre jeweiligen Zimmer.
Er war ehrlich dankbar, als niemand widersprach. Er trat von der Tür zu Esmes Zimmer zurück, um zwei Burschen Platz zu machen, die das Gepäck brachten. Dann begab er sich rasch in das Zimmer, das er für sich vorgesehen hatte, der Raum, der der Treppe am nächsten lag.
Seine Taschen und die Waffen waren dank Hassans und der beiden Burschen schon hier. Rasch hatte er alles verstaut, dann setzte er sich aufs Bett und reinigte eine der Pistolen, die er in Wien gekauft hatte, und machte sie einsatzbereit.
Den Rhein zu erblicken und nach Straßburg hineinzufahren, war, wie eine Grenze zu überqueren – eine, die das letzte große Teilstück seiner Reise markierte. Ein Gefühl der Dringlichkeit hatte ihn erfasst, das plötzliche Gefühl, wirklich etwas zu tun, als hätte er der Order gehorcht, ein Schlachtfeld zu betreten.
Alles wirkte mit einem Mal viel unmittelbarer.
Er fragte sich, wo seine Freunde, die drei anderen Kuriere, jetzt wohl waren, wie es ihnen ergangen war. Es war der elfte Dezember. Hatte einer von ihnen schon England erreicht? Hatte die Schwarze Kobra zugeschlagen? Waren sie unversehrt zu Wolverstone durchgedrungen? Lauter unbeantwortete Fragen, die seine Anspannung nur verstärkten.
Nachdem die Pistole geladen war, stand er auf, steckte sich die Waffe in seine Rocktasche und legte sich seinen Säbel an, dann ging er zur Tür.
Auf der Treppe traf er Hassan.
»Ich gehe zu den Kontoren der Schifffahrtsgesellschaften. Du hältst Wache.«
Hassan nickte nur und begab sich in sein Zimmer.
Die Stufen waren schmal und die Treppe rechteckig, sie führte ins Foyer vor der Tür. Er lief sie rasch hinab. Als er das letzte Stück erreichte, kam das Foyer langsam in sein Blickfeld. Und er sah Damenumhänge.
Die ihm bekannt vorkamen. Je weiter er nach unten kam, desto mehr der fraglichen Damen entdeckte er.
Esme und Loretta, die auf ihn warteten.
Er trat von der letzten Stufe.
Esme bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln, das ihre Entschlossenheit lauter, als ein Brüllen es vermocht hätte, zum Ausdruck brachte.
»Können wir
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