Ein sueßes Versprechen
Manning das weitere Vorgehen besprechen? Die liebe Henny hat sich einverstanden erklärt, mir für den Augenblick eine sichere Zuflucht zu gewähren, aber ich kann nicht – und will auch nicht, sosehr ich die liebe Henny auch schätze – für immer im Konvent bleiben. Wann ich das Kloster sicher verlassen kann, hängt zu großen Teilen davon ab, die Bedrohung, die Manning darstellt, zu beseitigen, und um das zu erreichen, werden Sie meine Vertreter überreden müssen, in meiner Abwesenheit tätig zu werden.«
Die Hände auf den Hüften schaute Rafe sie an.
»Sie könnten mir einen Brief mitgeben, in dem Sie Ihre Wünsche darlegen. In dem Sie schreiben, dass Ihre Leute reagieren sollen, so wie ich es ihnen sage.«
»Oh, ich habe einen solchen Brief schon geschrieben, mein lieber Junge. Aber ich spreche aus Erfahrung, wenn ich Ihnen sage, dass ohne Loretta als meine Verwandte und auch als meine Erbin, die leibhaftig vor ihm steht und unzweifelhaft bestätigt, dass ich diese Anweisung tatsächlich persönlich verfasst habe und sie meinen Wünschen entspricht, Heathcote Montague nicht einlenken wird. Himmel, als ich versucht habe, alles von Schottland aus zu regeln, hat der sture Kerl den ganzen Weg von London in die Highlands zurückgelegt, nur um sicherzugehen, dass es sich wirklich um meine Anweisungen handelte. Er ist die personifizierte Vorsicht, wenn es um die Geschäfte seiner Klienten geht. Ich glaube, dass er deswegen so ein Ansehen genießt.«
Rafe konnte nichts als ruhige Sicherheit in Esmes Augen entdecken. Sie sagte die Wahrheit, wenigstens soweit sie es wusste. Er wagte es nicht, Loretta anzusehen, um festzustellen, wie sie die Manipulationen ihrer Verwandten aufnahm.
»Außerdem«, sagte Henny mit Blick zu Loretta, »ist das Kloster kaum der geeignete Ort für eine lebhafte junge Dame.« Sie schaute zu Rafe. »Wie gesagt, wir sind eine geschlossene Gemeinschaft. Niemand besucht uns, wir verlassen das Kloster selbst nur höchst selten. Das mag für Esme schön und gut sein, besonders, da wir uns so viel zu erzählen haben, aber für Loretta … sie würde binnen einer Woche die Wände hochgehen, und ihre Rose mit ihr.«
Schließlich blickte Rafe Loretta an.
Sie schaute von Henny weg und sah ihm in die Augen. Nach einem Moment des Schweigens zuckte sie die Schultern.
»Wenn Sie kein überzeugendes Gegenargument haben, sieht es wohl so aus, als ob Rose und ich mit Ihnen weiterreisen werden.«
Loretta verstand, in welcher Zwickmühle Rafe sich nun befand. Sie fühlte sich selbst hin- und hergerissen. Während sie in einer gemieteten Kutsche auf der Rückfahrt von dem Kloster in den ausgedehnten Wäldern um Bingen saß, wo sie sich von Esme und Gibson verabschiedet hatte, hielten sie widerstreitende Gefühle immer noch fest im Griff.
Zwar war sie zutiefst erleichtert, dass sie mit Rafe reisen würde – abgesehen von allem anderen, nach all dem, was zwischen ihnen geschehen war, und mehr noch, dem, was, so hoffte sie, noch kommen würde, was sie sicher lernen würde, wenn sie ihm nur hart genug zusetzte. Sobald die Möglichkeit sich abzeichnete, dass sie ebenfalls in dem Kloster zurückgelassen werden konnte, hatte eine Frage sie gequält, war aus dem Nichts aufgetaucht: Was, wenn er wieder verletzt wurde?
Sie war sich seines warmen großen Körpers neben sich überdeutlich bewusst, als er neben ihr in der Kutsche saß. Wer würde sich in der Folge um seinen Arm kümmern, die Wunde mit der Heilsalbe einreiben und verbinden, wo er das doch so lästig fand und es bestimmt nicht von allein tun würde? Wenn nicht sie, wer dann? Konnte sie Hassan so weit vertrauen, dass er darauf beharrte, auch wenn Rafe das nicht wollte?
Was die Möglichkeit anging, dass ihm gar Schlimmeres zustoßen könnte … darüber nachzudenken war sie nicht bereit. In keiner Weise.
Die Erleichterung, die sie verspürt hatte, als Esme erklärt und darauf beharrt hatte, dass sie mit ihm reiste, war gewaltig gewesen.
Aber sie ließ auch nicht gerne Esme zurück.
Henny war gleich nach dem Frühstück gekommen, als Antwort auf einen Brief, den Esme ihr mit einem Boten noch letzte Nacht geschickt hatte und in dem sie um Asyl gebeten hatte. Gibson hatte die Taschen und Truhen bereits gepackt.
Nach ihrer Diskussion im Salon hätte es niemandem genützt, wenn sie getrödelt hätten. Wie Esme angemerkt hatte, hatten sie bereits mehr Zeit in Bingen verbracht, als Julius vorgesehen hatte. Das Schiff musste ablegen.
Sie, Rafe, Hassan
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