Ein sueßes Versprechen
hatte.
»Vielleicht« – Margaret blickte Robert an – »wäre es nicht verkehrt, wenn Loretta, damit sie Gelegenheit erhält, sich darüber klar zu werden, was genau sie von ihrem zukünftigen Ehemann erwartet, ein paar Monate bei uns wohnt. Bald wird die kleine Saison beginnen …«
»Oh nein.« Catherine legte Robert eine Hand auf den Arm und fing seinen Blick auf. »Auf keinen Fall.« Sie blickte Margaret an und lächelte begütigend. »Außerdem kann ich mir denken, dass du mehr als genug damit zu tun haben wirst, Johns Politikerbekanntschaften zu unterhalten. Es wäre kaum fair, dich zu bitten, auch noch die Rolle von Lorettas Anstandsdame zu übernehmen.«
Während ihre Schwestern sich taktvoll daranmachten, sie aus Catherines Obhut zu befreien, wusste Loretta, dass sie auf verlorenem Posten kämpften. In Catherines Augen wäre es ein Eingeständnis von Versagen, wenn sie darin einwilligte. Loretta überlegte unterdessen, ob Politikerkreise vielleicht vielversprechender für ihre Suche wären. Sie war sich sicher, dass es den Mann ihrer Träume gab – schließlich war sie eine Michelmarsh. Aber sie war davon ausgegangen, er besäße den gesunden Menschenverstand, nach ihr Ausschau zu halten, sich ihr vorzustellen, ihr den Hof und dann einen Heiratsantrag zu machen, den sie nicht ablehnen würde.
Es war alles ganz klar in ihrem Kopf.
Leider musste sie ihre Theorie erst noch in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit bringen.
Und sie machte sich zunehmend Sorgen, dass Chester am Ende doch recht hatte. Sie musste vielleicht wirklich ihre Herangehensweise ändern.
Selbst wenn nur, um weitere Verehrer wie Lord Eggles und seinesgleichen zu vermeiden.
Aber was genau ändern? Und in was? Und wie?
»Ich bin sicher …«
»Ehrlich, es wäre keine große Mühe. Warum …«
»Es wäre einfach nicht richtig, wenn …«
Loretta war in Gedanken so damit beschäftigt, ihre neue Richtung zu bestimmen, dass die Einwände – alle miteinander zwecklos – an ihr vorbeiflogen. So kam es, dass sie die Einzige war, die die Geräusche aus der Halle hörte, die von der Ankunft eines Besuchers kündeten. Sie blickte zu der Tür.
Als die aufgestoßen wurde, segelte eine Dame beeindruckender Großartigkeit in den Raum.
Sie war schlank und groß, ihr verblüffend weißes Haar perfekt frisiert und mit edlen Federn geschmückt, ihr Kleid die jüngste Pariser Mode in Altweiß, aus Seide und Spitze, und ihr Schmuck bestand aus modischem Jett und Elfenbein. Sie trug lange Handschuhe, ein zierliches Retikül und einen dunkelbraunen Umhang aus Samt um die Schultern.
Alle Gespräche brachen ab.
Die Erscheinung blieb auf halbem Weg von der Tür zu den Sesseln und Sofas stehen, betrachtete gelassen die verblüfften Mienen auf den Gesichtern, die sich ihr zuwandten, und lächelte. Unverkennbar entzückt.
Esme, Lady Congreve, breitete ihre elegant verhüllten Arme aus und erklärte:
»Meine Lieben, ich bin gekommen, um euch Loretta zu entführen.«
»Du wusstest es, nicht wahr?« Endlich ungestört in dem Privatsalon des Castle Inn in Dover, saß Loretta mit geradem Rücken in einem der beiden Lehnstühle vor dem Kamin und richtete ihren Blick auf ihre empörende Verwandte, die überaus elegant auf dem anderen Stuhl Platz genommen hatte.
Bis dahin hatte Loretta keine Gelegenheit erhalten, die Fragen zu stellen, die sich ihr aufdrängten. Von dem Augenblick an, in dem sie ihre Ankündigung in Roberts Bibliothek gemacht hatte, hatte Esme die Führung übernommen. Wie eine unaufhaltsame Naturgewalt hatte sie alle Einwände beiseitegeschoben, herrisch erklärt, sie brauche eine Begleiterin auf ihrer Reise, die sie unverzüglich antreten müsse, und habe entschieden, Loretta sei genau die Richtige dafür.
Sie hatte Robert und Catherine wenig Zeit gelassen, irgendeine wirksame Gegenstrategie zu finden. Margaret, Annabelle, Loretta und Chester hatten Blicke gewechselt und sich dann zurückgelehnt und die weitere Entwicklung interessiert verfolgt.
Esme – sie hatte immer darauf bestanden, dass sie sie Esme nannten statt Großtante – war die älteste Tante des verstorbenen Vaters der Geschwister, die ältere Schwester von dessen Mutter. Sie war die Letzte ihrer Generation in der Familie, die noch lebte, weswegen es ihr zukam, als Matriarchin der Familie zu handeln.
Ein Recht, das sie unerwartet nach Kräften auszunutzen beschlossen hatte.
Ihr Gatte, Richard, Lord Congreve, ein Schotte und zudem ein erfahrener Diplomat, war vor
Weitere Kostenlose Bücher