Ein sueßes Versprechen
versagte aber. Elendiglich. Sie lachte.
Der Blick, den er ihr zuwarf, hatte Untergebene vor Entsetzen erstarren lassen, schien aber keinen erkennbaren Effekt auf sie zu haben. Die Musiker kamen zu ihrer Rettung – oder seiner? Die Eröffnungsklänge eines Walzers ertönten im Saal.
»Hölle – Sie tanzen doch, oder?« Wenn er sie nicht auf die Tanzfläche führte, würde sich ihm eine der Harpyien nähern und ihn nötigen, ihr Tanzpartner zu sein.
Lavendelblaue Augen betrachteten ihn.
»Nicht gut.«
»Egal. Es wird reichen.« Er bedeckte ihre Hand auf seinem Ärmel mit seiner und führte sie in die Menge, in Richtung einer weniger überfüllten Stelle, wo, wie er vermutete, die Tanzfläche war.
Er konnte sich nicht erinnern, jemals eine weniger raffinierte Aufforderung zum Tanz ausgesprochen zu haben, aber jetzt, da er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass sie vermutlich bei einem konventionelleren Vorgehen eher abgelehnt hätte. Im Moment jedenfalls ging sie bereitwillig mit ihm, gestattete ihm, sie zum Tanz zu führen.
Er verneigte sich übertrieben. Sie antwortete darauf mit einem leicht spöttischen Knicks als Antwort, dann zog er sie an sich, und sie kam in seine Arme.
Während er die ersten Tanzschritte ausführte, sich mit ihr zur Musik drehte, spürte er den Unterschied. Wie konnte er auch nicht?
Er blickte ihr ins Gesicht, sah ihre gefesselte Miene, das Interesse, die Faszination, die in ihren Augen aufglomm, und wusste, sie hatte so etwas auch noch nicht gespürt, nie erlebt.
Als seien sie zwei Hälften eines Ganzen.
Loretta fühlte es bis in die Zehenspitzen. In seinem Blick versunken verlor sie auch alles Gefühl für sich selbst – dass sie sie war und er er, zwei grundverschiedene eigenständige Personen.
Sie ermahnte sich zu atmen, gegen die Enge in ihrer Lunge. Es gelang ihr, aber sie hätte schwören können, dass er atmete wie sie, dass sein Herz im gleichen Takt wie ihres schlug.
Sie wappnete sich gegen das Gefühl seiner Hand, die sich um ihre schloss, aber irgendwie glich sein Griff um ihre Finger den Druck seiner Hand auf ihrem Rücken aus, die Hitze beider Kontakte war seltsam angenehm, ja, sogar willkommen.
Seine Arme schienen sie zu umfangen, sie sicher zu halten. Seine sicheren Schritte, die Berührung seiner kräftigen Schenkel an ihrem Bein, während er mit ihr durch den Saal wirbelte, verrieten mühelose Kontrolle.
Sie überließ sich ihm. Ohne Nachdenken oder Vorbehalte.
In seinen Augen verloren, gebannt von dem Moment, geschaffen von der Musik, dem Walzer und dem Mann konnte sie die Wirkung weder erklären noch entschuldigen – das Ergebnis einer ganzen Reihe unerwarteter Empfindungen.
Sie war keine begnadete Tänzerin – wenigstens hatte sie das immer gedacht –, doch in seinen Armen wirbelte sie leichtfüßig wie ein Blatt in einer zarten Brise. Er tanzte ausgezeichnet, führte sie sicher und kraftvoll, aber warum sie das in die perfekte Tanzpartnerin für ihn verwandelte, konnte sie sich nicht erklären.
Tanzen, und schon gar nicht Walzer tanzen, hatte nie eine besondere Faszination auf sie ausgeübt, hatte nie die Macht gehabt, ihre Gedanken zu fesseln. Aber das hier war vollkommen anders, etwas außerhalb der Norm. Faszinierend, fesselnd und verlockend.
Rafe konnte seine Aufmerksamkeit nicht von ihr lösen. Sein Verstand gestand ihm mürrisch die Konzentration auf die Umgebung zu, die nötig war, um sie ohne Zusammenstoß durch die anderen Paare auf der Tanzfläche zu wirbeln.
Er hätte es erraten müssen. Er hatte gewusst, dass sie anders war, dass sein Interesse an ihr anderer Art war, als was er für Frauen in der Vergangenheit verspürt hatte. Er wusste, sie zog ihn in ihren Bann, wie es keine vor ihr vermocht hatte.
Er hatte es gewusst, war aber entschlossen gewesen, sie und alles, was sie in ihm weckte, beiseitezuschieben, bis seine Mission abgeschlossen war.
Nur war es leider auf einer Tanzfläche beim Walzer nicht wahrscheinlich, dass seine Entschlossenheit halten würde.
Doch die Intensität seines Interesses verwirrte ihn. Warum sie – oder war es eher, warum jetzt? War es einfach, dass sie die erste passable junge Dame war, der er nach dem Verkauf seines Offizierspatentes und dem damit einhergehenden Abschied von seinem bisherigen Junggesellenleben in der Armee begegnet war? War es einfach sein Alter und dass es an der Zeit war, dass er jetzt Unabhängigkeit und Selbstironie sowie eine spitze Zunge zu weichen Rundungen und seidiger Haut
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