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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Tausenden von Schwänen begegneten. Es sah aus, als wäre das Wasser mit Schnee bedeckt. Habe
ich dir das auch schon mal erzählt?«
Wieder nickte ich. Ich war selbstverständlich nicht dabei gewesen,
hatte aber ein lebendiges Bild vor Augen, weil Jane diese Geschichte
öfter erzählte - jedes Mal mit großer innerer Beteiligung.
»Danach haben wir nie wieder so viele Schwäne auf einmal gesehen. Ein paar waren immer da, aber so wie an dem Tag war’s nie
mehr.« Verträumt hing Noah seinen Erinnerungen nach. »Allie wollte aber trotzdem immer wieder dorthin zurück. Es machte ihr Freude,
die Schwäne zu füttern, die noch da waren. Jedes Mal hat sie mich
auf die Paare aufmerksam gemacht. ›Da drüben ist ein Pärchen‹, hat
sie gesagt, ›und dort ist noch eins - ist es nicht wunderbar, wie sie
zusammenhalten?‹« Ein Lächeln huschte über Noahs Gesicht. »Ich
glaube, das war ihre Art, mich darauf hinzuweisen, dass ich ihr treu
bleiben soll.«
»Aber deswegen brauchte sie sich doch keine Sorgen zu machen!«
»Nein?«
»Für mich seid ihr beide das ideale Paar - ihr wart doch für einander geschaffen.«
Er lächelte. »Ja, das stimmt«, sagte er schließlich. »Aber wir mussten daran arbeiten. Wir hatten auch unsere schwierigen Zeiten.«
Meinte er Allies Krankheit? Oder spielte er darauf an, dass vor langer Zeit eines ihrer Kinder gestorben war? Sicher gab es noch andere
Vorfälle, aber er schien die »schwierigen Zeiten« nicht konkretisieren zu wollen.
»Von außen betrachtet hat es immer so einfach ausgesehen«, sagte
ich schließlich.
Noah schüttelte den Kopf. »Mag sein - war es aber nicht. Jedenfalls
nicht immer. Mit meinen Briefen wollte ich sie nicht nur daran erinnern, was ich für sie empfinde, sondern ihr auch immer wieder unser
Ehegelöbnis ins Gedächtnis rufen.«
Wollte er mich vielleicht darauf hinweisen, dass er mir einmal vorgeschlagen hatte, die gleiche Methode bei Jane zu versuchen? Ich
sprach es nicht an, sondern stellte ihm eine Frage, die mir schon länger auf dem Herzen lag.
»War es eigentlich schwierig für dich und Allie, als alle eure Kinder aus dem Haus waren?«
Noah überlegte einen Augenblick lang. »Ich weiß nicht, ob
›schwierig‹ das richtige Wort dafür ist - auf jeden Fall war es anders.«
»Inwiefern?«
»Erstens war es viel ruhiger als vorher. Das ist ja klar. Alice arbeitete in ihrem Atelier, und ich war oft ganz allein im Haus und reparierte irgendetwas. Ich glaube, damals habe ich angefangen, Selbstgespräche zu führen, um wenigstens ein bisschen Gesellschaft zu
haben.«
»Und wie hat Allie auf diese Veränderung reagiert?«
»So ähnlich wie ich«, antwortete er. »Besonders am Anfang. Die
Kinder waren so lange der Mittelpunkt unseres Lebens gewesen, da
dauert es natürlich eine ganze Weile, bis man sich daran gewöhnt
hat, dass sie nicht mehr ständig da sind. Aber nachdem sich Allie
umgestellt hatte, fand sie es großartig, dass wir wieder zu zweit waren, glaube ich.«
»Wie lange hat die Umstellung gedauert?«
»Das kann ich so nicht sagen. Aber zwei, drei Wochen bestimmt.«
Hatte ich richtig gehört? Zwei, drei Wochen?
Noah schien mein verdutztes Gesicht bemerkt zu haben. Er räusperte sich und sagte: »Wenn ich mir’s recht überlege - ich glaube, es
dauerte nicht mal so lange. Es handelte sich wohl nur um ein paar
Tage, dann war sie wieder normal.«
Ein paar Tage? Ich war sprachlos.
Er fasste sich ans Kinn. »Das heißt, wenn mich meine Erinnerung
nicht trügt, waren es nicht mal ein paar Tage. Ehrlich gesagt, wir
haben gleich, nachdem wir Davids Sachen ins Auto gepackt hatten,
vor dem Haus einen flotten Jitterbug hingelegt. Aber die ersten Minuten waren ganz schön hart, das kann ich dir sagen. Ich frage mich
manchmal, wie wir sie überlebt haben.«
Er machte bei seinen Worten ein bitterernstes Gesicht, aber ich sah
jetzt doch das übermütige Glitzern in seinen Augen.
»Ihr habt einen Jitterbug hingelegt?«
»Das ist ein Tanz.«
»Ich weiß.«
»Er war mal sehr populär.«
»Das ist aber ziemlich lange her.«
»Was? Tanzt heute niemand mehr Jitterbug?«
»Nein, das ist leider eine untergegangene Kunst, Noah.«
Er stieß mich an. »Na, hast du mir geglaubt?«
»Für einen Moment schon«, gab ich zu.
»Reingefallen!« Er zwinkerte mir zu.
Er schwieg zufrieden, aber ihm war natürlich klar, dass er meine
Frage noch nicht beantwortet hatte. Mit einem tiefen Seufzer schlug
er die Beine übereinander…
»Es war wirklich sehr hart - für

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